Kapitel 12

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Alice

Was machten die da drin nur so lange?

Ich hatte mich auf einen der Sessel im Wartezimmer gesetzt, die normal nur für Kunden reserviert waren. Mein Versuch ein Gespräch mit Martha zu beginnen war nicht sonderlich erfolgreich gewesen und alles was ich bisher von ihr erfahren hatte war, dass es ihr nun, da sie in meine Gesellschaft war, nicht mehr gut ginge. Daraufhin hatte ich bloß die Augen verdreht und mich weiter in den Stuhl sinken lassen. Aus Martha konnte ich einfach nicht schlau werden. Im einen Moment hasste sie mich, im nächsten schien sie mich wieder in Ordnung zu finden.

Ich schüttelte den Gedanken schnell ab und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Die große Vase im Eck zum Beispiel, die ich schon von Anfang an scheußlich gefunden hatte.

Als mir auch ihr Anblick zu langweilig wurde, musste ich wieder an diese 'Viktoria' denken, die dort gerade in unserem Büro saß und Miss Webster vermutlich die Seele aus dem Leib küsste. Sie hatte zumindest so ausgesehen, als wäre genau das ihr Plan gewesen.

Um mich von meinen Gedanken abzulenken, holte ich mein Handy für einen Moment heraus und scrollte durch meine Nachrichten.

Der Kontakt meiner Mutter schoss mir in die Augen und ich klickte erfreut auf unseren Chat. Ich hatte schon seit Ewigkeiten nichts mehr von ihr gehört.

Mom: Hallo mein kleiner Schatz!
Hättest du Zeit nächsten Freitag zum Abendessen zu kommen? Deine Schwester kommt aus Ungarn zurück und ich würde gerne die Familie ein wenig zusammentrommeln.
Gib mir doch bitte kurz Bescheid, ob du Zeit hast.
Küsschen!

Ich merkte, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht breit machte. Ich würde meine Familie für nichts in der Welt eintauschen.

Die Info-Datei, die ich geschickt bekommen hatte meinte, dass wir höchstens bis Mittwoch auf Dienstreise bleiben würden. Freitag musste sich also prächtig ausgehen.

Ich schrieb meiner Mutter kurz meine Zusage und steckte mein Handy wieder weg. Genau im richtigen Moment, denn gerade kam Miss Websters Besuch aus der Tür stolziert und lief mit raschen Schritten auf den Fahrstuhl los. Sie zwinkerte mir noch einmal kurz zu, bevor sie hinein stieg und den Knopf ins Erdgeschoss drückte. Was für eine Schlampe.

Ich konnte mich in diesem Moment für diesen Gedanken Ohrfeigen. Ich hatte kein Recht über diese Person zu urteilen, ob sie nun mit Miss Webster schlief oder nicht.

"Miss Brown?"

Mein Blick schnellte nach oben und ich sah in das amüsierte Gesicht meiner Chefin.

Wie lange hatte sie dort schon gestanden?

"Wenn Sie damit fertig sind meiner besten Freundin hinterher zu sehen wäre es mir sehr lieb, wenn Sie wieder an Ihre Arbeit gehen würden"

Ich sah sie mit offenem Mund an.

"Ich hab ihr nicht- also ich finde nicht, dass- das war keine- beste Freundin?"

Sie hob amüsiert eine Augenbraue.

"Was hatten Sie denn gedacht? Dass ich einfach so mal schnell Frauen in meinem Büro durchnehmen würde, während Sie hier draußen auf mich warten?"

Ich merkte, wie mir eine sanfte Röte in die Wangen stieg.

"Natürlich nicht, ich dachte nur- naja also- sie sahen so-"
Ich seufzte. Wie sollte ich mich da jetzt wieder raus reden.

"Schon gut Miss Brown, gehen Sie wieder an ihre Arbeit. Ich werde Sie Montag Früh Zuhause abholen, also sehen Sie zu, dass Sie um Punkt Acht fertig sind und vor ihrer Tür stehen", damit drehte sie sich um und ging in die andere Richtung weiter.

"Sie können wieder ins Büro gehen, ich muss noch schnell etwas erledigen. Ich habe Ihnen eine Akte auf den Tisch gelegt, Sie werden also zur Genüge beschäftigt sein"

Und damit verschwand sie hinter der nächsten Ecke.

~

Hatte sie das absichtlich gemacht?

Für diese Akte war ich doch nicht einmal zuständig.

Ich war nicht der Personaldienst, ich war ihre Assistentin. Diese Akte hatte nichts mit ihr zu tun.

Eine halbe Stunde saß ich jetzt schon hier und wusste nicht, was ich damit anfangen sollte. Miss Webster hatte sich auch nicht mehr gemeldet und war immer noch irgendwo im Nirgendwo. Vielleicht war sie ja bis Montag nach Timbuktu ausgewandert, damit sie mich nicht mehr sehen musste.

Ich fragte mich immer noch was ich ihr wohl getan haben könnte. Aber alles schien so, als würde sie mich wieder los werden wollen. Vielleicht sollte ich auch einfach kündigen...wenn mein Vater nicht so hart für mich um den Job gekämpft hätte...

Ich seufzte und legte die Akte vor mich auf den Schreibtisch, um meine Gedanken zu sortieren. Vielleicht sollte ich mir meine 4 Wochen Urlaub nehmen, die mir zustanden. Aber Mitten unter dem Jahr konnte ich das nun auch nicht machen.

Wieso musste alles nur so kompliziert sein. Bevor ich bei Miss Webster angefangen hatte war mein Leben langweilig und vor allem unkompliziert.

Ich entschied mich mir mal kurz die Beine zu vertreten und stand auf, um ein wenig im Büro herum zu gehen.

Wenn Martha sehen würde, dass ich das Büro einfach so unter meiner Arbeitszeit verlassen wollte, würde sie meinen Kopf aufspiesen und ihn Miss Webster persönlich servieren. Dieses Risiko wollte ich wirklich nicht eingehen.

Ich drehte also meine Runden in dem großen Büro und umrundete Miss Websters Schreibtisch einige Male.

Beim zehnten Mal...oder waren es elf?

Nach einigen Malen fiel mir erst auf, dass die unterste Schublade offen stand. Eigentlich wollte ich sie nur schnell schließen, aber etwas glänzendes stich mir ins Auge und weckte meine Neugier.

Ich wusste, dass ich nicht herum spionieren sollte. Ich wusste, dass ich nicht an Miss Websters Sachen gehen sollte, aber meine Neugier gewann die Oberhand und schon öffnete ich die Schublade etwas weiter.

Ein Bild. Ein stinknormales Bild. Aber es war in einem silberrahmen eingerahmt...womöglich war es wertvoll für Miss Webster.

Auf dem Bild zu sehen waren Miss Webster und...wartet. War das meine Mutter?!

Das konnte doch nicht...das war meine Mutter. Ich hatte doch gewusst, dass sie meinen Vater kannte, aber doch nicht- sie standen nebeneinander als würden sie seit JAHREN befreundet sein...und wieso war es hier in ihrer Schublade? In einem Silber-Rahmen?

Ich wollte mir das Bild gerade genauer ansehen, vielleicht hätte ich dort ja ein Datum feststellen können, als die Tür aufgerissen wurde.

Verdammt.

"Miss Brown, könnten Sie mir erklären was Sie hinter meinem Schreibtisch zu suchen haben?"

Ich konnte nicht schnell genug reagieren und das Bild zurück legen also blieb ich einfach steif sitzen und atmete nicht.

"Miss Brown!?"

Sie kam um ihren Schreibtisch herum und sah mich am Boden hocken.

"Miss Brown, was zur Hölle ha-"

Als sie das Bild in meinen Händen sah riss sie die Augen auf und ließ ihre Kaffeetasse fallen, die sofort in viele kleine Teilchen zersprang.

Ihre Stimme war nun bloß noch ein zischendes Flüstern.

"Aus meinem Büro"

Als ich noch immer nicht reagierte wurde sie lauter. Sie schrie schon förmlich.

"Sofort!"

Schnell sprang ich auf, drückte ihr das Bild in die Hand und rannte aus dem Büro.

Verdammt was war das denn gewesen?!


She's the Webster (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt