Dunkelheit war kein Ausdruck für das, was Jisung vor sich sah oder nicht sah. Er wusste nicht, wo er war, doch eins wusste er, er befand sich nicht an Land.
Das Wasser umhüllte ihn, wie eine zweite Haut, erdrückte ihn, zerrte Ihn tiefer und tiefer in das tiefschwarze Etwas, dass weder Namen noch Form besaß. Jisung strampelte, wehrte sich mit aller Kraft, rang um jeden Atemzug, der ihn mit jeder Sekunde, die diese unsichtbare Hand ihn nach unten lockte, aus dem Halse glitt.
"Komm, kleiner Junge, es wird Zeit, dass du lernst, wo dein Platz ist", säuselte eine Stimme, welche ihm durch Mark und Bein kroch. Sie war hoch, klang jedoch keineswegs nach einer Frau und dieses Lachen...es klang gehässig, so als hätte es Spaß daran ihm beim Ertrinken zuzusehen.
"Komm, kleiner Junge, es wird Zeit, Zeit, dass du nach Hause findest."Jisung saß kerzengerade im Bett, die Hände im Laken verkrallt, als hätte er versucht sich festzuklammern. Ein Blick durch den Raum verriet ihm, dass die anderen nichts von seinem Ausbruch mitbekommen hatten, was ihn erstaunte, da ihr Gehör zehnmal besser war als das eines Hundes. Gaya schwebte auf einer kleinen Wolke und träumte vor sich hin. Ein Schauer durchfuhr den Blonden. Er konnte jetzt nicht schlafen. Demzufolge versuchte er, so leise wie möglich aufzustehen und keinen Ton von sich zu geben. Jisung war, trotz seines Auftretens schon immer ein leichtfüßiger Mensch gewesen. Wann immer seine Mutter etwas von ihm wollte, konnte er sich auf leisen Sohlen davonstellen. Bis heute wusste niemand, wie das sein konnte. Sein Vater war eher grobmotorisch veranlagt, der weder tanzen noch sich anderweitig leichtfüßig bewegen konnte. Ihn hörte man, bevor er zu sehen war. Was ihn gestern abend überraschte, stellte sich ihm nun in den Weg. Denn scheinbar schlossen die Schüler von innen ab, und nicht die Lehrer von außen, was bedeutete er habe leichtes Spiel. Er musste nur sachte den Schlüssel im Schloss drehen, sodass er die anderen nicht weckte, was natürlich leichter gesagt, als getan war. Minutiös drehte er den Schlüssel, bei jeder Kleinigkeit, die in seinem Ohren laut erklang, zuckte er zusammen und starrte auf die vier schlafenden Wesen. Da sich keiner rührte, fuhr er mit der Prozedur fort. Stück um Stück, bis es aufschnappte und Jisung die Tür behutsam öffnen konnte. Die Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, was jedoch nicht zuletzt von seinem Alptraum stammte. Das seichte Zittern, welches durch seinen Körper fegte, legte sich, nachdem er die Tür geschlossen hatte und sich in gewissem Abstand sicher wusste. Sofort fiel ihm auf, dass der Gang unglaublich kalt war, weswegen er sich die Arme rieb. Das war doch nicht normal. Vielleicht hatte jemand das Fenster offen gelassen. Jisung schüttelte den Kopf. Dieser Gedanke passte nicht zu der Ausgangsperre, denn laut Felix mussten sie auch die Fenster verschließen. Er zuckte die Achseln. Vielleicht würde er es zu seinem nächtlichen Spaziergang herausfinden. Da er sich weder auskannte, noch wusste wo er langlaufen sollte, entschied er sich einfach für den rechten Gang. Trotz dessen das es Nacht war, strahlten die Lampen des Hauses hell und voller Intensität.
Warum lassen die das Licht an? Stromsparen ist wohl heute nicht mehr?
Tief in seinem Inneren wusste der Blonde natürlich, dass dies eine Bedeutung haben musste.
Jisung hielt inne, nachdem er einen Luftzug hinter sich wahrnahm. Er drehte sich um, doch da war nichts. Achselzuckend versuchte er seinen Geist zu beruhigen. Die Schule war nicht verflucht. Hoffentlich.
Schritt für Schritt wagte sich der Blonde weiter durch den Gang. Sein Atem war das Einzige, was ihn verraten könnte, ansonsten schien alles still zu sein.
Bis er zu einem Treppengeländer kam. Darunter befand sich eine Halle, mehrere Sirenen tummelten sich in dem Raum, redeten, lachten, alberten herum. Und für einen Moment wirkte es auf Jisung so, als wären sie ganz normale Personen. Keine blutrünstigen Monster, dessen Hauptaufgabe es war ihre Peiniger zu töten. Jisung beobachtete das Treiben, bis er eine eiskalte Hand an seiner Schulter spürte. Bevor er reagieren konnte, wurde er unsanft gegen die Flurwände gedonnert. Ein Keuchen entfloh ihm, als die ganze Luft aus seinen Lungen wich. Für eine Sekunde sah er verschwommen, ehe der Nebel vor seinem Blickfeld sich legte und er in zwei gelbe, düstere Iriden blickte, dessen Kombination ihn an Finsternis und Fäulnis und Dunkelheit erinnerte, tiefschwarze Dunkelheit, wo kein Licht, kein Leben fähig war sich zu entfalten. Ihm lief es kalt den Rücken herunter und er versuchte sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. Was völliger Schwachsinn war, da die Sirene es so oder so spüren konnte, riechen konnte.
"Hat deine Mama dir nicht beigebracht, abends nicht mehr durchs Haus zu lungern, dummer Mensch?"
Jisung ignorierte die Beleidigung gekonnt und überlegte fieberhaft, was er seinem Gegenüber für eine Lüge auftischen konnte, die Glaubwürdigkeit vermittelte. Er schluckte hart und versuchte seine trockenen Mund irgendwie zu befeuchten.
"Ich bin geschlafwandelt und hab mich, nachdem ich aufgewacht bin, verlaufen."
Das Grinsen der Sirene ging ihm durch jeden Knochen und es entzog ihm jeden winzigen Tropfen Wärme, die seinen Körper durchflutete.
"Ich könnte dich hier und jetzt aufschlitzen und deinen Körper in den tiefen des Meeres verschwinden lassen. Niemand würde dich je finden", säuselte das Wesen.
Jisung merkte an der Art wie er sprach, wie er seine Worte formulierte, dass dies kein Spaß war. Es war ernst gemeint. So langsam hatte der Blonde das Gefühl ihm entglitt die Situation, wenn es nicht schon von Anfang so kommen musste. Aber er würde jetzt nicht kleinbeigegeben. Er straffte die Schulter und blickte der Sirene entgegen. Kurzzeitig sah er Überraschung in den Augen seines Gegenübers.
"Minho! Lass ihn in Ruhe!"
Jisung blickte zu seiner Rechten. Seungmin stand mit verschränkten Armen auf dem Gang. Hinter ihm Felix und Jeongin, welche nicht minder wütend drein schauten.
"Oh oh, hat das dumme Menschenkind etwa schon Freunde gefunden?", höhnte die Sirene, dessen Person nun endlich einen Namen besaß. Minho.
Der schmerzende Griff um seine Schulter löste sich und der Blonde fiel mit einem lautem Poltern zu Boden. Felix war sofort zur Stelle und half ihm wieder auf die Beine. Er nickte ihm dankbar zu.
"Solltest du mir nochmal bei Nacht über den Weg laufen, zerquetsche ich dich", knurrte der Braunhaarige und verschwand anschließend so leise er auch gekommen war.
"Sag mal, hackt's bei dir? Von allen Sirenen musst du dir ausgerechnet Lee Minho zum Feind machen?", poltere Seungmin wie ein Megaphon und zerrte Ihn am Ohr zurück zu ihrem Zimmer.
Während der Blonde versuchte den Schmerz zu ignorieren, fragte er den Meermann, was es mit seinem Auftritt auf sich hatte.
"Lee Minho. Wenn du ein Wesen suchst, dass hier am längsten lebt, dann ist es er.
Er ist einschüchternd und grübelnd, er verschreckt alles und jeden, weil er nicht auf Nettigkeiten und Süßholzraspelei steht.
Die Anderen sehen schwelende Flammen und tobende Winde. Und sie glauben, er sei stark und ungezwingbar.
Sie glauben, er sei mächtig.
Aber in Wirklichkeit versucht er nur sich selbst vor seinen eigenen Flammen zu schützen, die ihn zu verbrennen drohen."
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Pearls {Minsung}
FanfictionIch werde dich lieben, so wie die See liebt. In sanften Wellen und grausamen Stürmen. ~Lee Minho~ Mermaid AU Minsung Boy x Boy Don't like, don't read! Nebenpairs: JeongChan Seungjin Changlix