Kapitel 32 ✔️

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E R Z Ä H L E R

Vor seinen Augen glitzerte etwas Goldenes.
Der Schnatz!
Er versuchte nach ihm zu greifen, doch seine Arme waren zu schwer.
Er blinzelte.
Es war gar nicht der Schnatz.
Es war eine Brille.
Wie merkwürdig.
Er blinzelte wieder.
Das lächelnde Gesicht von Albus Dumbledore tauchte verschwommen über ihm auf.
„Guten Tag, Harry.", sagte Dumbledore.
Harry starrte ihn an.
Dann kam die Erinnerung:
„Sir! Der Stein! Es war Quirrell! Er hat den Stein! Und Luna ist verletzt! Sir, schnell -"
„Beruhige dich, mein Junge. Du bist nicht ganz auf der Höhe der Ereignisse.", sagte Dumbledore. „Quirrell hat den Stein nicht."
„Wer hat ihn dann? Sir, ich -"
„Harry, bitte beruhige dich, oder Madame Pomfrey wirft mich am Ende noch hinaus."
Harry schluckte und sah sich um.
Er musste im Krankenflügel sein.
Er lag in einem Bett mit weißen Leintüchern und neben ihm stand ein Tisch, der aussah wie ein Marktstand voller Süßigkeiten.
„Gaben von deinen Freunden und Bewunderern.", erklärte Dumbledore strahlend. „Was unten in den Kerkern zwischen dir, Luna und Professor Quirrell geschehen ist, ist zwar vollkommen geheim, doch natürlich weiß die ganze Schule davon. Ich glaube, deine Freunde, die Herren Fred und George Weasley, zeichnen verantwortlich für den Versuch, dir einen Toilettensitz zu schicken. Zweifellos dachten sie, es würde dich amüsieren. Madame Pomfrey jedoch meinte, er sei vielleicht nicht besonders hygienisch und hat ihn beschlagnahmt."
„Wie lange bin ich schon hier?"
„Drei Tage. Miss Black wurde gestern entlassen. Mr. Ronald Weasley, Miss Hermine Granger und auch Miss Luna Black werden sehr erleichtert sein, dass du wieder zu dir gekommen bist. Sie waren höchst besorgt. Ms. Black hat sich sogar die Schuld daran gegeben, weil sie nicht genug auf dich aufgepasst hat, doch ich habe ihr versichert, dass es nicht ihre Schuld war."
„Aber, Sir, der Stein -"
„Wie ich sehe, lässt du dich nicht ablenken. Nun gut, der Stein. Professor Quirrell ist es nicht gelungen, dir den Stein abzunehmen. Ich bin rechtzeitig dazugekommen, um dies zu verhindern, obwohl du dich auch allein sehr gut geschlagen hast, muss ich sagen."
„Sie waren da? Hat Hedwig Sie erreicht?"
„Wir müssen uns in der Luft gekreuzt haben. Kaum hatte ich London erreicht, war mir klar, dass ich eigentlich dort sein sollte, wo ich gerade hergekommen war. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um Quirrell von dir herunterzureißen."
„Das waren Sie."
„Ich fürchtete schon, zu spät zu kommen."
„Sie waren fast zu spät, lange hätte ich ihn nicht mehr vom Stein fern halten können."
„Es ging nicht um den Stein, mein Junge, sondern um dich. Die Anstrengung hat dich fast umgebracht. Einen schrecklichen Moment lang hielt ich dich für tot. Und was den Stein angeht, er wurde zerstört."
„Zerstört?", sagte Harry bestürzt. „Aber ihr Freund, Nicolas Flamel -"
„Ach, du weißt von Nicolas?", sagte Dumbledore und klang dabei recht vergnügt. „Du hast gründliche Arbeit geleistet. Nun, Nicolas und ich hatten ein kleines Gespräch und sind zu dem Schluss gekommen, dass dies das Beste ist."
„Aber das heißt, er und seine Frau werden sterben."
„Sie haben genug Elixier vorrätig, um ihre Angelegenheiten regeln zu können und dann, ja, dann werden sie sterben."
Dumbledore lächelte bei Harry's verblüfften Gesicht.
„Für jemanden, der so jung ist wie du, klingt es gewiss unglaublich, doch für Nicolas und Perenelle ist es im Grunde nur, wie wenn sie nach einem sehr, sehr langen Tag zu Bett gingen. Schließlich ist der Tod für den gut vorbereiteten Geist mir das nächste große Abenteuer. Weißt du, eigentlich war der Stein gar nichts so wundervolles. Geld und Leben, so viel du dir wünschst! Die beiden Dinge, welche die meisten Menschen allem andern vorziehen würden - das Problem ist, die Menschen haben den Hang, genau das zu wählen, was am schlechtesten für sie ist."
Harry lag da und wusste nicht, was er darauf sagen sollte.
Dumbledore summte ein wenig und lächelte die Decke an.
„Sir?", sagte Harry. „Ich habe nachgedacht... Selbst wenn der Stein weg ist, wird Vol-, ich meine, Du-weißt-schon-wer -"
„Nenn ihn Voldemort, Harry. Nenn die Dinge immer beim richtigen Namen. Die Angst vor einem Namen steigert die Angst vor der Sache selbst."
„Ja, Sir. Nun, Voldemort wird versuchen auf anderem Wege zurückzukommen. Ich meine, er ist nicht für immer auf und davon, oder?"
„Nein, Harry, das ist er nicht. Er ist immer noch irgendwo da draußen, vielleicht auf der Suche nach einem anderen Körper, der ihn aufnimmt... weil er nicht wirklich lebendig ist, kann er nicht getötet werden. Quirrell hat er dem Tod überlassen; seinen Gefolgsleuten erweist er genauso wenig Gnade wie seinen Feinden. Wie auch immer, Harry, vielleicht hast du nur seine Rückkehr an die Macht hinausgezögert; er braucht nur jemand anderen, der bereit ist, eine neue Schlacht zu schlagen, bei der er wohl verlieren wird - und wenn er immer wieder abgewehrt wird, wieder und wieder, vielleicht kehrt er dann nie an die Macht zurück."
Harry nickte, hielt aber sogleich inne, denn sein Kopf schmerzte davon.
Dann sagte er: „Sir, es gibt einige andere Dinge, die ich gern wissen möchte, falls Sie es mir erklären können... Dinge, über die ich die Wahrheit wissen will..."
„Die Wahrheit." Dumbledore seufzte. „Das ist etwas schönes und schreckliches und sollte daher mit großer Umsicht behandelt werden. Allerdings werde ich deine Fragen beantworten, außer wenn ich einen sehr guten Grund habe, der dagegen spricht, und in diesem Falle bitte ich dich um Nachsicht. Ich werde natürlich nicht lügen."
„Gut... Voldemort sagte, er hätte meine Mutter nur getötet, weil sie ihn daran hindern wollte, mich zu töten. Aber warum wollte er mich überhaupt töten?"
Dumbledore seufzte diesmal sehr tief.
„Herrje, gleich das Erste, was du mich fragst, kann ich dir nicht sagen. Nicht heute. Nicht jetzt. Eines Tages wirst du es erfahren... Schlag es dir erst einmal aus dem Kopf, Harry. Wenn du älter bist... Ich weiß, das hörst du gar nicht gern... wenn du bereit bist, wirst du es erfahren."
Und Harry wusste, dass es keinen Zweck hatte, zu streiten.
„Aber warum konnte Quirrell mich nicht berühren?"
„Deine Mutter ist gestorben, um dich zu retten. Wenn es etwas gibt, das Voldemort nicht versteht, dann ist es Liebe. Er wusste nicht, dass eine Liebe, die so mächtig ist wie die deiner Mutter zu dir, ihren Stempel hinterlässt. Keine Narbe, kein sichtbares Zeichen... so tief geliebt worden zu sein, selbst wenn der Mensch, der uns geliebt hat, nicht mehr da ist, wird uns immer ein wenig schützen. Es ist deine bloße Haut, die dich schützt. Quirrell, voll Hass, Gier und Ehrgeiz, der seine Seele mit der Voldemorts teilt, konnte dich aus diesem Grunde nicht anrühren. Für ihn war es eine tödliche Qual, jemanden zu berühren, dem etwas so wunderbares widerfahren ist."
Dumbledore fand nun großen Gefallen an einem Vogel, der draußen auf dem Fenstersims hockte und Harry hatte Zeit, seine Augen an der Bettdecke zu trocknen.
Als er seine Stimme wieder gefunden hatte, fragte er: „Und der Tarnumhang - wissen Sie, wer mir den geschickt hat?"
„Aah, es traf sich, dass ihn dein Vater mir anvertraut hat und ich dachte, dir gefiele er vielleicht."
Dumbledore zwinkerte mit den Augen.
„Nützliche Dinge... dein Vater hat ihn damals meistens genommen, um in die Küche zu huschen und etwas zum Naschen zu stibitzten."
„Und da ist etwas noch anderes..."
„Dann schieß los."
„Quirrell sagte, das Snape -"
Professor Snape, Harry."
„Ja, er - Quirrell sagte, er hasst mich, weil er auch meinen Vater hasste. Ist das wahr?"
„Nun, sie haben sich gegenseitig heftig verabscheut. Ganz ähnlich wie du und Mr. Malfoy. Und dann hat dein Vater etwas getan, was ihm Snape nie verzeihen konnte."
„Was?"
„Er hat sein Leben gerettet."
Was?"
„Ja...", sagte Dumbledore in Gedanken vertieft, „merkwürdig, wie es in den Köpfen der Menschen zugeht. Professor Snape konnte es nicht ertragen, in der Schuld deines Vaters zu stehen... Ich bin mir sicher, dass er sich dieses Jahr deshalb so bemüht hat, dich zu schützen, weil er das Gefühl hatte, dass er und dein Vater dann quitt wären. Dann konnte er endlich wieder an deinen Vater denken und ihn in aller Ruhe hassen..."
Harry versuchte das zu verstehen, doch sein Kopf fing davon an zu pochen und er gab es auf.
„Und, Sir, da ist noch etwas..."
„Nur noch das eine?"
„Wie habe ich den Stein aus dem Spiegel bekommen?"
„Ah, nun, ich freue mich, dass du mich danach fragst. Es war eine meiner vortrefflichsten Ideen und unter uns gesagt, das will schon was heißen. Sieh mal, nur jemand, der den Stein finden wollte - finden, nicht benutzen -, sollte ihn bekommen können, die andern würden nur sehen, wie sie Gold herstellen oder das Lebenselixier trinken. Mein Hirn überrascht mich gelegentlich... Nun, genug der Fragen. Ich schlage vor, du fängst mal an mit diesen Süßigkeiten. Ah! Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung! In meiner Jugend hatte ich leider das Pech, auf eine zu stoßen, die nach Erbrochenem schmeckte und ich fürchte, seither habe ich meine Schwäche für sie verloren - aber ich denke, mit einer kleinen Toffee-Bohne bin ich auf der sicheren Seite, meinst du nicht?"
Lächelnd schon er sich die goldbraune Bohne in den Mund.
Kurz darauf würgte er sie wieder hervor:
„Meine Güte! Ohrenschmalz!"

Luna Black 1 - Harry PotterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt