[3] Distracted

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Ich konnte nicht verleugnen, dass das Mädchen mit den blauen Haaren meinen Kopf besiedelt hatte.

Trotz größter Mühe gelang es mir nicht, sie gänzlich auszublenden und zu vergessen. Immer wieder glitten meine Gedanken zu ihr und der merkwürdigen Aura, die sie umgeben hatte. Dass sie anders als die anderen war, hatte ich sofort gespürt und irgendwie löste das etwas in mir aus, was mir überhaupt nicht gefiel. Es war ungewöhnlich, neu, mich in meinem Herrschaftsgebiet bedroht zu fühlen und aus einem mir fremden Grund mochte ich die neue Schülerin nicht.

Oder besser gesagt, ich konnte sie überhaupt nicht ausstehen.

Umso erleichterter war ich über die Tatsache, nicht in derselben Klasse wie die Neue sein zu müssen und auch keinen meiner Kurse mit ihr zu teilen. Zudem hatte ich sie auch in den Pausen kein weiteres Mal entdeckt und somit entspannte ich mich im Laufe des Tages. Meine höflichen Aktionen gegenüber der anderen Mädchen kehrten zurück zur Routine und wieder war das andauerndes Warten auf meine beste Freundin meine oberste Klage. Alles normalisierte sich, als wäre das neue Mädchen überhaupt nie da gewesen. Doch leider wusste ich innerlich, dass das nicht der Wahrheit entsprach. Ein Tiger war ins Gebiet des Löwen gedrungen und gefährdete dessen Beute. Ich musste sie aufhalten, bevor es zu spät war.

"Yeji? Hallo? Bist du überhaupt anwesend?" Irritiert blinzelte ich und richtete meine Aufmerksamkeit auf Jisu, die vor meinen Augen mit ihrer Hand winkte. Ihre Stirn war in Falten gelegt und sie wirkte besorgt, merkte offenbar, dass mich etwas beschäftigte. Wieso verwunderte mich das überhaupt? Sie kannte mich besser als ich mich selbst, natürlich wusste sie, dass etwas nicht stimmte. Und sie würde nicht locker lassen, bis ich es ihr erzählte. Sie würde mir keine Wahl lassen.

"Nicht ganz", gestand ich ihr also seufzend und strich mit einer Hand durch meine Haare, um sie aus meinem Gesicht zu entfernen. Abwartend beobachtete mich meine beste Freundin, bevor sie einen kurzen Blick auf den Lehrer warf, der soeben etwas erzählte. Wir hatten gerade Bildende Kunst und sollten nach seinem Vortrag etwas zeichnen, eine Art Eigeninterpretation des Gegensatzes eines Stilllebens. Doch mein Kopf war leer, ich wusste nicht, was ich mir darunter vorstellen sollte, nicht einmal der Vortrag half mir dabei. Somit waren meine Gedanken zurück zu dem Mädchen geglitten.

"Yeji, spuck's endlich aus oder ich schlag dich", sagte Lia plötzlich und direkt zuckte ich leicht zusammen. Reden, ja, Gott, wie sehr ich das hasste. Als wäre es so einfach, Gedanken in Worte zu fassen.

"Sorry", seufzte ich leise und atmete noch einmal tief durch, achtete darauf, meine Stimme gesenkt zu halten. "Da war vorhin so ein Mädchen auf dem Gang. Sie hatte blaue Haare und... sie hat mich so angesehen... nicht erfüllt von Hass, aber so... herablassend, verstehst du? Als würde sie sich für etwas Besseres halten. Und das ist seltsam, weil ich sie noch nie gesehen habe und sie mich gar nicht kennen kann. Es geht mir aber nicht aus dem Kopf und ich sehe andauernd ihren dummen Blick vor Augen. Es nervt mich ungemein sehr."

Jisu begann leise zu kichern, nachdem ich geendet hatte, was mich verwirrt aufschauen ließ. Was sollte das denn jetzt werden? Lachte sie mich etwa aus? Tolle beste Freundin, ganz ehrlich... War es wirklich so lustig, dass die alleinige Begegnung mit diesem fremden Mädchen so sehr an meinem Stolz kratzte?

"Ach Yeji, wie süß! Da taucht einmal jemand auf, der sich nicht von deiner Macht einschüchtern lässt und direkt bist du angepisst", fasste sie noch immer kichernd mein Problem zusammen. Genervt verdrehte ich meine Augen und nickte zustimmend, gab jedoch ein leises Schnauben von mir. Das war echt nicht lustig. Ich hatte hart dafür gearbeitet, die beliebteste Schülerin zu werden und hatte mir Respekt verdient. Von jedem. Da konnte nicht einfach irgendein Mädchen dahergelaufen kommen und meine Krone infrage stellen. Sie hatte doch keine Ahnung.

"Sie hat kein Recht dazu, mich so anzusehen."

"Wie genau? Als wärst du nicht das hübscheste Mädchen der Schule? Als wärst du nicht von sämtlichen Schülern umschwärmt? Als würde dich nicht fast jeder wie eine Göttin verehren? Als würde dein Charme nicht jeden in seinen Bann ziehen und ihn dir zu Füßen fallen lassen?", neckte mich Jisu weiter. Dieses Mal aber antwortete ich nicht mehr, sondern verdrehte nur meine Augen. Ich hatte genug davon, ich wollte von dem Thema nichts mehr wissen. Plus, der Vortrag hatte nun geendet und wir sollten mit Zeichnen beginnen. Also tat ich das auch.

Für gewöhnlich zählte ich zu den aufmerksamen, aktiven Schülern. In der Schule erzielte ich stets gute Leistungen, nie benötigte ich Hilfe in einem Fach. Manche baten mich sogar um Nachhilfe, doch dafür hatte ich keine Zeit. Ich musste elf Mädchen trainieren, damit wir die nächste Sport-Saison überstehen würden, ohne an Glanz zu verlieren. Schließlich benötigte unsere Schul-Mannschaft Motivation und einen Grund, siegen zu wollen.

Und was wäre da besser, als zwölf hübsche, anfeuernde Mädchen, die noch dazu hervorragend tanzten? Das war immerhin der Traum eines jeden Jungens.

Anstatt mich jedoch auf den Unterricht zu konzentrieren und mir zu überlegen, was ich zeichnen könnte, starrte ich das leere Blatt Papier vor mir an, so als würde dieses Antworten vor mir verheimlichen. Antworten auf Fragen, die ich selbst noch nicht kannte und die mir leider genauso wenig mit der Aufgabe halfen, wie Jisu, die bereits fleißig mit Zeichnen begann.

Doch dann tauchte ein Bild in meinem Kopf auf, ein Motiv, das mir keine Ruhe ließ und das ich als Inspiration ansah. Rasch griff ich nach einem Bleistift und begann, eine Rose zu zeichnen. Rosen waren meine Lieblingsblumen, die Ästhetik, die sie mit ihren wunderschönen Blüten und den scharfen Dornen darstellte, verzauberte mich jedes Mal aufs Neue. Ich zeichnete und zeichnete, verfeinerte sie und setzte sie in die Luft, so als würde sie gerade fallen. Am oberen Rand des Bildes zeichnete ich Fingerspitzen und am Boden eine Pfütze von einem umgefallenen Ölkrug. Anschließend griff ich unbewusst nach einem blauen Farbstift und begann damit, Flammen zu zeichnen. Sie schlängelten sich an der Rose hinauf und umhüllten sie, füllten sie mit Feuer, verbrannten sie. Sie vernichteten die sagenhafte Schönheit dieser Blume und dessen zarten, unschuldigen Blütenblätter.

Nach einigen Minuten hielt ich inne und betrachtete etwas überrascht mein Werk. Was habe ich getan?, fragte ich mich im Gedanken und starrte die zerstörte Rose an. Ich war erst stolz auf sie gewesen, auf die Idee dahinter, da das Zeichnen nicht meine größte Begabung war. Doch nun erkannte ich den trügerischen Schein, den das Bild versuchte zu vermitteln. Eine große Gefahr entstand durch sie, eine unheimliche Bedrohung. Und die zerstörerische Gewalt, die die arme Rose einnahmen. Allein durch die blauen Flammen.

Blaue Flammen.

Blaue Haare.

Das Mädchen auf dem Gang.

Leicht biss ich mir auf die Lippe. Sollte das etwa eine Metapher sein? Eine Metapher für meine Angst? Ich war die Rose und sie war die Flamme? Sie würde mich umschlingen und verbrennen? Ein großes Feuer auslösen, nachdem sie sich an mich geheftet hatte? Nein, das würde nicht geschehen, da war ich mir sicher. Das konnte nicht sein. Es war zu surreal, zu unmöglich. Ich kannte sie nicht, sie war neu an der Schule und hatte bis dato nicht einmal einen Ruf.

Nur, wieso schwirrte sie dann so sehr in meinem Kopf herum?

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Zur Feier des Tages und Itzy's wundervollen Comeback 'Ma.fi.a. in the morning' musste ich einfach ein Kapitel hochladen.
Hach, ich liebe diese Mädchen von ganzem Herzen und ich bin so froh über ihren Content, ihre Stärken, selbstbewussten Lieder. Sie sind wahrlich ein Safe Place für mich uwu

Haha, sorry, ich wollte mich nicht in meinen Worten verrennen. Bis zum nächsten Kapitel~
~Cookie

Blue Flames ★ RyejiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt