5. Hydra

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Erneut dröhnte mein Kopf als hätte ich den den größten Kater. Ich stöhnte laut auf und wollte mir an die Schläfen fassen, doch meine Hände wurden von einer kalten Eisenkette hinter mir fixiert. Verwirrt blinzelte ich und sah mich um. Ich befand mich in einem dunklen Zimmer an einen Stuhl gefesselt. Wie im Film. Doch bevor ich in Panik ausbrechen konnte, wandte sich eine unbekannte Person an mich.

"Ah, das Dornröschen ist endlich erwacht." Mein Blick ging zu ihm. Er stand im Schatten, der kleinen Lampe, die über mir baumelte und nur ein wenig Licht spendete. Viel konnte ich nicht erkennen. Wobei ich mir jedoch sicher war, dass es sich bei dem Ordner in seiner Hand um einen von meiner Mutter handelte. Diesen legte er nun auf den Stapel von den anderen. Dieser Typ hatte also den Aktenschrank zu Hause ausgeräumt.

Langsam trat er in den Lichtpegel. Er trug einen Anzug, einen Hut... und eine Sonnenbrille war in die Tasche seines Anzuges gesteckt. Meine Augen weiteten sich. Es war der Typ, der mich damals angerempelt hatte. Diese Statur und die Gesichtszüge. Er war es.

"Sie...", hauchte ich fassungslos. "Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?" Ich probierte meine Stimme so fest wie möglich klingen zu lassen.

Doch er fuhr unbeeindruckt fort, und ich bildete mir ein sogar ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen erkannt zu haben.

"So viele Fragen. Nun ja, eigentlich wollten wir nur diese Dokumente." Er deutete auf den Stapel Ordner. "Doch nach deinem kleinen Unfall bist du auch ziemlich interessant für uns geworden."

"Wer ist 'uns'?"

Ein weiterer Mann betrat den Raum. Er sah eindeutig furchteinflössender aus als sein Kollege. Er hatte ziemlich stark trainierte Oberarme, über die sich auch viele Tattoos zogen. Dazu schmückte ein dunkler Bart sein Gesicht, das in ernste Züge gelegt war.

"Hydra, die Geheimorganisation deiner Mutter." Was hatte er da gerade gesagt? Spinnt der?

"Garantiert nicht", fauchte ich und funkelte ihn böse an. Auf der anderen Seite war ich mir jedoch nicht sicher, ob er das auch wirklich ernst meinte. Möglicherweise waren die Dokumente meiner Mum nur Pläne für Spielzeuge. Vielleicht sprang hier gleich ein Kamerateam aus der Ecke und klärte mich darüber auf nun Teil einer lustigen Show zu sein. Doch witzig fand ich an meinem brummenden Schädel und der Unterstellung gegenüber meiner Mutter rein garnichts.

"Ach ja? Wer hat denn dann die ganzen Pläne für moderne Massenvernichtungswaffen aufgestellt?", warf der andere Typ ein. Nun war ich baff. Die meinten das wirklich ernst. Es waren keine Spielzeuge. Niemals hatte ich auch nur ein Wort von soetwas aufgeschnappt. Geschweige denn mitbekommen. "Als unser Boss von der Sache Wind bekommen hatte, dass die Dokumente doch wieder aufgetaucht waren und du nun auch nützlich bist...Wollte er beides. Die Pläne und ein weiteres Talent."

"Schon morgen werden wir in die Hauptzentrale aufbrechen, in der du nach einigen Untersuchungen auch schon zur Waffe ausgebildet wirst. In dir steckt Potenzial, Kleines."

"Einen Scheiß werde ich tun", zischte ich und spuckte ihm vor die Füße. Doch dieser Mistkerl mit Bart lachte nur hämisch vor sich hin und faltete seine Hände.

"Werden wir schon noch sehen."

Dann wandten sich beide von mir ab und gingen zusammen in ein Nebenzimmer. Überrollt starrte ich ihnen hinter her. Und realisierte dann erst einmal mein Lage.

Ich war in keiner TV-Show.
Ich wurde entführt.
Von einer Geheimorganisation.
In der mein Mutter Mitgleid war.
Und soll da nun selbst mitmischen?!
Zudem waren da noch die Pläne für Waffen, die damals ganz und gar nicht ungefährlich aussahen.

Ich musste handeln. Aber wie?

Erneut probierte ich meine Hände irgendwie aus den Ketten zu befreien. Aus etwas rütteln, schaffte ich nichts. Doch plötzlich hatte ich einen Einfall. Zwar wusste ich nicht ob dies überhaupt klappte. Dazu hatte ich keine Ahnung wo ich war, oder wie ich hier wieder rauskam.

Ich beschloss jedoch, erst einmal diese Ketten loszuwerden und mir danach meinen Masterplan zur Flucht zu überlegen.

Ich versuchte mir in Erinnerung zu rufen, wie mich wieder die Hitze überkam und in meine Handflächen wanderte. Und es klappte tatsächlich. Sofort spürte ich die Wärme durch meine Adern fließen, bis hin in meine Hände. Fest umschloss ich die Eisenkette, schloss dazu noch konzentriert die Augen und probierte die brodelnde Hitze in mir zu kompensieren. Diese brachte ich dann in meine glühenden Hände.

Es dauerte nicht lang bis das Metall der Ketten wirklich zu schmelzen begann und über meine Finger zu Boden tropfte.

Ich hatte es geschafft! Ich hätte sofort einen Freundestanz aufführen können, doch dazu war ich eindeutig in einer zu misslichen Lage.

Schnell sprang ich auf und lief zu den Akten.

Ein Fluchtplan musste her. Doch ich könnte es niemals schaffen die ganzen Ordner mitzunehmen und dazu noch unbemerkt hier raus kommen. Aber ich konnte diese Pläne auch nicht dieser komischen Geheimorganisation überlassen.

Angestrengt dachte ich nach und kam zu einem Entschluss. Ich wischte mir den Schweiß aus der Stirn und seufzte leise. Das war zwar jetzt eine sehr dumme Idee, aber was blieb mir anderes übrig?

Ich hob einen Ordner an, umfasste in fest, konzentrierte mich wie gerade eben, und schaffte es tatsächlich das Papier in Flammen zu setzen. Zügig legte ich ihn zu den anderen und wollte gerade nach dem Nächsten greifen, als sich die Tür neben mir öffnete und wieder schloss.

"Mein Boss will dich jetzt scho-"

Doch weiter kam mein Entführer nicht, denn ich hatte in Windeseile nach dem Stuhl gegriffen und ihm mit enormer Wucht über den Kopf geschlagen. Hah! Das war für die Gehirnerschütterung, du Mistkerl!

Mit einem letzten Blick auf den nun in Flammen stehenden Stapel Akten, drehte ich mich um und sprintete zu der Tür, an der ich den Ausgang am ehesten vermutete. Viel Auswahl gab es nicht, da es hier nur zwei davon gab.

Gerade als ich die schwere Tür aufriss, öffnete sich auch die andere und der Bart-Typ stürmte hinein. Oh und sein Blick war wütend, sehr wütend, als er die Lage erkannte.

Ich hechtete aus dem Gebäude und lief sogleich in einen Innenhof. Ich sah mich um. Scannte alles nach einem Weg nach draußen ab und-

"Stehenbleiben!", schrie der Typ hinter mir. Sofort zuckte ich zusammen und fuhr herum. Er stand mit auf mich gerichteter Waffe im Türrahmen. Meine Beine zitterterten und mein Magen drehte sich einmal um seine Achse. Ich schnappte nach Luft und wich etwas zurück.

Ehe einer von uns beiden reagieren konnte, hörte ich ein lautes Pfeifen und ein Pfeil raste in die Brust meines Gegenübers. Direkt sackte er leblos in sich zusammen.

Innerhalb weniger Sekunden, nahm ich auch schon meine Beine in die Hand und rannte in Richtung Eingangstor. Ein erneutes Pfeifen ertönte. Doch der Pfeil landete nicht in meinem Rücken, sondern einige Zentimeter vor mir im Boden.

Erschrocken zog ich Luft ein, stoppte kurz und sprang im nächsten Moment auf die Straße hinaus. Überall waren Menschen, die wirr durcheinander liefen. Ich schlängelte mich durch die Massen. Immer noch hatte ich keine Ahnung wo ich war. Scharf bog ich rechts ab und sprintete in eine Seitengasse.

Ich rannte ein Stück, bis jedoch an einer Mauer aufgehalten wurde. Verdammt! Meine Lunge pumpte wie verrückt und ich stützte mich an der Wand ab. Erst jetzt bemerkte ich auch das schmerzhafte Stechen in meiner Seite.

Doch lange konnte ich so nicht stehen bleiben. Mit einem lauten Zischen landete ein Pfeil links und ein Pfeil rechts von mir in der Wand. Zitternd drehte ich mich um und griff nach einem Holzstück, das neben mir lag. Vergeblich probierte ich es in Brand zu setzen. Nichts geschah. Das was vorhin bei den Ordnern und der Kette so perfekt geklappt hatte, ließ mich gerade komplett im Stich.

"Gib auf", forderte der Mann vor mir mit gespannten Bogen, der auf mich gerichtet war. Ehrlich gesagt, sah er aus wie Robin Hood mit seinen braunen kurzen Haaren, dem Bogen in der Hand und dem Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken.

Ein letztes Mal sah ich in sein Gesicht, bis meine Beine auch schon an Halt verloren und ich ohnmächtig auf den Boden sackte.

Das war eindeutig zu viel für einen Tag.

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