Mit verschränkten Armen und einem Gesicht, dass selbst eine Gewitterwolke vertrieben hätte starre auf das weiße Plastik des Tisches. Vielleicht bringe ich den Kunststoff dazu, sich in warmen Käse zu verwandeln und die Stühle dieser ganzen Arschgeigen um mich herum am besten gleich mit. Vielleicht bleiben sie dann am Boden kleben wie Fliegen an der Fliegenfalle und ich habe endlich drei Sekunden, um das weite zu suchen. Am besten nach Asien oder so. Hauptsache ganz weit weg. Wobei das ohne Privatflieger eventuelle etwas schwierig werden könnte.
Vielleicht sollte ich mal etwas Licht ins Dunkel der Ungewissheit bringen. Auch wenn Elektrikerin jetzt nicht unbedingt zu meinem Traumberuf gehört. Meine Beine und die Decke sind nicht unbedingt die besten Freunde, zumal besagte Beine minimale Schwierigkeiten haben, meinen Körper so weit zu heben, dass ich an die Decken kommen würde. Und ich rede hier von stinknormalen Decken und keinen unnötig hohen wie in diesen alten Dingern von Schlössern. Aber ich schweife ab.
Jedenfalls hat sich mein Warnsinn nicht getäuscht. Dafür hat er allerdings die Situation nur mit dem Kleber »beunruhigen« etikettiert und nicht wie nötig mit »Fluchtalarm!« und am besten noch ein paar Extraausrufezeichen dazu. Wie sich nämlich herausstellte, besitzt die Nervensäge noch weniger Grips in seiner Birne, als Potential für eine Freundschaft mit meiner bescheidenen Wenigkeit.
Alleine die Idee, ich würde ihm helfen, ist so hirnverbrannt, dass man mich entweder so gut kennt wie einen Toten, dessen Namen man gerade zum ersten Mal auf einem Grabstein ließt oder man ist so selten dumm, dass es schon nicht mehr gesund sein kann. Wobei letzteres wohl auf gut zweidrittel der Menschheit wie die Faust aufs Auge passt. Es ist nicht so, dass ich prinzipiell jegliche Hilfe verweigere, aber ich bin genauso so sehr eine Mutter Teresa wie Hitler ein toleranter Demokrat war. Wer hilft, muss sich auf Menschen einlassen und was das wiederum bedeutet, muss ich wohl kaum erklären.
Und selbst wenn ich die Großzügige spielen würde, wüsste ich nicht, wie ich helfen könnte. Ich bin weder ein Genie, noch ein magische Lösung aller Probleme. Wenn ich so etwas können würde, hätte ich mich schon längst umgebracht, weshalb ich mit vollkommener Sicherheit sagen kann, dass Kians Vorschlag definitiv nicht darauf beruht.
Pummelchen sah das wohl ganz ähnlich. Sein Gesicht zeigte genauso viel Unverständnis, wie mein in Sarkasmus getränkte Zunge Kian an den Kopf werfen wollte. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz...«, gab Pummelchen schließlich von sich und blickte erst Kian an, dann bedachte er mich mit einem entschuldigenden Blick, als hätte er es geschafft, mich irgendwie zu verletzten. Am liebsten hätte ich ihn belächelt und gesagt, dass es dazu weitaus mehr braucht, allerdings entschied sich die Nervensäge in diesem Moment, eine Antwort aus seinem Mund zu spucken.
»Sie sieht aus wie Skyla und wenn man Nico glauben schenken darf – was ich im übrigen tue – scheint ihr auch die Schauspielerei zu liegen«, klärte die Nervensäge das immer noch verwirrte Pummelchen auf und sorgte gleichzeitig dafür, dass ich in meiner Drehung beinahe dem Pummelchen über die Füße fuhr.
Mit herauszuforderndem Blick bombardierte ich mein ach so beste Freundin, die offenbar ihren verdammten Schnabel vor Kian nicht halten konnte. Wann genau sie Zeit gehabt hatte, ihm mal eben meine ganze Lebensgeschichte – oder so ähnlich – zu erzählen, fiel mir erst im zweiten Moment ein. Automatisch verzog sich mein Gesicht zu so etwas, dass man irgendwie noch als Schuld sehen konnte. Es musste der Tag gewesen sein, als wir das zweifelhafte Vergnügen hatten, die Nervensäge aus nächster Nähe zu erleben und es danach zu diesem beschissenen Missverständnis gekommen war. Auch wenn ich gerade nicht übel Lust hatte, Nico unter die Erste zu bringen, musste selbst ein gestandener Miesepeter wie ich zugeben, dass ich nicht wirklich das Recht an einem Mord hatte. Weshalb ich mich dann doch gegen die Unter-die-Erde-bringen-Option entschied. Zumal ich nicht so skrupellos war, meine Freundin killen zu können. Aber das musste ja nicht unbedingt jemand wissen.
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Engel haben keine Flügel
Teen Fiction»Du bist wie ein Engel ohne Flügel« »Und wer sagt, dass Engel Flügel haben?« *** Wenn man einen sprechenden Kater und die Fähigkeit, Auren zu sehen besitzt, kann man mit Fug und Recht behaupten, sein Leben sei alles andere als normal. Falls man dann...