Ich wünsche euch allen einen schönen ersten Advent und eine besinnliche Adventszeit 🎄
Alles, was danach passierte, vermischte sich zu schemenhaften Bildern in meinem Kopf. Immer wieder erlangte ich das Bewusstsein, nur um es wenige Sekunden später wieder zu verlieren. Teilweise war ich während der Fahrt im Krankenwagen anwesend, aber im Nachhinein fehlten mir jegliche Erinnerungen.
Erst im Krankenhaus kam ich wieder so richtig zu mir. Mir tat alles weh und die Schmerzen ließen mich aufstöhnen.
„Jari? Bist du wach? Ey Samuel, drück mal den Schwesternruf."
Völlig benebelt versuchte ich mich auf Yassins Stimme zu konzentrieren.
„Hey Schatz, es ist alles gut. Du bist im Krankenhaus. Weißt du noch, was passiert ist?"
Samuel strich mir vorsichtig die Tränen aus dem Gesicht und ich merkte erst jetzt, dass ich weinte. Ich nickte vorsichtig, dann ging auch schon die Tür auf. Eine Ärztin kam, gefolgt von einer Krankenschwester, ins Zimmer und ich musste mich einer kurzen Untersuchung unterziehen. Sie stellte sich als Frau Doktor Blum vor, meine behandelnde Ärztin. Die Krankenschwester reichte mir einen Becher mit Wasser, da sich mein Hals völlig ausgetrocknet anfühlte.
„Sie hatten nicht nur einen Schutzengel, Frau Winter, sondern gleich mehrere. Ihr Unfall hätte weitaus schlimmer ausgehen können."
In den nächsten Minuten erklärte sie mir ausführlich, was passiert war und wie lange ich noch bleiben musste. Ich hatte eine Gehirnerschütterung erlitten, daher der kurzzeitige Gedächtnisverlust nach dem Unfall. Außerdem hatte ich einen handgelenksnahen Speichenbruch, sowie eine gebrochene Rippe. Dazu kamen eine weitere Rippenprellung und eine Prellung an der Hüfte. Alles an meiner rechten Körperhälfte, auf die ich nach dem Sturz aufgekommen war. Die Ärztin betonte, dass ich mich mehrere Wochen auf Schmerzen einstellen musste, vor allem wegen der verletzten Rippen. Genauso musste ich mich auf eine Bewegungseinschränkung meines rechten Arms und auch meiner rechten Hand einstellen. Gegen die Schmerzen sollte ich morgens und abends je eine Schmerztablette nehmen, die sie mir verschrieb. Für den absoluten Notfall bekam ich sogar stärkere Medikamente, die ich aber wirklich nur nehmen sollte, wenn es nicht mehr anders ging.
Mittlerweile war es früher Vormittag, was bedeutete, dass ich schon die ganze Nacht im Krankenhaus verbracht haben musste. Meine Werte waren unauffällig, allerdings sollte ich noch eine Nacht zur Beobachtung bleiben.
„Mir tut alles weh.", stöhnte ich, als die Ärztin und die Krankenschwester das Zimmer verlassen hatten.
„Das glaube ich dir. Du hast aber schon einiges an Schmerzmitteln bekommen."
Samuel streichelte mir liebevoll über den Handrücken. Yassin war mit seinem Handy beschäftigt, schaute aber immer wieder zu mir auf. Beide sahen müde und besorgt aus.
Im Zimmer lagen noch zwei weitere Frauen, beide um die 40 bis 50 Jahre alt. Sie stellten sich kurz lächelnd vor und widmeten sich dann wieder ihren Büchern und Zeitschriften.
Mit Samuels Hilfe hatte ich die Rückenlehne des Bettes aufrechter gestellt. Jede ruckartige Bewegung war eigentlich schon zu viel.
„Woher wusstet ihr überhaupt, dass ich hier bin?"
„Ich bin dein Notfallkontakt, schon vergessen? Ich hab gestern Abend so um halb zehn einen Anruf vom Krankenhaus bekommen, dass du einen Fahrradunfall hattest und eingeliefert wurdest. Ich durfte aber nur kurz zu dir, weil es schon so spät war. Du hast eh die meiste Zeit geschlafen. Heute Morgen sind wir gleich wieder her, nur Dilan musste zur Arbeit. Sie will später aber auch noch mal vorbeikommen. Sima weiß auch schon Bescheid und sie will mit dir telefonieren, sobald du dazu wieder in der Lage bist."
„Ich kann mich an fast gar nichts erinnern."
„Die Ärzte meinten, das sei normal. Immerhin musst du nicht mehr kotzen. Wenigstens eine kleine Besserung."
„Was?" Ich verstand nicht, wovon er redete. Daran konnte ich mich nun wirklich nicht erinnern.
„Ist auch normal nach einer Gehirnerschütterung. Ich hab übrigens auch bei dir auf der Arbeit angerufen. Du fällst jetzt erst mal eine Weile aus. Keine Diskussion. Du bist krankgeschrieben. Ich soll dir liebe Grüße und eine gute Besserung ausrichten."
Mit entsetztem Gesichtsausdruck ließ ich mich zurück in mein Kissen sinken.
„Oh nein. Ich habe in der nächsten Zeit so viele Sachen zu erledigen. Ich muss noch mehrere Berichte schreiben und habe ein paar wichtige Termine. "
„Denk jetzt mal nur an dich und deine Erholung. Dein Team wird das schon schaffen.", versuchte es auch Samuel.
„Hm, ja. Darf ich wenigstens Sima anrufen?"
„Natürlich. Hier. Dein Handy hat ganz schön was abbekommen. Ich glaube, das hat's nicht überlebt. Für was hast du eigentlich einen Rucksack dabei, wenn dein Handy dann doch in deiner Hosentasche steckt?"
Yassin reichte mir sein Handy und ich verzog mein Gesicht. Na super. Das auch noch. Wie mein Fahrrad aussah, wollte ich gar nicht erst wissen. Ich rief mich innerlich zur Vernunft. Mir war nichts Schlimmeres passiert, darüber sollte ich froh sein. Ein Handy und ein Fahrrad konnte ich ersetzen.
Umständlich suchte ich mit der linken Hand ihre Nummer raus. Dieser Gips machte mich jetzt schon wahnsinnig.
Sima war unglaublich erleichtert, als ich sie endlich anrief. Sie hatte schon seit Stunden auf meinen Anruf gewartet und war kurz davor, in den nächsten Zug zu steigen. Unbeabsichtigt brachte sie mich immer wieder zum Lachen, was wiederum zu unfassbaren Schmerzen in meiner rechten Seite führte.
„Hör auf zu kichern. So lustig war das jetzt auch nicht."
„Ich versuchs ja. Oh Gott, warte." Tief einatmen brachte in diesem Fall überhaupt nichts, sondern tat fast genauso weh.
„Okay, dann wechsel ich einfach das Thema. Irgendwas Ernstes, hm."
Sie überlegte kurz, während ich immer noch versuchte, mein schmerzverzogenes Grinsen unter Kontrolle zu bringen."
„Wie hat eigentlich dein Bruder reagiert? Ist er noch nicht panisch bei dir aufgetaucht?"
Mir fiel alles aus dem Gesicht. John. Ihn hatte ich ganz vergessen. Oh Mist.
„Jari? Bist du noch dran?"
„Ich glaube, er weiß noch gar nichts. Yassin hat zumindest nichts erwähnt."
„Frag ihn doch mal."
„Er und Samuel sind sich schnell was zu essen holen gegangen. Vielleicht hat er auch nicht dran gedacht."
„Ach, Yassin weiß schon, was zu tun ist. Dann ruf ihn einfach jetzt gleich an."
Wir beendeten unser Telefonat kurz darauf, als die beiden wieder zurück ins Zimmer kamen.
„Sag mal, wen hast du eigentlich alles angerufen?", fragte ich ihn ziemlich direkt, als er sich wieder an mein Bett gesetzt hatte.
„Samuel, Sima, heute Morgen dann noch deine Arbeit. Dilan war ja mit mir in der WG."
„Ich muss meinem Bruder noch Bescheid geben."
„Stimmt. Ich hab seine Nummer aber nicht."
Umständlich tauschten wir unsere Sim-Karten aus. Mein iPhone war zerdellt und das Display war komplett zersprungen. Da es sich nicht mehr einschalten ließ, gab ich die Hoffnung schnell auf. Das Teil war Schrott.
Meinen völlig durchnässten Rucksack hatte man mir ins Zimmer gebracht, genau wie meine Klamotten. Erst jetzt wurde mir so richtig bewusst, dass ich Krankenhauskleidung trug.
„So kann ich morgen aber nicht gehen.", stellte ich überfordert fest und sah an mir runter.
Samuel hob einen Stoffbeutel hoch, der bis eben neben seinem Stuhl gelegen hatte.
„Wir haben dir frische Sachen von zu Hausemitgebracht, keine Sorge. Und jetzt ruf deinen Bruder an. Sonst sind wir am Ende noch die Schuldigen, warum du dich erst jetzt bei ihm meldest."
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Hey Brother (Bonez MC)
Fanfiction(Fortsetzung von „Long Long Way") „Reg dich nicht auf Jari, du hast jetzt ja ein paar Tage frei und kannst dich erholen." „Oder mit uns Party machen." Ein blonder Lockenkopf schob sich in mein Sichtfeld. Ihn und Raf hatte ich fast ausgeblendet. „Was...