Das Meer konnte niemals vergessen.
Es verschlang Seelen, wie es Sand am Meer gab und all jene, die wieder an die Oberfläche kamen, traten als jemand anderes hervor. Es waren die mythischen Erzählungen über den Ozean, welche er früher bewunderte. Mittlerweile hatte es sich in tiefsitzenden Hass umgewandelt. Der Auslöser lag eine Weile zurück. Er hatte dieses, nennen wir es Ereignis, bis in die hinterste Schublade seines Seins verdrängt, ließ keine Tentakel auch nur in die Nähe seines Verstandes, um diesem Schmerz, der stets über ihn hereinbrach, zu lindern, zu vergessen. Er tat so, als sei dieser Zwischenfall nie passiert. Was seine derzeitige Lage keineswegs verbesserte. Er würde auf eine Schule gehen, umgeben von diesem Nass, das er so hasste.
Und der Regen fiel seit Stunden.
Ihm kam es vor, als wären sie über eine imaginäre Wettergrenze gefahren und hatten damit ein völlig anderes Ökosystem betreten. Dicke Tropfen lieferten sich ein Wettrennen über die Außenseite des Wagen und er kam nicht umhin einen tiefen Seufzer auszustoßen.
"Schätzchen! Zieh doch nicht so ein Gesicht, das ist alles nur zu deinem Besten."
Der Junge verdrehte die Augen. Nur weil seine Eltern es als pädagogisch und strategisch richtig hielten ihn auf ein Internat zu schicken, wo niemand von den Menschen, die sie mit Morddrohungen überhäuften, seinen Aufenthalt wussten, hieß das noch lange nicht, dass er dem zustimmte.
"Deine Mutter hat Recht, Jisung. Das wird dir guttun. Die Rektorin ist eine alte Bekannte, sie wird dir alles erklären, sobald wir dich hingebracht haben."
Abschieben, trifft es eher, dachte er innerlich und blickte aus dem Fenster. Die Schotterpiste, auf welcher sie entlang schlotterten, glich einem Waldpfad, der notdürftig hier gebaut wurde. Sie hatten seit geraumer Zeit niemanden mehr gesehen und er fragte sich, ob sie sich nicht verfahren hatten. Zutrauen würde er es seinem Vater. Dieser glaubte nicht an 'neumordernen Schnickschnack' und verließ sich deshalb lieber auf seinen Instinkt und uralte Karten, die längst in ein Museum gehörten.
Und dann tauchte das protzigste Schloss vor seinen Augen auf, dass er jemals gesehen hatte. So viele Bücher wie er las, dass hier stellte alles in den Schatten. Da sie noch ein Stück davon entfernt waren, presste er sich förmlich an die Scheibe, um besser durch den Nebel sehen zu können. Der Standort faszinierte ihn am meisten, denn das Gebäude grenzte direkt an eine Steilklippe. Und wenn seine Augen ihn nicht täuschten, erschien ein Licht, welches im gleichen Moment wie er blinzelte, runtersprang.
"Mum! Hast du das gesehen?"
Die Schwarzhaarige sah aus dem Fenster, doch schüttelte nur den Kopf.
"Nein, was denn?", fragte sie neugierig und drehte sich zu ihm herum. Jisung sagte nichts und starrte bloß auf die Stelle, wo er dachte, jemand sei hinunter gesprungen. Er rieb sich die Augen. Sie hatten ihm wahrscheinlich einen Streich gespielt. Während sein Vater sie durch den Schlamm und über die unebene Straße manövrierte, besah sich der Blonde das Schloss. Auch wenn die Dämmerung langsam einsetzte, strahlte es eine Macht aus, die dem Jungen nicht geheuer war. Sie rief ihn beinahe zu sich, so hatte er das Gefühl. Aber das war völliger Blödsinn. Nichtsdestotrotz war es ein architektonisches Meisterwerk. Die vier Türme ragten gen Himmel, sodass sie fast die vier Himmelsrichtungen verkörperten. In Mitten der Türme befand sich das Haupthaus, wo wahrscheinlich der Unterricht stattfinden würden. Jisung spekulierte nur, da er vorher keine Lust hatte sich die Prospekte, welche seine Mutter ihm aushändigte, durchzulesen. An sich wirkte es schön, doch die dunkle Farbe hatte etwas düsteres und unvollkommenes an sich, dass er nicht beschreiben konnte. Am liebsten wäre er jetzt in seinem sonnigen Zuhause, wo das schlimmste Übel die Mücken waren. Hier, hier war das schlimmste Übel das Wetter. Zuvor hatte er sich näher mit der Umgebung vertraut gemacht und laut dem Internet regnete es hier fast das ganze Jahr über, mit einigen Ausnahmen natürlich. Doch die meiste Zeit strömte der Regen über das Land und kehrte alles in Dunkelheit. Die Leute in der kleinen Stand nebenan waren sogar für ihre Regenparaden bekannt. Hunderte schaulustige Touristen reisten jedes Jahr hier an, nur um sich den Regen anzutun. Darüber konnte Jisung nur den Kopf schütteln. Wie konnte man Regen und Wasser und das Meer mögen?
Er tat dies auf jeden Fall nicht.
"Bist du schon aufgeregt?", fragte seine Mum und störte seinen Gedankengang. Er zuckte die Achseln. So oft wie sie umgezogen waren, fühlte er auch dieses Mal keine Aufregung.
Es war eine Schule wie jede andere.
Was sollte schon groß passieren?
Sein Dad fuhr auf eine gepflasterte Straße hinauf auf den Berg, wo sie Halt vor dem Tor der Schule machten. Zu Jisungs Überraschung befand sich eine Gegensprechanlage direkt davor, weswegen sein Vater gar nicht aussteigen musste, um zu Klingeln. Das hatte er nicht erwartet. So etwas neumordernes bei solch einem alten Schloss. Eine raue, tiefe Stimme blaffte durch den Lautsprecher und ließ ihn zusammenzucken. Sein Dad erklärte kurz und bündig die Situation, dann wurde das eiserne Tor quietschend heruntergelassen.
Der Hof wirkte von außen zwar klein, doch es handelte sich um eine Fläche die mindestens drei Fußballfelder überbrückte, wenn nicht sogar mehr. Bei näherer Betrachtung erkannte der Blonde an den Wänden verschiedenste Farbmuster und Flecken, meist umarmten sich die Regenbogenfarben und tänzelten umeinander, jedoch dominierten auch andere Farben, dunklere, traurige Farben. Scheinbar versuchten sie der Umgebung zu trotzen, damit es nicht so karg und düster erschien. Doch selbst die Bemalung konnte diesem Haus kein Leben einverleiben. Diese deprimierende Stimmung würde niemals verschwinden, dafür war sie viel zu sehr mit dem Geist des Hauses verbunden.
"Sieht richtig gemütlich aus", sagte seine Mum, ihre Stimme leise und zittrig? Sie wirkte angespannt. Vielleicht merkte Sie jetzt, dass dies eine beschissene Idee war.
"Genau! Er wird hier vieles Lernen. Die Lehrer sind alle nett."
Die Hoffnung, welche in ihm aufkeimte, erstarb mit den Worten seines Vaters. Anscheinend hatte er nicht gehört, wie seine Mum gesprochen hatte. Jisung blickte zum Haupttor, welche sich gegenüber von ihm befand. Eine Person in langer, dunkler Robe, welche farblich perfekt zu seinem Gemütszustand und dem Wetter passte, trat hervor. Jisung zog eine Grimasse. Waren sie hier in Hogwarts oder was?
Sein Dad huschte aus dem Auto um mit der Gestalt zu reden, die sich vor dem Eingang positioniert hatte.
"Du kannst jederzeit anrufen, Spätzchen."
Er nickte, hörte ihr aber nicht wirklich zu. Stattdessen sah er aus dem Fenster zu einem der Türme. So hoch wie er gebaut wurde, fragte sich Jisung, was darin verborgen war. Ein Klopfen an der Scheibe ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Die Frau, so stellte sich heraus, lächelte ihn an und brachte damit zwei Reihen perfekter Zähne zum Vorscheinen, wohingegen vier davon länger und spitzer waren, als die eines normalen Menschen.
Jisung maßregelte sich selbst. Er hätte doch die Broschüre lesen sollen. Die Tatsache, dass es sich um ein magisches Wesen handelte, erschreckte ihn. Dabei hätte er es sich denken müssen. Sein Vater arbeitete in der Regierung, Seite an Seite mit solchen Gestalten zusammen. Kein Wunder, dass seine "alte Bekannte" ein solches Wesen war.
Mit gemischten Gefühlen trat der Blonde aus dem Wagen. Der Wind und die Kälte des Regens führten dazu, dass seine Kleidung binnen weniger Sekunden vollkommen durchnässt war. Seine Knie begannen zu schlottern und wenn er es nicht besser wüsste, würde er meinen sie spielten ein Lied.
"Hallo, Han Jisung, es freut mich, dass wir uns begegnen und ich dich auf meiner Schule willkommen heißen darf. Ich bin Tiffany Young, die derzeite Leiterin dieses Internates."
Sie hielt ihm ihre blasse, langgliedrige Hand entgegen, welche Jisung kurze Zeit später ergriff. Vorstellen tat er sich nicht, sie wusste, wer er war. Ihr Lächeln wirkte zwar warm, doch ihre kalten Hände sprachen, nein, schrien förmlich etwas anderes.
Sirene.
Seine Mum trat schnell aus dem Auto und zog ihn zu sich.
"Du kannst dich jederzeit melden und wenn die Lage sich beruhigt hat, holen wir dich, okay?"
Er nickte und ließ sich in die wärmende Umarmung gleiten. Er roch ein letztes Mal den frohlockenden Geruch nach Hyazinthen und Lavendel, bevor sie wieder ins Auto huschte.
Sein Vater hob zum Abschied die Hand.
"Nun komm, wir wollen uns doch keine Erkältung zuziehen."
Widerwillig und mit einem letzten Blick auf seine Eltern folgte er der Direktorin ins Innere seines neuen Zuhauses. Die Koffer hinter sich herziehend. Dass Schlösser schon immer Prunk und Adel herausschrieen, waren jedem bekannt. Dass hier, dass hier übertraf jedoch alles, was er jemals gelesen oder im Fernsehen gesehen hatte. Die Wände strahlten in den intensivsten Weiß- und Goldtönen, dass er dachte jemand hätte sie gebadet. Der Granitboden leuchtete hell, als wäre er frisch poliert und nicht tausende Jahre alt. Der Stuck an den Wänden schien förmlich zu leben. Jisung rieb sich die Augen, während er versuchte näher an die filigranen Arbeiten zu schauen. Er hätte schwören, etwas habe sich bewegt. Das war bestimmt die Müdigkeit, die ihm einem Streich spielte.
"Ich zeige dir jetzt erstmal dein Zimmer und morgen schauen wir weiter", sagte Frau Young und lotste ihn durch Gänge und Hallen, verwinkelte Ecken, über Treppen mit geöltem Geländer und gegossenen Mustern. Dann blieb er stehen. Vor ihm erstreckten sich sechs große Schwimmbecken. Und wenn er so darüber nachdachte...durch die Hallen hinweg, befanden sich überall solche Becken. Er schluckte schwer. Ein eisiger Wind zog über seinen Rücken. Er hatte das Gefühl in Watte zu ertrinken. Jisung könnte meinen, er habe Angst vor Wasser, doch das war gelogen, es war eine Phobie, die sich in ihm verankert hatte und nie wieder gehen lassen würde. Sein Mund wurde staubtrocken, obwohl er umgeben war von Wasser.
"Jisung? Alles in Ordnung?"
Innerlich musste er lachen. Sie wusste, sie spürte, dass es ihm schlecht ging. Das war eine der Fähigkeiten von Sirenen.
Er nickte nur und begann einen inneren Kampf mit sich zu führen.
Alles wird gut.
Du wirst nicht sterben.
Es ist nur Wasser.
Dann löste er seinen Blick und ging weiter.
Bevor sie jedoch den Raum erreichten, auf den sie zusteuerten, rempelte ihn jemand an, weswegen er zu Boden fiel. Eine völlig durchnässte Person starrte auf ihn nieder. Die intensiven, gelben Iriden brannten sich förmlich in die von Jisung. Sein braunes Haar klebte ihm an der Stirn, das schmälerte jedoch keineswegs die Schönheit dieses Wesens vor ihm. Dennoch. Jisung rappelte sich wieder auf. Der Junge stand ihm noch immer im Weg. Dann grinste er und entblößte seine vier scharfkantigen Zähne, die mühelos Fleisch und sogar Knochen zerbeißen konnten.
"Du solltest wieder verschwinden, Kleiner, bevor das Schloss deinen Namen lernt."_____________________________________________
Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen! Herzlich Willkommen zu meiner neuen Fanfiktion mit Han Jisung und Lee Minho aus Stray Kids in den Hauptrollen!
Ich denke, Ihr habt bemerkt, um welche magischen Wesen es sich handelt?
Was sagt ihr dazu? Seid ihr auch so gespannt wie ich? Wer mag wohl der wunderschöne Hübschling sein, der diese Warnung verkündet hat?Fun Fact: Die Idee zu der Story kam mir in einem Traum und seitdem fantasiere ich darüber. Ich habe soooo viele Ideen xd
Han Jisung
Tiffany Young
Feel free to comment!
Erin🌸
DU LIEST GERADE
Pearls {Minsung}
FanfictionIch werde dich lieben, so wie die See liebt. In sanften Wellen und grausamen Stürmen. ~Lee Minho~ Mermaid AU Minsung Boy x Boy Don't like, don't read! Nebenpairs: JeongChan Seungjin Changlix