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Im Konbini arbeite ich jetzt bereits ein paar Wochen, das Schuljahr ist fast zu Ende und jetzt startet die letzte Klassenarbeitsphase. Die anderen wissen außerdem immer noch nicht, dass ich am Wochenende nachts arbeite. Nicht einmal Taehyung, da er an den letzten Wochenenden nicht bei mir war. Ich weiß auch wirklich nicht ob das momentan so gut ist, meine Eltern, vor allem meine Mutter regt sich inzwischen täglich darüber auf wie gestört er doch sei da er sich verletzt. Und ich weiß wirklich noch nicht, was passiert falls sie das bei mir jemals herausfinden...

Jedenfalls, heute ist Freitag und wir sitzen alle zusammen in einer Bibliothek, sogar Yoongi konnten wir überreden und er hat sich von seiner Arbeit Zuhause losgerissen. Er will ja auch gute Noten schreiben, aber ihm ist diese Arbeit nun mal wichtiger. Die gesamte Lage hat sich in der letzten Woche endlich ein wenig beruhigt. Oder jeder behält es für sich, das kann ich nicht sagen. Jedenfalls ist Jungkook über die ganze Sache mit seinem "Crush" hinweg und bekommt auch keine komischen Blicke mehr, Taehyungs Vater reißt sich aktuell ebenfalls zusammen und schlägt ihn sehr selten. Yoongi hat nicht mehr ganz so viele Sorgen, da er ja jetzt für seine Arbeit als Produzent vernünftig bezahlt wird. Der einzige, dem es nicht so gut geht ist Namjoon, er macht sich zunehmend mehr Sorgen wegen den Klassenarbeiten und stresst sich jetzt schon wegen den Abschlussarbeiten in einem Jahr. Wir kommen schließlich jetzt in die zwölfte und das ist unser letztes Jahr. Merkwürdiges Gefühl. Aber danach kann ich immerhin ausziehen und bin befreit von meiner Mutter. Lange halte ich diesen Psychoterror nicht mehr aus, sie sit einfach unglaublich.

Aber Namjoon bleibt mir weiter ein Sorgenfall. Er darf sich nicht so stressen, das führt nur zu psychischen Problemen. Ich weiß ja, dass er Jura studieren will und das sehr schwer wird, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich gut für ihn ist.

"Also wie wäre es damit, jeder sucht hier Infos zu seinem Thema raus und danach vergleichen wir alles und stellen uns gegenseitig Aufgaben? Dann muss nicht jeder allein durch das ganze durcharbeiten und die Notizen könnten wir kopieren und teilen." Namjoon schaut uns an und hält uns einen Lernplan entgegen. Alle stimmen zu und nachdem Jin für alle eine Dose Kaffee gekauft hat fangen wir an zu recherchieren. Diese nächsten Wochen könnten anstrengend werden...

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Und da stehe ich wieder. Es ist ein Uhr nachts, im Konbini hinter dem Tresen ist absolut nichts los, weshalb ich sogar Momente wie diese zum Lernen benutze. Denn am Montag schreibe ich eine Klausur in meinem schlechtesten Fach und die darf ich auf keinen Fall verhauen. Nicht mit so einer Mutter...

Doch dann tropft der erste von wahrscheinlich vielen Tropfen Blut aufs Papier meines Buchs. Wieso habe ich jetzt Nasenbluten verdammt!? Einhändig zupfe ich mir ein Taschentuch aus der Tasche und halte es unter meine Nase, daraufhin mache ich mich auf den Weg zur Toilette. Es sind aktuell eh keine Kunden hier und mein Kollege ist ja auch noch da.

Dort nehme ich das Taschentuch aus dem Gesicht und halte meinen Kopf über das Waschbecken, sodass das Blut rauslaufen kann. Lieber verschwende ich ein paar Minuten so, als den Kopf in den Nacken zu legen und das ganze Blut in den Rachen laufen zu lassen. Davon bekomme ich nur Magenprobleme und das kann ich gerade nicht gebrauchen.

Langsam wird mir schwindelig von dem ganzen Mist...

"Hey, alles okay? Du bist schon so lange im Ba-Was ist hier passiert?!" Geschockt schaut mein Kollege, welcher gerade in den Waschraum gekommen ist, auf das blutverschmierte Waschbecken. Als er realisiert, dass ich einfach nur Nasenbluten habe entspannt sich sein Blick zwar etwas, aber er wirkt irgendwie besorgt.

"Ja, bin in fünf Minuten wieder vorne. Keine Ahnung woher das jetzt kommt, vielleicht habe ich gestern Nacht zu lange gelernt." Nachdem die Blutung langsam versiegt ist richte ich mich wieder auf und entferne das ganze Blut von meiner Oberlippe und Nase.

"Ich glaube eher du bist überarbeitet, du bist total blass und deine Augenringe sehen er aus wie schwarze Löcher! Am besten gehst du für heute nach Hause, ich sage dem Chef auch nichts. Und so wenig Kunden wie heute da sind schaffe ich das mir nichts, dir nichts allein."

Nachdem er sich nochmal versichert hat, dass es mir besser geht schiebt er mich aus dem Waschraum und holt ohne Widerspruch zu dulden meine Tasche aus dem Pausenraum, mein Buch, was noch an der Kasse lag gibt er mir ebenso. Ich muss mich ein wenig am Tresen abstützen um nicht umzukippen, wieso ist mir nur so verdammt schwindelig.

"Mir geht's gut, jetzt lass mich doch weiter arbeiten!" Bringe ich mit halbwegs fester Stimme heraus, aber dass er mir nicht glauben wird war mir ohnehin schon klar. Einen Versuch ist es wert.

"Ja, das sieht man. So wie du dich da abstützt. Du fährst jetzt nach Hause und schreibst mir wenn du sicher angekommen bist! Nicht, dass du mir noch zusammenklappst. Und jetzt los." Mit einem etwas besorgten Blick schiebt er mich zur Tür des Ladens, wo ich mich endlich geschlagen gebe und nach Hause fahre.

Wiederstand bringt nichts und ich könnte wirklich gleich umfallen, am besten fahre ich jetzt schneller Fahrrad. Doch genau dieser Plan wird mir wenige Meter vor unserem Haus zum Verhängnis. Denn genau ich gerade in meine Straße einbiege wird mir schon dem schnellen Atmen so schwindelig, dass ich anhalten muss.

Benommen schiebe ich mein Fahrrad bis zu unserer Haustür, dort lasse ich es einfach achtlos stehen und halte mich an der Tür fest während ich sie aufschließe. Mein Blick verschwimmt immer mehr und langsam sticht es in meinen Schläfen.

"Hoseok bist du das?" Na toll, gerade nachdem ich meine Tür geöffnet habe liegt mir direkt die Stimme meiner Mutter in den Ohren.

"Wieso bist du schon da, schwänzt du?"

"Mir....geht's nicht gut." Ich halte mich an der Wand fest, schaffe es nicht einmal meine Schuhe auszuziehen, aber das wird sie mir wohl dennoch nicht glauben.

"Wie "nicht so gut"? Das kannst du dir nicht leisten im Moment, du musst doch lernen. Deine erste Klausur ist morgen und auch noch in deinem schlechtesten Fach. Aber so viel Freizeit wie du hast müsstest du doch auch da bester werden können, lern einfach mehr! So schwer kann das doch nicht sein. Du musst Einsen schreiben und bester werden, sonst bekommst du keinen guten Job. Außerdem musst du unsere Familie dich gut repräsentieren, du bist so undankbar, dass du dir nicht einmal dafür Mühe gibst!...."

Immer wieder die selbe Leier, was für ein schlechter Sohn ich doch bin, wie undankbar ich doch sei und all sowas. Aber mittlerweile bin ich mir im Klaren darüber, dass sie recht hat. Ich lerne wirklich nicht genug und bin ein Weichei. Dass ich mich wegen Nasenbluten krankmelde, ist wirklich jämmerlich...

"....wenn du so weiter machst endest du noch wie Taehyung, dieser undankbare Junge hat so schlechte Noten und was macht er dagegen? Schneidet sich wie ein Psycho wegen den Schuldgefühlen. Wenn er mal überlegt, was er seinem Vater damit antut, das-" Ich fahre aus der Haut.

"Was er seinem Vater damit antut? Er seinem Vater? Hast du auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, dass es auch andersrum sein könnte. Sein Vater ist der Alkoholiker. Er vernachlässigt seine Kinder. Außerdem sein Vater ist der, der ihn immer schlägt, der ihn immer dazu zwingt außerhalb zu schlafen um nicht betrunken von ihm erdrosselt zu werden. Sein Vater verletzt ihn psychisch und physisch die ganze Zeit über und jetzt wo er das alles nicht mehr aushält und dieses Gefühlschaos irgendwo entladen muss ist er der Böse, ich glaube das nicht!?" Nach meinen Ausraster versuche ich ihr in die Augen zu schauen, doch es gelingt mir nicht. Ich zittere so sehr, außerdem ist vor meinen Augen alles verschwommen. Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten, wenn ich mich nicht in den nächsten Minuten hinsetze, falle ich wirklich um. Doch dann passiert etwas schockierendes.

Meine Mutter greift in ihrer Wut zum nächstbesten Gegenstand und wirft ihn nach mir! Es war ein Weinglas vom Tisch neben mir. Es zerklirrt direkt neben meinem Ohr und einige Splitter stecken in meiner Wange. Doch die Kraft sie herauszuziehen habe ich nicht mehr.

Und als sie mich dann auch noch mit voller Wucht, genau auf die Scherben, ohrfeigt ist alles vorbei. Stechender Schmerz in meiner Wange und in meinen Schläfen. Ich spüre, wie Blut von meiner Wange auf den Boden tropft. Dann ein Pfeifen im Ohr.

Es wird immer lauter und lauter bis es so unerträglich wird, dass mir schwarz vor Augen wird und ich in den Scherbenhaufen zu meinen Füßen zusammensacke....

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Therapy° ~ Hoseok FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt