my golden habit || L.S. [OS]

it's been ages... || ❅- fluff

"Unfassbar, was Julie hier für Geschütze auffährt..." murmle ich, als ich vorsichtig mit den Fingerspitzen über das Geweih des geschnitzten Holz-Rentiers vor mir streiche. Liam nickt zustimmend. "Ja, niemand liebt Weihnachten so wie sie, sie lebt für diese Weihnachtsparty, die sie jedes Jahr schmeißt."

Das ist wohl definitiv nicht übertrieben. Die komplette Villa unserer Jugendfreundin sieht aus wie das Heim des Weihnachtsmannes, alles glitzert und funkelt, selbst die Gästetoilette hat einen eigenen Adventskranz. Auch das Buffet würde jeden amerikanischen Kitsch-Film neidisch machen und die Auswahl an winterlichen Getränken lässt jeden Weihnachtsmarkt alt aussehen. Im Hintergrund laufen leise Weihnachtsklassiker und das ganze Haus riecht angenehm nach Plätzchen.

Wer hier nicht in Weihnachtsstimmung kommt, ist der Grinch höchstpersönlich.

Ich nehme einen Schluck aus meinem Glühpunsch und murmle "Bin wirklich froh, dass du mich hergezerrt hast. Nachdem die letzten Wochen so stressig waren, ist es doch irgendwie ein schönes Gefühl, mal wieder etwas Weihnachten im Herzen zu haben." Mein langjährigster Freund grinst mich wissend an. "Hab ich dir doch gesagt, du wirst immer müde und kaputt bleiben, wenn du nicht wieder ein wenig Schwung in die alte, rostige Hüfte bringst." Entgeistert blinzle ich ihn an. "Witzig, Payne. Du weißt, dass meine Hüfte nichts mit meinem Alter zu tun hat." Er lacht auf. "Und DU weißt, dass ich dich gerne damit aufziehe, Harry."

Er kneift mir sanft in das weiche Gewebe über besagter Hüfte, die mir tatsächlich bereits vor knapp 30 Jahren Probleme machte, seitdem aber natürlich auch nicht besser geworden ist. Schon mit Mitte 20 machte sich die Beckenschiefstellung bemerkbar und hat mir als Fotograf, der immer neue Winkel ausprobieren wollte, eine Menge Steine in den Weg geschmissen. Mittlerweile kann ich ganz gut damit leben, doch Schmerztabletten, Krankengymnastik und erzwungene Ruhephasen sind fester Bestandteil meines Alltags.

Einen Moment lasse ich meinen Blick durch den Raum wandern, während ich erneut meinen Rentierbecher ansetze. Ich kenne wirklich einige der Gäste. Viele von Ihnen habe ich lange nicht gesehen, habe heute bereits mit einigen von ihnen ausgiebig gequatscht, was meiner Seele, die die vergangen Wochen des Vorweihnachtsstresses ziemlich einsam geworden war, wirklich gut getan hat.

Als ich einen Blick aus dem Fenster werfe und die hübschen Lämpchen in den Rosenbüschen einen Moment beobachte, erblicke ich in der Spiegelung der Scheibe plötzlich ein Gesicht, das mir einen Gänsehautschauer über den Rücken jagt. Ich brauche einen Moment, bis ich den Winkel richtig interpretiere und die entsprechende Stelle im Raum finde, doch dann sehe ich ihn.

Obwohl Liam gerade im Gespräch ist, ziehe ich ihn am Ärmel näher und raune "Li, ist das wer ich denke, wer er ist?" Ich spüre den rasenden Puls an meiner Halsschlagader und weiß nicht mal warum mich das schlagartig so nervös macht. "Aaaaaach, wie cool ist das denn?" ist seine Antwort, weshalb ich ihn unsicher ansehe. "Bist du sicher, dass er es ist?" Er stupst mich mit dem Ellenbogen an. "Natürlich ist er das, tu doch nicht so, als würdest du deine erste große Liebe nicht erkennen."

Als der Mann, den wir beobachten, dann zu Lachen beginnt, müssen auch wir beide schmunzeln.

"Definitiv Louis." sagen wir wie aus einem Mund.

"Worauf wartest du, willst du nicht Hallo sagen?" fragt Liam dann, als ich einen weiteren Schluck aus meinem Punsch nehme. "E-Er unterhält sich doch gerade..." murmle ich und wische mir die schwitzige Hand an der Hose ab. "Das wird sich den ganzen Abend nicht ändern, Styles. Er stellt sich sicher nicht alleine in eine Ecke und wartet drauf, von dir angesprochen zu werden."

Ich gebe ein leises, zittriges Schnaufen von mir. Nie hätte ich gedacht, dass es mich schlagartig so aus den Socken haut, ihn wieder zu sehen. Nein, viel eher hätte ich nicht mal damit gerechnet, ihn überhaupt jemals wieder zu sehen.