Kapitel 4

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Ben stand plötzlich neben mir. „Klar." Ich nahm meine Tasche auf meinen Schoß und kramte mein Etui heraus. „Bitteschön." Ich hielt ihm meinen schwarzen Kugelschreiber entgegen.

„Danke, das ist sehr nett." Ich nahm an, dass er wieder zu seinen Freunden gehen würde, doch zu meiner Überraschung nahm er neben mir platz. Wir hatten noch nie wirklich miteinander gesprochen, also konnte es nur zwei Gründe geben. Entweder er tat das aus Mittleid, weil er dachte ich könnte resozialisieren oder er wollte sich mit mir unterhalten.

Natürlich nicht zu vergessen war Möglichkeit Nummer drei. Ich interpretierte einfach viel zu viel in solche Situationen. „Echt wenig Leute hier in diesem Kurs oder?" Seine Stimme war leise. Irgendwie hatte sie etwas beruhigendes an sich. „Ja, aber ich versteh ehrlich gesagt nicht, wieso." Er drehte den Kuli zwischen Zeige und Mittelfinger hin und her.

„Wir können uns ja mal zum Lernen treffen und vielleicht will deine Mittbewohner ja auch dabei sein." Daher wehte also der Wind. Er wollte was von Jenna. Eigentlich war das ja echt süß, aber irgendwie fühlte ich mich auch benutzt. „Ich kann sie ja mal fragen." Ben wollte gerade antworten, als die Dozentin das Wort ergriff. Der Vortrag ging unendlich langsam vorbei. Obwohl, eigentlich war die Zeit schnell vorbei, doch es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. „Danke nochmal fürs Ausleihen." Ja ja Romeo. Ich mochte ja echt vieles sein, aber nicht doof genug, um nicht zu peilen, dass du den Stift nur geliehen hast, um über mich an Jenna zu gelangen.

„Immer wieder gerne." Ich packte meine Sachen zusammen und verlies den Hörsaal. Zum Glück war dieser Kurs heute mein einziger. Ich sah auf die Uhr. Bis zum Beginn meiner Probezeit im Café war es noch eine Weile. Ich beschloss wieder in mein Zimmer zu gehen und mich noch ein wenig auszuruhen.

Als ich die Tür öffnete flog mir ein Schuh entgegen. „Ein -ich hasse dich- hätte es auch getan." Ich nahm den Schuh und stellte ihn neben die Kommode. „Sorry Rose, war keine Absicht."

Sie saß auf ihrem Bett und hämmerte wie eine Gestörte auf ihrem Laptop herum. „Fuck! Fuck! Fuck!" Okay sie war dezent gereizt.

„Alles in Ordnung Jenna?" Ich ließ mich neben ihr aufs Bett sinken. „Nein! Ich habe gerade meine Fotografien bearbeitet und dieser scheiß Laptop ist einfach abgestürzt. Nichts ist gespeichert. Meine ganze Arbeit weg. Alles war umsonst. Jetzt muss ich die ganze Arbeit nochmal von vorne machen." Ich nahm ihr den Computer aus der Hand. So verzweifelt hatte ich meine Freundin noch nie gesehen. Es schien als wäre Sie den Tränen nahe.

„Ich liebe das Fotografieren. Schon immer. Ich habe die Hintergründe der Bilder bearbeitet und jetzt ist alles weg. Nicht nur das Bearbeitete, sondern alle Dateien. Da ist nichts mehr, nichts!" Ich lebte jetzt schon seit ca. einer Woche mit ihr zusammen und wusste nicht, dass sie fotografierte. Irgendwie war das schon verrückt. „Vielleicht kann man das ja wieder retten."

Ich hatte zwar keine Ahnung von Technik, aber ich drückte trotzdem irgendwelche Tasten in der Hoffnung, die Dateien würden wieder auftauchen. „Ich habe schon alles versucht!" Ihre Stimme klang brüchig. „Und wenn du den Laptop mal bei einem Fachmann abgibst?" Da gab es doch extra Geschäfte. „So viel Geld habe ich nicht." Wir Studenten waren schon echt arm dran. Alles wurde von uns erwartet, aber das wir die finanziellen Mittel dafür nicht hatten, interessierte keinen.

„Ich verdiene ja jetzt was, mein Geld wird zwar erst Anfang nächsten Monats auf meinem Konto sein, aber dann könnte ich dir was leihen." Ich stellte Jenna's kleinen persönlichen Feind auf den Schreibtisch. „Ist ja echt nett gemeint, aber ich kann ganz sicher nicht einen Monat warten. Die Fotos müssen bis morgen Abend eingereicht werden." Jetzt lief ihr eine Träne über die Wange.

„Wie eingereicht?" Ich setze mich neben sie und schloss meine Arme ganz fest um meine Freundin. „Es wird in der Stadt bald eine neue Kunstausstellung geben und von mir wurde in der Galerie schon öfters was ausgestellt. Damals gehörte die Galerie einer alten Frau. Doch jetzt hat ihre Enkelin alles übernommen und ich muss sie erst einmal überzeugen. Sie ist der Ansicht, dass das was ihre Großmutter ausstellte zu altmodisch war und will jetzt etwas Neues.

Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt