»Woah, lass mich am Leben!«, erklingt Kians amüsierte Stimme und versetzt meine Nerven prompt in Lebensangst. »Glaub mir, ich würde der Menschheit damit keinen Gefallen tun!«, schieße ich zurück und werfe einen kurzen Blick auf ihn. Ein leichtes Lächeln ist auf seinen Lippen zu sehen. Yey! Nervensäge Ahoi!
»Ich denke, da werden dir viele Widersprechen«, gibt er mit einem albernen Zwinkernd von sich, spricht aber eilig weiter, als er sieht, wie ich meinen Mund öffne. »Aber eigentlich bin ich wegen etwas ganz anderem hier.«
Nicht, dass er meine Neugierde damit aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt hätte, aber es wäre schon ganz nett eine Vorwarnung auf das Folgende zu bekommen, bevor ich mit dem Kopf voraus in das eiskalte Becken der Antarktis falle.
Als er nach drei Sekunden immer noch nicht mit der gottverdammten Sprache raus gerückt ist, drehe ich mich schließlich genervt zu ihm um. »Wird das heute noch was oder stehen wir noch an Weihnachten hier?«
Sein Mundwinkel zuckt leicht. »Adam hat nach dir gerufen. Die nächste Szene steht an.« Mit einem abschätzigen Blick fahre ich weiter durch die schier unendlichen Reihen an Wohnwägen in Richtung Drehort. »Und sehe ich für dich so aus, als wäre ich ein Hündchen, dass sofort kommt, wenn das Herrchen pfeift?« Diese Frage ist rhetorisch und vollkommen als Metapher anzusehen, versteht sich.
»Irgendwie ja schon«, antwortet die Nervensäge, die nach gerade einmal drei Schritten mit mir auf einer Höhe war und nun gemütlich neben mir her läuft, als würde sie mit ihrer Anwesenheit nicht meine Laune verpesten. Wobei, die ist auch so nie sonderlich gut.
Mit einem scharfen Blick versuche ich, seinen Kopf zu durchbohren, bin dabei allerdings genauso erfolgreich, wie mit einer Nadel einen Stein zu durchbohren. Abwehrend hebt Kian die Hände, als könne er sich so vor meinem imaginären Angriff sichern. »Was? Bist du etwa nicht gerade auf dem Weg zum Drehort?«
Mit einem genervten Laut wende ich mich wieder von ihm ab und bedenke stattdessen das umgeknickte Gras auf dem Boden mit giftigen Blicken. »Übrigens wollte ich dir noch sagen, dass deine Performance gerade eben echt gut war«, beginnt Kian, gerade als ich dachte, endlich in Frieden weiterfahren zu dürfen. Ohne gehirnschädliches Geplapper.
»Ich saß in einem Auto und habe aus dem Fenster gestarrt. Das kann jede Amöbe, selbst die ganz hoffnungslosen Fälle!« Um meine Worte den nötigen Unterton zu verpassen, hebe ich widerwillig den Kopf und schenke ihm einen skeptischen Blick.
»Sag das noch mal und versuch diesmal, etwas überzeugender zu wirken«, fordert mich die Nervensäge, ohne mit der Wimper zu zucken auf und erst da wird mir bewusst, dass mein fahrbarer Untersatz aufgehört hat, sich von der Stelle zu bewegen. Wenn meinem Rollstuhl jetzt Wurzeln gewachsen sind, habe ich ein ernsthaftes Problem.
»Warum sollte ich?« Ich fahre wirklich alle Geschütze auf, mir meinen Anflug von Verwirrung nicht anmerken zu lassen, aber irgendwas sagt mir, dass die Nervensäge es trotzdem mitbekommt.
Mal ganz davon abgesehen, dass mein Herz vor Panik beinahe einen Kollaps bekommt, als er seinen Kopf etwas zu mir heruntersenkt, damit ich seine folgenden Worte auch ja nicht als unverstanden abstempeln kann.
»Weil du lügst. Du machst deine Leistung schlecht, warum auch immer. Sei doch einfach so gnädig zu dir und gesteh' dir ein, dass du deine erste Szene mit Bravour gemeistert hast!«, wagt er doch tatsächlich zu sagen.
Langsam nicke ich. »Ah ja. Alles klar. Dir ist aber schon bewusst, dass du nicht ich bist und somit auch keine Ahnung hast, wie ich meine Leistung sehe, oder?«, will ich gespielt ruhig wissen, während in meinem Inneren die Wut zu glühen beginnt.
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Engel haben keine Flügel
Roman pour Adolescents»Du bist wie ein Engel ohne Flügel« »Und wer sagt, dass Engel Flügel haben?« *** Wenn man einen sprechenden Kater und die Fähigkeit, Auren zu sehen besitzt, kann man mit Fug und Recht behaupten, sein Leben sei alles andere als normal. Falls man dann...