Was er ist und was er war ...

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Altersfreigabe: ab 16
Genre: Drama
Setting: Post-War
Inhalt: ... das wird uns erst beim Abschied klar. Hermine erkennt einen anderen Menschen in ihrem ehemaligen Lehrer, als sie zu kennen glaubte. Und dieser Mensch hat noch etwas für sie geplant.
Hauptcharaktere: Hermine Granger, Severus Snape
Kommentar: Ich denke, ab dem dritten Mal kann man etwas als Tradition bezeichnen. Meine ist es, in der Nacht von Silvester einen Einteiler zu schreiben und diesen an Neujahr zu posten. So also auch dieses Jahr. :)
Warnings: Character Death
Audiobook: MarieSnape hat die ursprüngliche, nicht überarbeitete Version dieser Geschichte vertont. Ihr findet das Hörbuch in der Verlinkung.

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Die Wand ihr gegenüber stürzte ein, als der Orden den Versammlungssaal stürmte. Das Krachen war ohrenbetäubend. Gesteinsbrocken zerstörten die feinen Fliesen. Staub stieg in die Luft. Der Dunkle Lord verstummte mitten in seiner Rede. Hermine schluchzte vor Erleichterung.

Nach einem Moment der Starre wurden Rufe und Schreie laut, Flüche rasten durch die Luft, noch mehr Mauerwerk fiel in sich zusammen. Die Steine schlugen nur Zentimeter von ihren nackten Füßen entfernt auf den Boden, kleinere Steine und Splitter stachen ihr in die Zehen, schnitten ihre Haut auf. Als der Kampf sich in dem riesigen Saal ausbreitete, begann auch die Wand, an die sie gekettet worden war, zu schwanken. Aber sie brach nicht zusammen. Hermine war weiterhin dazu verdammt, ihre Blöße jedem zu offenbaren, der einen Blick in ihre Richtung warf.

Aber was beklagte sie sich? Sie konnte froh sein, dass die Todesser nicht übers Gaffen hinaus gekommen waren. Die Scham würde vergehen.

Trotzdem starrte sie stur auf den Boden. Sie wollte nicht sehen, wer gerade starb. Sie wollte nicht sehen, wem sie nicht helfen konnte. Erst als ein Paar schwarzer Stiefel sich aus der Menge löste und auf sie zu lief, sah sie hoch – und schrie. Die weiße Maske war mit Blut bespritzt, die schwarze Kapuze hing tief ins Gesicht. Der Todesser wich mehreren Leuten aus, er hatte ein Ziel: Vollenden, was sie bisher versäumt hatten.

Hermine versuchte in die Hocke zu gehen, aber die Ketten an ihren Armen ließen ihr nicht viel Bewegungsfreiheit. Ihr Herzschlag rauschte so laut in ihren Ohren, dass sie kaum etwas hören konnte. Sie weinte, kämpfte gegen die Ketten, schrie: „Bitte! Bitte nicht!" Die Fesseln schnitten sich in ihre Handgelenke und Splitter trieben tief in ihre Füße, als sie auf dem glatten Boden wegrutschte. Der übertrieben wuchtige Kronleuchter, der in der Mitte des Saals an der Decke hing, zitterte klirrend und erlosch, so dass sie in beinahe komplette Dunkelheit gehüllt wurden. Nur die Flüche waren wie ein Blitzlichtgewitter.

Dann war der Todesser bei ihr. Hermine kniff die Augen zusammen und drehte sich weg. „Bitte nicht!", wimmerte sie wieder.

„Hören Sie auf zu schreien!"

Sie erstarrte. Diese Stimme ... sie hatte von ihr gelernt zu gehorchen. Langsam drehte sie sich um und sah mit großen Augen hinauf zu dem Mann, der sie sechs Jahre lang vor Kesseln erniedrigt hatte.

Severus Snape nahm die Todessermaske ab und wischte sich die Kapuze und das Haar aus dem Gesicht. „Protego!", murmelte er und es wurde ein bisschen stiller um sie herum.

„Professor Snape", hauchte Hermine und schöpfte trotz allem, was passiert war, ein bisschen Hoffnung. Trotz seines Verrats, trotz des Misstrauens, das der Orden ihm entgegenbrachte, trotz besseren Wissens. Er hätte sie töten können, er hätte sich ihr nicht zeigen müssen.

Er sah sie scharf an, während er sich den Todesserumhang auszog und danach auch noch seinen eigenen. „Wir müssen Sie hier rausschaffen", murmelte er und sah sich hektisch im Versammlungssaal um. Den Todesserumhang warf er in den Schutt, seinen eigenen hielt er fest, während er ihre Fesseln löste. „Hier, ziehen Sie sich das an!"

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