Kapitel 2

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Katherine

"Haben Sie die E-Mail verschickt?", fragte ich eine meiner Mitarbeiterinnen streng. Beim Namen nennen konnte ich sie nicht. Sie war für mich nicht weiter relevant.
"Ja, Miss Webster, die E-Mail wurde versendet und der Arbeitsvertrag ausgefüllt zurück geschickt", antwortete sie mir gelassen.
Ich sah von meinen Unterlagen hoch.
"Jetzt schon?"
Sie nickte nur.
"Ich habe es Ihnen weiter geleitet, wie Sie es wollten"
Ich nickte ihr nur zu und öffnete meinen E-Mail Account.
"Danke, Sie können jetzt gehen"
Sie nickte mir ein letztes Mal zu und verließ dann mein Büro.

Wieso ich das Formular von Miss Brown persönlich kontrollieren wollte? Ich musste gestehen, dass ich es selbst nicht wusste.
Irgendetwas an dieser Frau hatte mich fasziniert. Was es war, wusste ich jedoch auch nicht.
Ich öffnete die E-Mail und starrte das Formular vor mir an.
Alle Punkte wurden meines Scheinens nach sorgfältig durchgelesen und ausgefüllt. Bei ihrem Alter musste ich kurz stocken. 21. Ich musste zugeben, dass sie reichlich Älter aussah. Ich hätte sie mindestens auf 25 geschätzt.
Immerhin hatte ich nun eine neue Assistentin und das war doch gut...nicht wahr?

"Martha, sagen Sie das Meeting für heute morgen ab, ich muss mit der neuen Assistentin sprechen"
Meine Sekräterin nickte nur und wandte sich dann wieder ihrem Computer zu.
07:51
Neun Minuten hatte sie noch Zeit.
Ich setzte mich wieder an meinen Schreibtisch und wandte mich den Unterlagen zu. Würde sie es wohl rechtzeitig schaffen? Pünktlichkeit war mir in meinen Firmen sehr wichtig, wenn sie das nicht erfüllen konnte, musste ich sie wohl oder übel gehen lassen.
Plötzlich klopfte es an der Tür.
"Herein", sagte ich streng und sah von den Papieren hoch.
"Guten Morgen, Miss Webster"
Miss Brown betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich.
Sie ließ sich in einen Sessel mir gegenüber nieder und setzte sich aufrecht hin.
8:00
"Pünktlich auf die Minute, sehr löblich"
Sie lächelte nur verlegen und sah zur Seite.

"Wie mir gesagt wurde, haben Sie das Formular schon erhalten, ist das korrekt?"
Sie nickte nur.
"Benutzen Sie doch ihren Mund, Miss Brown"
Sie sah mich verlegen an.
"Das ist korrekt"
"Gut, wissen Sie denn, was diese Stelle alles beinhaltet?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Nein Miss Webster, das weiß ich noch nicht"
Ich nickte und warf einen erneuten Blick auf meine Unterlagen.
"Wie es aussieht, werden Sie mir assistieren. Sie werden mir Kaffe bringen oder Anrufe entgegen nehmen. Sie werden E-Mails verfassen und beantworten.
Sie werden in Meetings neben mir sitzen und die wichtigen Sachen mitschreiben. Wenn ich Ihnen eine Aufgabe gebe, werde Sie diese ohne Wiederrede erfüllen. Habe ich mich klar ausgedrückt?", fragte ich streng und sah sie autoritär an.
"Ja, Miss Webster"
"Gut. Sie werden hier direkt in meinem Büro arbeiten, so kann ich Ihnen die Anweisungen sofort und persönlich geben. Morgen wird mein Bruder Ihnen hier eine kleine Ecke einrichten.
Für heute bräuchten wir eine Aushilfe an der Rezeption im Erdgeschoss.
Können Sie das übernehmen?", fragte ich sie.
"Natürlich, danke Miss Webster"
Sie nickte mir ein letztes Mal zu und verließ dann schnell mein Büro.
Nicken war so eine Sache in meiner Firma. Da die meisten Mitarbeiter zu viel Angst vor mir hatten, wollten sie nicht mit mir sprechen. Stattdessen nickte sie, was mir seit einiger Zeit ziemlich auf die Nerven ging.

Ich seufzte und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
Ich hatte meinen Bruder noch gar nicht angerufen.
Ich wählte genervt seine Nummer und wartete ab.
"Schwesterherz, was für eine Überraschung! Was kann ich für dich tun?"
Ich seufzte und schüttelte den Kopf.
Mike kannte mich einfach zu gut.
"Ich bräuchte deine Hilfe. Ich habe gerade eine neue Assistent eingestellt und ich brauche bis morgen eine kleine Schreibtisch-Ecke in meinem Büro, die auch etwas gemütlich eingerichtet ist"
Mein Bruder lachte am anderen Ende.
"Weißt du was Kathy, ich komm schnell vorbei"
Dann legte er noch bevor ich etwas erwiedern konnte auf.
Außerdem hasst ich diesen Spitznamen...Kathy. Seit meiner Kindheit verabscheute ich diesen Namen.
Mit vier Geschwistern aufzuwachsen, war nicht immer einfach gewesen, aber im Endeffekt war ich froh, so viele Menschen zu haben, die mir nahe standen und sich um mich sorgten.
Ein gewisser Vorteil war, dass fast alle meiner Geschwister eine eigene Firma gegründet hatten.
So konnte ich immer auf Mikes Einrichtungskünste zählen und mit seiner Möbelfabrik bekam ich ein wenig Rabatt und kostenlose Helfer.

"So, hier bin ich"
Mike kam einfach in mein Büro geplatzt und stellte sich mitten in den großen Raum. Nur meine engsten Vertrauten durften mein Büro ohne Klopfen betreten, auch wenn ich das meinen Mitarbeitern nie erzählen würde. Ausschließlich Martha wusste über die kleine Liste der Ausnahmen bescheid, da sie nicht einfach irgendjemanden herein lassen durfte.
Er hatte vier Arbeiter mitgebracht, die schon alles Mögliche abmaßen.
"Ein typischer Birkenholz-Schreibtisch, wie ich dich kenne?"
"Du kennst mich richtig"
Er lachte und schickte zwei andere Mitarbeiter herein, die sich an das Aufbauen des Tisches machten.
"Zimmerpflanzen?"
Ich nickte und darauf wurden schon drei kleine Pflanzen auf den Schreibtisch gestellt. Was für ein Service.
"Laptop hast du bereits?"
"Ja"
Mike nickte und sah sich sein Werk an.
"Der Schreibtisch steht. Brauchst du sonst noch etwas?"
Ich überlegte einen Moment.
"Nein Mike, das wäre alles, vielen Dank"
"Ach, das ist doch selbstverständlich. So etwas macht man als Geschwister eben", lachte er und strich mir über den Kopf.
Ich verdrehte nur die Augen, aber lächelte.
Auf meine Familie konnte ich mich wirklich immer verlassen.

~~~~~~~~~~

"Ach was, das schaffst du schon. Marie du hast...nein. Marie...ist gut. Ja..ja..ja..bis bald"
Ich seufzte und streckte mich ein wenig in meinem Bürosessel.
Meine Schwester musste auch wirklich viel zu stur sein.
Jetzt hatte sie endlich den Mann fürs Leben gefunden und dann wollte sie seinen Heiratsantrag nicht annehmen.
Ein Klopfen an der Tür holte mich aus meinen Gedanken.
"Herein"
"Entschuldigen Sie Miss Webster"
Miss Brown steckte den Kopf zur Tür rein.
"Wie kann ich Ihnen helfen, Miss Brown?"
Sie sah mich verunsichert an.
"Mark von der Rezeption ist jetzt wieder hier, also brauchen sie keine Vertretung mehr"
Sie sah sich um und war sichtlich überrascht, als sie den Schreibtisch im Eck bemerkte.
"Das ist kein Problem, Miss Brown, mein Bruder war vorhin hier und hat ihren neuen Arbeitsplatz eingerichtet, also meinetwegen können Sie heute schon hier beginnen"
Sie lächelte mir dankbar zu und setzte sich auf ihren neuen Sessel.
"Einen Laptop bekommen Sie von mir, jedoch erst morgen. Fürs Erste können Sie mir eine Tasse Kaffee bringen. Schwarz ohne Milch"
Sie stand auf und wollte gerade mein Büro verlassen, als sie sich wieder umdrehte und mich hilfesuchend ansah.
"Wo bekomme ich den her?"
Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen.
"Fragen Sie Martha an der Rezeption"
Sie nickte mir nur zu und schloss die Tür hinter sich. Schon wieder dieses verdammte Nicken...

Mal sehen wie sie sich so schlagen würde.

She's the Webster (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt