[20] Not like other girls

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Langsam drehte ich mich zu Ryujin um. Sie stand etwa ebenso hilflos da wie ich und starrte die Tür an, durch die Hyunjin gerade gegangen war. Ich wusste nicht, was sie von der Situation hielt, jedoch war ich mir sicher, dass sie ebenso wenig damit gerechnet hatte. Langsam holte sie Luft und richtete meinen Blick auf mich, betrachtete mich. Unsere Blicke kreuzten sich, weshalb ich wegschaute und auf meine Hände starrte. Ich fühlte mich unwohl. Ryujin ließ mich unsicher fühlen und ich hasste es. Wieso sollte ich sie beschäftigen? Konnte sie nicht einfach gehen?

"Also... was machen wir jetzt?" Die tiefe Stimme des Mädchens war offenbar an mich gerichtet, doch ich reagierte nicht. Was erwartete sie bitte von mir? Ich wollte mich nicht mit ihr beschäftigen. Wir waren keine Freunde und das würden wir auch niemals sein.

"Wir wissen beide, dass du auch genauso gut heimgehen könntest. Du musst hier nicht bleiben." Selbst für meine Verhältnisse hatte das härter geklungen, als ich erwartet hatte. Leicht biss ich auf meine Unterlippe. Hoffentlich hörte sie darauf.

"Hyunjin hat mich zum Essen eingeladen, weil dein Vater mich kennenlernen will. Es wäre unhöflich, würde ich jetzt gehen", erwiderte das blauhaarige Mädchen schulterzuckend. Natürlich widersprach sie. Warum erwartete ich überhaupt noch etwas anderes?

"Unter den gegebenen Umständen wäre es durchaus verständlich, wenn das Essen auf einen anderen Tag verschoben wird", schnaubte ich bloß. Mein Blick richtete sich wieder auf sie, damit ich meinen Worten Nachdruck verleihen konnte. Doch sie verblieb unbeeindruckt.

"Aber dann bliebe mir ja keine Gelegenheit, mich mit dir zu unterhalten. Und hier kannst du schlecht abhauen." Etwas irritiert blinzelte ich. Diese Aussage warf mich aus der Bahn, ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Doch das sportliche Mädchen trug lediglich ein Grinsen auf den Lippen und ein Blick in ihren Augen, den ich nicht bestimmen konnte. Das machte mich fertig. Mit dieser Reaktion hatte ich keinesfalls gerechnet.

Ryujins Nähe verwirrte mich. Da war so ein komisches Gefühl in mir, so ein Neid und so ein Hass, aber auch eine Art... Sehnsucht. Auch wenn ich es mir nur ungern einstehen wollte, irgendwo wünschte ich mir, ebenso ich selbst sein zu dürfen; endlich einmal meine Maske fallen zu lassen. Und vermutlich war das der Grund dafür, wieso ich ihre Anwesenheit verabscheute und mir wünschte, dass sie einfach verschwand.

"Was willst du von mir?", fragte ich sie also direkt. Inzwischen trotteten auch meine Hunde wieder ins Haus hinein und begaben sich zu mir. Diese Verräter. Jetzt war ich wohl wieder interessant genug, hm?
Mit demselben Grinsen schloss Ryujin die Balkontür und begab sich anschließend zum Sofa. Sie ließ sich ans andere Ende fallen, gewährte mir somit eine gewisse Distanz. Und doch war sie mir nahe, nahe genug, dass eine Flucht unnötig erschien, aber ich mich doch komisch fühlte.

"Hyunjin hat mir einiges von dir erzählt. Natürlich nichts Privates, aber ein paar Details, die er für wichtig genug hielt. Ich... weiß, dass du mich nicht wirklich leiden kannst. Aber er war der Überzeugung, dass ich dir helfen kann, also möchte ich ihn ungern enttäuschen, weißt du?", fing sie an zu erzählen. Automatisch zog sich eine Augenbraue von mir hoch. Was sollte das?

"Das ist nicht dein Problem. Ich habe nicht nach deiner Hilfe gefragt. Und auch nicht nach der von Hyunjin", konterte ich sofort. 'Lass mich in Ruhe, lass mich in Ruhe, lass mich in Ruhe!' Doch Ryujin schmunzelte bloß.

"Yeji... ich weiß, du wehrst dich dagegen, aber ich bin nicht wie die anderen. Du-"

Direkt schnitt ich ihr das Wort ab. "Sei still. Das ist gemein."

Verwirrt blinzelte Ryujin. Damit hatte ich sie nun wohl aus der Bahn geworfen. Tja, was sie konnte, konnte ich auch, und ich erlaubte gewiss nicht, dass sie andere runter machte, um sich selbst als besser da stehen zu lassen.

Blue Flames ★ RyejiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt