Kapitel 14

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Alice

Was war das denn gewesen?

Ich lief ein wenig im Park umher, um abzukühlen und setzte mich anschließend auf eine kleine Bank vor einem Teich und beobachtete die Enten.

Ich seufzte und zuckte mein Handy, um mir noch einmal die Nachricht meiner Mutter durchzulesen.

Das freut mich aber!
Vielleicht bringst du ja sogar jemanden mit...?

Ich schüttelte leicht den Kopf und drückte die Nachricht wieder weg.
Meine Mutter musste unbedingt aufhören so große Erwartungen an mich zu stellen. Ich hatte noch nie jemanden mit nach Hause gebracht...simpel, weil ich noch nie jemanden zum mit nach Hause nehmen gehabt hatte.

Ich wäre nach unserer Geschäftsreise sofort zu meinen Eltern gefahren und hätte bis zum Wochenende dort geschlafen. Meine Schwester hatte ich schon ewig nicht mehr gesehen und das war ich ihr nun wirklich schuldig.

Ich hatte eigentlich vor, mir dafür Donnerstag und Freitag frei zu nehmen, aber im Moment war ich mir nicht eimal sicher, ob ich den Job überhaupt noch hatte.

Ich wusste nicht, was es war, das Miss Webster so aufgeregt hat. War es wirklich nur das Bild gewesen? Oder hatte sie einfach generell einen schlechten Tag gehabt?

In dem Moment hätte ich sie am liebsten in den Arm genommen und ihr ins Ohr geflüstert, dass alles gut wird...

Ich musste wirklich aufhören so viel über sie nachzudenken. Ja, ich gab zu, sie war eine attraktive Frau und meine Attraktion konnte man nicht leugnen, aber ich musste darüber hinweg kommen. Wunschdenken half mir in dieser Situation auch nicht weiter, ich wusste, dass Miss Webster nie das empfinden würde, was ich für sie...fühlte.

Im Moment hoffte ich einfach, dass sie sich wieder beruhigen würde und ich meinen Job behalten dürfte. Aber nach diesem Ausraster eben, war das wohl eher unwahrscheinlich.

"Alice!"

Ich drehte mich abrupt um und sah eine männlich gebaute Silhouette auf mich zukommen.

"Daniel, was machst du denn hier?"

Ich hatte ihn zwischen all diesem Drama schon wieder vergessen...was für eine schlechte Freundin ich doch war.

Er riss sich die Ohrstöpsel, die er wohl zum Musik hören benutzt hatte, aus den Ohren und nahm auf dem freien Fleck neben mir platz.

"Ich war eigentlich gerade dabei meinen täglichen 10-Kilometer-Lauf durch den Park zu starten, aber dann hab ich dich bemerkt und gedacht ich sollte dich mal wieder ansprechen. Wie geht's dir so?"

Ich musste bei dieser Frage fast höhnisch auflachen. Ironie des Schicksals.

Als mir dann letztendlich doch ein Seufzen entwich, versuchte ich dieses schnell zu überspielen und ihn stattdessen anzulächeln.

"Bei mir ist alles in Ordnung. Wie läuft's bei dir und Steve?"

Ehe war immer eine gute Ablenkung, dachte ich.

"Uns geht's fantastisch. Tatsächlich spielen wir im Moment mit dem Gedanken ein Kind zu adoptieren und die Chancen liegen gut"

Man könnte die Freude in seiner Stimme beinahe spüren, so wie er strahlte.

Und ich freute mich für sie. Ich freute mich wirklich. Aber der Gedanke daran, dass Daniel einen Ehemann und Familienpläne hatte, während ich noch nie in einer Beziehung gewesen war und stattdessen meiner unerreichbaren Chefin hinterher schwärmte...

"Nein, wirklich? Das freut mich für euch. Wir sollten unbedingt wieder einmal einen Kaffee trinken gehen, dann kannst du mir alles genauer erzählen"

Gerade als ich diesen Satz ausgesprochen hatte, bildete ich mir ein einen Schatten zwischen den Bäumen hin und her huschen zu sehen. Und dieser Schatten ähnelte unglaublich...

"Miss Webster?!"

Man konnte ein verzweifeltes Seufzen und das Knirschen verwelkter Blätter hören, bevor die knallharte Boss-Lady, die vorhin noch so ausgerastet war, schüchtern hinter den Bäumen hervor kam.

"Miss Brown- Mr. Whitinger...Ich-könnte ich Sie wohl womöglich für eine Sekunde entführen, Miss Brown?"

Man konnte ihr ansehen, dass sie Probleme damit hatte, die Wörter überhaupt über ihre Lippen zu bringen. Überrascht hatten sie mich trotzdem.

"Ich wollte sowieso gerade gehen. Wir sehen uns bald, Alice, ich melde mich bei dir!"

Und damit war Daniel weg und Miss Webster umso präsenter.

"Könnte-...darf ich mich womöglich zu Ihnen setzen, Miss Brown?"

Ihre Stimme war unsicher, ihre Körperhaltung ebenso und der Zustand, in dem sie sich befand war mir fremd.

Ich nickte nur, Angst davor meine Stimme nicht wieder zu finden, und deutete auf den Platz links von mir, auf dem Daniel davor gesessen hatte.

Als sie sich unsicher neben mir platziert hatte und dreimal tief ausgeatmet hatte, setze sie erneut an.

"Miss Brown-"

Aber ich unterbrach sie.

"Miss Webster. Denken Sie nicht, dass es nun wirklich an der Zeit ist mich beim Vornamen zu nennen, nach allem, was bisher vorgefallen ist?"

Sie seufzte kurz, bevor sie sich wieder aufrichtete und ihre Stimme eine Sänfte annahm, die ich so noch nicht erlebt hatte.

"Alice...ich möchte damit beginnen mich zu entschuldigen. Wie ich mich vorhin in meinem Büro verhalten habe war unmöglich und es tut mir leid so überreagiert zu haben. Trotzdem hatte ich dafür meine Gründe und so abkömmlich sie auch vielleicht waren möchte ich Si- dich nicht im Dunkeln lassen..."

~~~

Miss Webster hatte mir alles erzählt. Von dem geteilten Unternehmen bis hin zu dem Streit und die Beteiligung ihrer Eltern darin.

Und es wirrte nur eine Frage in meinem Kopf herum: Wieso hatte mir meine Mutter nie etwas davon erzählt?

"Kannst du jetzt ein wenig nachvollziehne, wieso ich vorhin so ausgerastet bin? Ich weiß, dass das noch lange keine Rechtfertigung-"

Miss Webster versuchte sich schon wieder zu erklären. Sich mir zu erklären. Als wäre es ihr wirklich und aufrichtig wichtig, was ich von ihr halte.

"Nein, ich verstehe schon. Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen. Ich verstehe Sie. Wen ich nicht verstehen kann sind ihre Eltern..."

Sie seufzte bevor sie in den bauen Himmel guckte und dort irgendeine Wolke fixierte.

"Ich möchte das Thema jetzt bitte hinter mir lassen, wenn das für dich in Ordnung ist. Und ich würde gerne ein wenig über die Geschäftsreise sprechen"

Mein Blick schnellte zu ihr, meine Augen weit aufgerissen.

"Sie wollen mich nicht feuern?"

Ihr Blick war, als hätte ich ihr persönlich die Kündigung auf den Tisch gelegt.

"Wieso sollte ich dich denn feuern?"

Mir fiel ein Stein vom Herzen und gleichzeitig wusste ich nicht, ob es nicht vielleicht sogar besser gewesen wäre, nicht mehr mit ihr zu arbeiten.

Denn das Herzflattern bei ihrem Anblick war noch immer nicht verschwunden.

She's the Webster (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt