Prolog

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Drei Jahre zuvor


»Dad?« rief ich, als ich eintrat und die Tür hinter mir schloss. Der Fernseher lief im Hintergrund, während ich das Chaos in seiner Wohnung betrachtet. Eine schwarze, befleckte Ledercouch, auf der sich wie üblich Bierdosen und leere Pizzaschachteln stapelten. Ein billiger Tisch auf dessen Glasplatte eine klebrige Flüssigkeit ausgeschüttet und nicht weggewischt wurde.

Ich hob die halb zu Ende gekauten Pizzareste sowie einzelne Zigarettenstummel vom Wohnzimmerteppich hoch und begann aufzuräumen. Grundgütiger, ich musste meine Nase zu klemmen, bei dem Gestank, der mir entgegenwehte, als ich den Mülleimer in der Küche öffnete. Heiliger Herr im Himmel, wie lange stand der Abfall schon hier rum?

»Everly!« Mein Dad kam in die Küche gestürmt. Die wenigen grau-schwarzen Haare, die ihm noch blieben, standen ihm wirr vom Kopf ab und das Blaue Shirt hatte Fettflecken. Er sah erleichtert aus. »Da bist du endlich.«

»Wir hatten doch erst um sechs abgemacht?« Ich klappte denn Mülleimer wieder zu und wusch meine Hände. Dann drehte ich mich wieder zu ihm um, das rot gestreifte Handtuch in meinen Händen und schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Jetzt ist halb Sechs.«

»Oh, ups.« Etwas zerstreut fuhr er sich durch die Haare und sein gehetzter Blick traf mich. »Meine Uhr muss wohl falsch eingestellt sein.«

Ich kannte diesen Blick, bin ihm schon so viele Male begegnet. Ich schob meine Tasche vor und zog den Reisverschluss auf. »Wie viel brauchst du?« fragte ich, ohne zu ihm aufzusehen.

»Zweihundert wären gut.«

»Hier.« Ich überreichte ihm die Geldscheine aus meinem Portemonnaie und unterdrückte den flauen Schmerz in der Brust. Ich strich meine dunkelrote Haarsträhne zurück hinter mein Ohr, während ich ihm entgegensah. »Wenn du dir damit kein Essen kaufst, gebe ich dir nächstes Mal nichts mehr.«

Er lächelte, rannte dann auf mich zu und umarmte mich. »Danke, Everly, mein Spätzchen.« Er küsste mich auf die Wange. »Ich werde es für nichts anderes ausgeben, versprochen.«

Was für eine Lüge. Bei wie vielen Gelegenheiten hatte ich ihn schon aus dem Casino schleifen müssen? Betrunken, mit blutrotunterlaufenen Augen, die mich voller Wahnsinn anstarrten? Nur noch einmal, ich hols wieder rein! Ich versprechs!

Dennoch liess ich das Lächeln zu, das sich bei seiner Umarmung auf meine Lippe stahl.

»Da wäre noch etwas.« sagte er dann, als er sich von mir löste. Er räusperte sich. »Sophie, du kannst hervorkommen.«

Ein kleines, blondhaariges Mädchen kam hinter der Ecke zum Vorschein und blieb schüchtern neben meinem Dad stehen. Sie schaute auf ihre pinken Schuhe, während ihr dir Löckchen vors Gesicht fielen.

Ich wusste nicht, was hier vor sich ging. »Dad, was...?«

Aber er schien mich nicht zu hören, stattdessen betrachtete er das kleine Mädchen neben ihm. »Sieh mal, das hier ist Everly. Sie ist ganz nett und lieb. Sag hallo zu deiner Schwester.«

Grüne, kugelrunde Augen sahen mich an. Sie spielte mit ihrem lila Pullover. »Hi.«

Ich konnte nicht atmen. »Hey.« erwiderte ich leicht erstickt. Dann, keine Sekunde später fand ich mich zu ihr heruntergebeugt wieder. »Hey, Sophie, Alec und ich müssen uns kurz unterhalten, wartest du hier, ja?«

Sie nickte.

Dann packte ich meinen Dad am Arm und zerrte ihn aus der Küche. »Würdest du mir das bitte einmal erklären?!« flüsterte ich grob.

Das dümmliche Lächeln hing immer noch an seinen Lippen und ich roch die leichte Bierfahne, als er sorgenlos die Schultern zuckte und sagte: »Ein One-Night-Stand vor sieben Jahren.«

»Und du dachstest nicht daran, mir zu erzählen, dass du ein Kind hast?« schoss ich zurück. Dass ich eine Halb-Schwester hatte. Eine Schwester.

»Ihre Mom wollte nie, dass ich etwas mit ihr zu tun habe. Und ich hatte doch dich.« Er lächelte selig.

»Wieso ist sie jetzt bei dir?« Oh Gott, das hörte sich total falsch an. »Was ist mit ihrer Mom passiert?« verbesserte ich mich rasch.

»Autounfall. Sie hat mich als zweiten Elternteil irgendwo aufgeschrieben oder so.«

»Dann musst du dich um sie kümmern.« Schon als sich die Worte in meinem Mund formten, bemerkte ich, wie schwachsinnig das war. Mein Dad konnte nicht einmal auf sich selbst aufpassen, geschweigen denn auf ein kleines Mädchen.

Im selben Moment schüttelte er den Kopf. »Nein, nein, nein, Everly du nimmst sie. Du kannst das so gut.«

Ich versuchte die Verantwortung von mir zu schieben. Ich war erst neunzehn, arbeitete als Sekretärin für einen miesen Lohn und war bereits mächtig damit beschäftigt, ebenfalls noch auf meinen Dad aufzupassen. Ich konnte nicht auch noch ein siebenjähriges Kind aufziehen, das genährt, täglich zu Schule gebracht und unterhalten werden musste. Keine Chance.

Dann sah ich diese hellgrünen Augen, die scheu zu mir hoch schielten, als Sophie zu uns ins Wohnzimmer trat.

»Everly, bitte.« flehte mein Dad, während er Sophie zu mir schob. »Ich kann das nicht.«

Nachdem meine Mom die Nase voll von seiner Spielerei hatte und uns kurz darauf hin verliess, hatte es nur noch Dad und mich gegeben. Wir zwei, gegen den Rest der Welt.

Ich nickte meinem Vater zu und streckte dann meine Hand aus. »Komm, Sophie.«

»Wohin gehen wir?« fragte sie mich, als sie ihre kleine Hand in meine legte.

Ich drückte sie. »Zu mir. Nach Hause.«

Ich würde alles für meinen Dad tun, auch wenn das bedeutete, meine Träume aufzugeben. Für meinen Dad und für meine kleine Schwester.


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Hey babes 🖤

Und um das Thema nur kurz anzuschneiden. @_Unabhaengige_    Ich weiss, dass ich in deinen Augen deine Geschichte kopiert habe. Ich will dir sagen, dass das nicht der Fall ist. Ich kenne das Gefühl, wenn einem die Geschichte genommen wurde – es ist schrecklich. Deshalb würde ich so etwas auch nie tun. Wenn du die Geschichte lesen würdest, würdest du sehen, dass sie nichts mit deiner zu tun hat.

Ich kann dich nicht daran hindern, zu glauben was du glaubst. Aber ich kann gerade hinstehen und ehrlich sagen, dass ich niemandem die Story geklaut habe.

Es ist meine Geschichte mit meinen Ideen.

So, damit wäre das gesagt.

Ich wünsche allen viel Spass beim Lesen 🥰

und danke für eure lieben kommentare im vorherigen info-kapitel, ihr seid die besten ❤️

xx eure raven 🖤

MAFIA BOSSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt