13.

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Das Konzert war unglaublich. Auch wenn ich die Texte teilweise immer noch abstoßend fand, genau wie die das Rumgegrabsche an den halbnackten Frauen, die hier und da auf der Bühne auftauchten und wohl zur Show gehörten, war ich insgesamt wirklich beeindruckt. Die Art und Weise, wie die Jungs mit den Fans interagierten, wie gut sie live performten und vor allem, wie sehr man ihnen den Spaß anmerkte. Alles wirkte perfekt einstudiert, nichts wurde dem Zufall überlassen.

Marten verfolgte die Show ebenso gebannt. Sein Blick wanderte jedoch immer wieder zu mir und er wirkte zufrieden mit der Tatsache, wie fasziniert ich von dem war, was mir gerade geboten wurde.

Raf sprang immer mal wieder mit auf die Bühne und brachte die Fans jedes Mal zum endgültigen Ausrasten. Und ich konnte es verstehen. Es war der Wahnsinn, was er da auf der Bühne abzog. Wie gut er in diesem Moment in das ganze Konzept passte und wie unfassbar krass er live ablieferte. Die restliche Zeit verbrachte er bei uns oder machte Videos. Er genoss das Konzert in vollen Zügen und hatte Spaß, seinen Freunden auf der Bühne zuzusehen.

Manchmal wusste ich gar nicht so recht, wo ich hinschauen sollte. Ich war überwältigt und fühlte das erste Mal so richtig den Stolz auf meinen Bruder. Für das, was er erreicht hatte und was er sich aufgebaut hatte. Ich war stolz, als ich ihn dort auf der Bühne stehen sah und mir bewusst wurde, wie viele Menschen ihn für genau das bewunderten, was er in diesem Augenblick tat. Und ausgerechnet er hatte es geschafft. Er war ganz oben angekommen


„Okay okay, ich geb's ja zu. Das war unfassbar, wirklich. Der absolute Wahnsinn.", war das erste, was ich meinem Bruder aufgebracht zurief, als das Konzert zu Ende war und er hinter die Bühne kam.

John war immer noch total euphorisch und riss mich mit seiner Umarmung in die Höhe. Er war komplett nassgeschwitzt, selbst aus seinen Haaren tropfte der Schweiß.

„Iiih, John. Du bist ekelhaft.", lachte ich und versuchte mich so gut es ging von ihm wegzudrücken.

John interessierte das allerdings überhaupt nicht. Nur langsam ließ er mich wieder runter und behielt einen Arm um mich gelegt.

„Ich hab's dir immer gesagt. Aber Madame wollte mir ja nicht glauben."

„Jaja, schon gut. Du hattest recht."

John bekam ein frisches Handtuch gereicht und ging zu ein paar Freunden weiter, die ihn ebenfalls gebührend feierten.

Währenddessen kam Jonas mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht auf mich zu.

„Untersteh dich." Abwehrend hielt ich meine Hände vor mich, was ihn noch mehr zum Grinsen brachte.

„Ach komm, hab dich nicht so."

„Nee man, Johns Schweiß reicht mir. Geh weg. Jonas, man, bäh, du Ekel."

Natürlich hatte er mich bekommen und hämisch lachend an sich gedrückt.


Der Rest verhielt sich immerhin etwas zivilisierter. Während alle duschten, hatten Marten und ich das Catering unsicher gemacht. Schon vor der Show hatte es eine ordentliche Auswahl an verschiedenen Speisen gegeben. Jetzt nach der Show gab es leckere Snacks.

Carlos war während des Konzerts aufgetaucht und saß jetzt bei uns im Catering. Genau wie Pascal. Er war vor und während der Show mit seiner Kamera verwachsen und hatte unzählige Fotos gemacht. Er hielt alles auf Bildern fest, was auf, vor und sogar was hinter der Bühne passierte. Frost sammelte immer noch seinen Kram im Backstage zusammen, den er irgendwie überall verteilt hatte.

Ansonsten kannte ich höchstens ein paar Leute vom Sehen oder hatte sie allenfalls mal kurz getroffen. Der Großteil der ganzen Leute war mir jedoch fremd. Einige kamen mir nicht ganz geheuer vor und ich wollte mir nicht mal vorstellen, was manche von denen sonst so auf der Straße taten. Marten hatte mich bewusst abgeschirmt und mich nur mit den Leuten in Kontakt gebracht, die er selbst gut genug kannte. Nach der Show wurde es immer leerer im Backstage und letztendlich blieb nur noch der harte Kern.


Erst Stunden nach dem Konzert verließen wir die Location. Nach der Show wurden noch Unmengen Alkohol und Weed konsumiert, morgen stand immerhin nichts an. Nur ich musste morgen wieder nach Frankfurt fahren, da ich Montagfrüh nicht nur Dienst, sondern auch ein Lehrergespräch hatte. Juhu. Dank des Antibiotika, das ich noch bis morgen Abend nehmen musste, blieben mir wieder mal nur alkoholfreie Getränke. Dass mich diese dummen Tabletten ausgerechnet an diesem Wochenende getroffen hatten, ärgerte mich, aber man konnte nichts machen. War nun mal so.

Irgendwie landeten wir am Ende alle bei Alex. Dort ging es einfach weiter mit dem Feiern. Seine Nachbarn waren anscheinend sehr entspannt, denn keiner beschwerte sich über den Lärm. Vielleicht waren sie es aber auch einfach gewohnt.

Als es anfing zu dämmern, merkte ich so langsam die Müdigkeit. Ich hatte letzte Nacht nicht viel geschlafen und das zahlte sich nun aus.

„Willst du heim?", fragte mich mein Bruder, dem meine müden Augen nicht entgangen waren.

Er war immer noch hellwach und schien sich prächtig zu amüsieren.

„Geht schon. Wir können ruhig noch bleiben."

Und so ging es weiter. Maxwell hatte beschlossen, dass es Zeit für Pancakes wäre, weshalb er schon eine halbe Ewigkeit in Alex Küche beschäftigt war. Als er schließlich mit den vollen Tellern ins Wohnzimmer kam, fielen alle wie wilde Tiere über die Pancakes her. Innerhalb weniger Minuten hatten sie wirklich alles bis auf den letzten Krümel aufgegessen.


„Hey, aufwachen, Jara."

Orientierungslos sah ich mich im Zimmer um. Ich war immer noch bei Alex. Halb neben, halb unter mir lag mein Bruder und schlief. Leise schnarchte er vor sich hin. Am anderen Ende der Couch hing Jonas, ebenfalls schlafend. Vor mir hockte Marten und schnipste vor meinem Gesicht herum, um wieder meine Aufmerksamkeit zu bekommen.

„Häh, was?"

„Wann fährt deine Bahn nochmal?"

„Halb fünf. Wieso?"

„Fuck. Beeil dich mal. Ey John."

John stöhnte auf und versuchte sich von Marten wegzudrehen. Da ich immer noch halb auf ihm lag, gelang ihm dieser Versuch nicht und er setzte sich verballert auf.

Ich hatte derweil panisch festgestellte, dass es gleich vier Uhr war.

„Oh scheiße! Oh scheiße!", fluchte ich und sprang auf.

„Wird knapp, aber mit Glück schaffen wir's noch."

Marten war optimistisch. Immerhin einer. In Windeseile hatte ich mein Zeug zusammengesucht und war schon am Schuhe anziehen, als mir bewusst wurde, dass ich wohl kaum ohne eine Verabschiedung verwinden konnte. Also zog ich meine Schuhe wieder aus und eilte zurück ins Wohnzimmer.

Hey Brother (Bonez MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt