12 - Prinzessin Lillifee

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»Ach du heiliges Makkarönchen! Ich dachte, hier ist eine Dreißigerzone!«, ächzt das Opfer meines ungewollten Überfalls und rollt sich auf den Rücken. Ungläubig blicke ich die Person an. »Heiliges Makkarönchen?« Was ist dass denn für ein Ausdruck?

Plötzlich hebt das seltsame Ding ruckartig seinen Kopf und blickte mich aus großen, hellgrünen Augen an. Der Blick ist so durchdringend, dass ich mich wie das nächste Versuchskaninchen eines verrückten Professors fühle. Ich zucke unweigerlich zurück.

Trotzdem schaffe ich es nicht wie ein sozialinkompentes Miststück davon zu fahren. Auch wenn dieses Mädchen vor mir nicht so aussieht, als hätte sie irgendwelche Schäden davon getragen. Jedenfalls keine körperlichen. Und so einen krassen Dachschaden kann ich auch nicht verursacht haben.

»Sorry«, presse ich mühevoll heraus und unterdrücke das Bedürfnis, wie eine Irre auf der Flucht wegzurasen. Selbst wenn mein Fluchtinstinkt bei ihrem Blick beinahe übermächtig wird.

Eilig wende ich den Blick von ihr ab und rollere schnell weiter. Ich komme geschlagene drei Meter, bevor ihre nervige Stimme mich erreicht.

»Sorry? Nicht mehr? Oh Brokkoli, du bist ja noch wortkarger als Aric!« Ich ignoriere ihre Worte gekonnt und fahre unbeirrt weiter. Wie alt ist dieses Mädchen bitte? Sieben? »Brokkoli«. Als ob sie ernsthaft Gemüse für eine Beleidigung benutzt!

»Hey! Blondchen! Asozial sein geht auch einfacher!«, brüllt sie mir erneut hinterher. Ich bleibe überrascht stehen und muss eingestehen, dass ich der Irren solche Worte nicht einmal im Alptraum zugeschrieben hätte. Na das sind doch mal ganz neue Töne!

»Mir auf die Nerven zu gehen, geht auch viel einfacher! Da reicht meist nur die Anwesenheit von bestimmten Arschgeigen aus!«, kontere ich und drehe mich nun doch um. Wer weiß, ob sie mich nicht von hinten überfällt und absticht.

»Du kannst ja doch reden!«, ruft sie aus und beginnt zu grinsen. Ich rolle mit den Augen. Was soll das denn jetzt heißen? Dass ich, nur, weil ich im Rollstuhl sitze, nicht genügend Gehirnschmalz für das Aussprechen von Worten besitze? Na danke auch!

»Manche Menschen nutzen ihr Sprechorgan eben nicht, um Scheiße von sich zu geben«, gebe ich süffisant lächelnd zurück und warte darauf, dass dem Mädchen ihre verdammte Klappe zufriert. Aber sie überrascht mich. Denn statt mich dümmlich anzublinzeln, als wäre ihr Hirn plötzlich aus dem Kopf gefallen, mimt sie nur mein Lächeln nach und hebt provokant eine Augenbraue.

»Bei manchen Menschen erkennt man die Intelligenz halt erst auf den zweiten Blick«, sagt sie dann mit ihren geklauten Fake-Lächeln und blitzt mich aus hellgrünen Augen munter an.

Ich komme nicht umhin, zu bemerken, dass dieses Mädchen, so durchgeknallt sie auch scheint, nicht dumm wie ein Backstein ist und Sarkasmus nicht nur versteht, sondern ihn auch gegen mich verwenden kann. Nur bin ich mir nicht sicher, ob ich sie dafür vom Eiffelturm schmeißen sollte oder lieber doch nicht.

»Stimmt. Und bei manchen springt sie einen schon an, bevor man auch nur ein Wort mit ihnen gewechselt hat.« Immer noch habe ich mir das süffisante Lächeln ins Gesicht genagelt und sehe bestimmt aus, wie ein Clown, der versucht, nicht psychokillermäßig zu lächeln und damit eventuell Kinder in die Hölle ihrer Fantasie zu schicken.

»So wie bei dir?«, fragt die Irre unschuldig nach und meine Mundwinkel ziehen sich unweigerlich in die Höhe. Endlich mal jemand, der nicht sofort den Schwanz wie ein verängstigter Hund einzieht!

»Eher wie bei dir«, gebe ich genauso unschuldig von mir und auch das Mädchen beginnt zu grinsen. Wie von selbst verzieht sich mein Mundwinkel zu der gleichen Mimik, sodass ich plötzlich ehrlich grinse.

Engel haben keine FlügelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt