Kapitel 6

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Katherine

"Und ich denke, das wäre das beste für alle Firmen", schloss ich meine Rede ab und händigte allen Beteiligten eine Kopie aus.
"Das ist zwar eine gute Idee, aber wer weiß, ob wir das so schnell umsetzen können?", meinte Mister Stones, während er durch die Papiere blätterte.
"Das werden wir schon hin bekommen.
Wenn wir uns alle anstrengen und Mühe geben, haben wir das bald fertig", sagte ich und setzte mich nun wieder.
"Wenn ich noch etwas dazu einwenden dürfte?"
Andrew stand auf und sah mich einen Moment an, bevor er durch die Runde blickte. Dabei blieb sein Blick für meinen Geschmack etwas zu lange an Miss Brown hängen.
"Ich denke, wir sollten mit den Fotografen sprechen. Wir haben in unsere Firma bisher zu wenig Models und es ist schwer Frauen zu finden, die in unser Schema passen"
Wie arrogant konnte man denn bitte sein? 'Nicht in unser Schema passen'
Ach was. Wenn er wirklich Models wollen würde, hätte er schon längst jemanden gefunden. War doch egal, ob die Person etwas fülliger oder schwarz war.
"Wie wäre es denn mit Ihnen, Miss Brown?"
Mein Kopf schnellte nach oben. Hatte ich gerade richtig gehört?
"Ich?", fragte sie neben mir.
"Ja, Sie sind eine sehr attraktive Frau"
Was fiel Andrew nur ein mit MEINER Mitarbeiterin zu flirten.
Ich gab zu, Miss Brown war sehr attraktiv, aber sie in einem Meeting anzubaggern ging gar nicht.
"Danke, aber nein", lehnte Miss Brown freundlich ab.
"Sind Sie sicher? Sie könnten...", begann er schon wieder, aber diesmal war es mir genug.
"Sie hat nein gesagt", zischte ich ihn an.
"Ist ja gut, ist ja gut", lachte Andrew nur.
"Wir brauchen trotzdem neue Models. Also, woher?"
Ich seufzte und blätterte durch meine Unterlagen.
"Sie können doch einmal bei anderen, kleineren Modelagenturen fragen", schlug ich vor.
"Das wäre eine Idee...na gut, wieso eigentlich nicht"
Damit setze sich Andrew wieder.
"Gut, hat noch irgendjemand Fragen?", fragte ich in die Runde.
Als alle nur den Kopf schüttelten, nickte ich und stand auf.
"Gut, danke für Ihre Zeit. Andrew, kann ich dich bitte noch einen Moment sprechen?"
"Natürlich"
"Miss Webster?"
Ich sah zur Seite und blickte in Miss Brown's grüne Augen.
"Ja?"
"Soll ich auf Sie warten?", fragte sie mich.
"Müssen Sie nicht. Wenn Sie wollen, können sie aber vor der Tür warten"
Sie nickte nur und verließ den Raum.
"Du wolltest mit mir sprechen, Katherine?"
Ich seufzte und drehte mich zu Andrew um.
Er war einer der Menschen, die ich schon sehr, sehr, SEHR lange kannte.
Daher wusste ich leider auch, dass er gerne mit allen möglichen Leuten schlief.
"Mach dir keine Hoffnungen. Lass sie in Ruhe", zischte ich.
"Wen meinst du?", fragte er unschuldig.
"Du weißt genau, wen ich meine"
"Oh, deine junge, neue Assistentin. Ich muss sagen, sie ist heiß. Guter Fang"
Ich wurde immer wütender und wütender.
"Lass die Finger von ihr", fauchte ich.
"Wieso? Damit du sie für dich alleine haben kannst? Darfst nur du sie vöge-"
Aber weiter kam er nicht, denn ich klatschte ihm eine.
"Raus!", schrie ich schon fast.
Er begann höhnisch zu lachen und drehte sich um.
"Ist ja gut, ist ja gut"
Und damit verließ er den Raum.

Ich atmete ein paar Mal tief durch, bevor ich ebenfalls den Raum verließ.
"...rufen Sie mich einfach an"
Das konnte doch nicht wahr sein.
"Muss ich den Sicherheitsdienst rufen? Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt"
Andrew sah von Miss Brown auf und grinste schelmisch.
"Ich geh ja schon"
Und damit verschwand er im Aufzug.
Miss Brown hatte doch tatsächlich auf mich gewartet.
Auch wenn das in Hinsicht auf Andrew vielleicht nicht die beste Idee gewesen war.
"Geht es Ihnen gut, Miss Webster?"
Wieso fragte sie mich das ständig? Sah ich aus, als hätte ich irgendwelche Probleme? Ganz bestimmt nicht.
"Alles bestens", gab ich die gleiche Antwort, wie immer.
Als wir gemeinsam auf den nächsten Aufzug warteten, zerriss Miss Brown einen kleinen Zettel und warf ihn in den Mülleimer.
"Was ist das?", fragte ich sie neugierig.
"Andrew's Telefonnummer"
Ich war verwirrt.
"Und die schmeißen Sie weg?"
Sie nickte und kicherte dann.
"Was ist?", fragte ich verwirrt.
"Andrew ist...naja...nicht wirklich mein Typ"
"Und was ist Ihr Typ?"
"Wieso wollen Sie das wissen?", fragte sie und grinste mich schelmisch an.
"Ich..."
"Ach, ich mich doch nur Spaß. Ich bevorzuge ehrlich gesagt eher das andere Geschlecht", sagte sie.
Bitte was?!
"Sie sind..."
"Ja, ich bin lesbisch"
Ich war verblüfft. Das hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet.
"Schön", sagte ich ohne zu überlegen.
"schön?", kicherte sie.
Und wie ich dieses Kichern verabscheute. Nicht, weil ich es nervig fand, nein, aber dieses Kichern ließ mich Sachen fühlen, die ich NICHT fühlen sollte.
"Schön, dass Sie so offen damit umgehen können", rettete ich mich.

~

"Alice!"
Miss Brown und ich drehten uns um.
"Miss Webster, guten Tag, könnte ich womöglich unter vier Augen mit Alice sprechen?"
Ich sah mir den Mann genauer an und erinnerte mich, dass er an der Rezeption arbeitete.
Daniel Whitinger hieß er, glaubte ich mich zu erinnern.
"Aber natürlich. Miss Brown, ich warte im Büro auf Sie", sagte ich nur, bevor ich davon stolzierte.
"Ist gut, bis später!", rief sie mir noch hinterher und ich musste ein Schmunzeln unterdrücken.

~

"Schön Sie zu sehen Miss Webster, wie war Ihr Tag?", fragte mich Martha, als ich gerade mein Büro betreten wollte.
"Gut, danke"
Ich öffnete die Tür und huschte schnell in den leeren Raum.
Endlich hatte ich etwas Ruhe.
Auch wenn ich zugeben musste, dass ich Miss Brown ein wenig vermisste.
Ach was, ich vermisste nicht Miss Brown, sondern einfach generell die Gesellschaft, die sie mir in den letzten Tagen geboten hatte.
Ja, das war es.
Nicht mehr und nicht weniger.

Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Schreibtisch, als ich sah, dass auf Miss Browns Sessel eine schwarze Jacke hing.
Vermutlich ihre.
Ich nahm sie von der Stuhllehne und sah sie mir genauer an.
Als ich sie gerade zusammenfalten wollte, drang mir ein wundervoller Duft in die Nase.
Ich sah mich rasch um, bevor ich die Jacke an meine Nase führte und daran roch.
Ein beinahe benebelnder Duft umgab mich, als ich bemerkte, dass sie nach Miss Brown roch.
Gerade als ich realisierte, was ich da eigentlich tat, wurde die Tür aufgerissen und eine mir bekannte Stimme fragte: "Miss Webster?"
Ich drehte mich um und sah in die stechend grünen Augen von Miss Brown.

She's the Webster (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt