01. Klettern ist toll

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E V E R

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Die Bar, die Collin vorgeschlagen hatte, war traumhaft schön. Der Tresen, sowie die Getränkeanrichte dahinter war mit Neonblauen Lichtern erhellt und die schwarz gepolsterten Barstühle waren vermutlich teurer als meine gesamte Einrichtung Zuhause. Die hohe Fensterwand gab Blick über die Abend-Skyline von Philadelphia. Sie war eben wie jede schicke Bar hier in Philadelphia, in der ein einziger Mocktail über ganze 10 Dollar kostete.

Ich hätte mich fast verschluckt, als ich die Preise auf der Getränkekarte gelesen hatte. 17 verflucht Dollar! Welcher normalsterbliche Mensch verlangte um Himmelswillen 17 Dollar, für ein bisschen Grapefruitsaft und Sprudelwasser?

Aber ich hatte meinen Schock mit einem angestrengten Lächeln zu kaschieren versucht und gehofft, dass Collin kein Kevin war und mir am Ende unseres Rendezvous offenbaren würde, dass er sein Portemonnaie vergessen hatte.

»Es ist unglaublich. Es wird mir einfach immer deutlicher, mit wie wenig man tatsächlich auskommt. Es gibt dann nur mich und den nächsten Bergstieg, den ich erklimmen muss.« erzählte Collin begeistert und schob seine klobige, schwarze Brille zurecht.

Er war vor drei Jahren in den Rocky Mountains in Colorado klettern, und seit da an suchte er an jedem sich bietenden Wochenende eine Kletterhalle auf, um seiner neu entdeckten Leidenschaft nachzugehen. Und allem Anschein nach war es das Einzige, über das er sich unterhielt, seit wir uns in eine der dämmrig beleuchteten Nischen gesetzt hatten.

»Verstehst du, was ich meine?«

Ich riss mich am Riemen und konzentrierte mich wieder auf meine Unterhaltung mit Collin. Mit dem süssen, netten und anständigen Collin. »Klar.« Ich nickte und setzte meine Cola ab, an der ich gerade genippt hatte, während ich fieberhaft darüber nachdachte, was er mir alles erzählt hatte. »Ich nehme an der El Capitan im Yosemite-Park ist unglaublich.«

»Genau!« Collin lächelte und nickte dann aufgeregt, wobei er sein Bier in der Hand leicht verschüttete und der weisse Schaum übers Glas rann und auf die dunkle Holztischplatte tropfte. »Der höchste Punkt befindet sich auf ganzen 2307 Metern! Ist das nicht fantastisch?«

Die Bar war rappelvoll, die Musik laut und die Luft heiss. Das Klirren von Gläsern war zu hören, lautes Geplapper und Gelalle der Leute um mich herum. Ich strengte mich an, jeder seiner Worte zu lauschen und ihm meine volle Aufmerksamkeit zu geben, denn Collin hatte mich mit mehr als einem Hey angeschrieben, sich nach meinem Befinden erkundigt und über drei Tage mit mir gechattet, ehe er mich nach einem Date gefragt hatte. Er war weder Nathan, der in Wirklichkeit ein 65-jähriger, pensionierter Lustmolch war, noch war er wie Will, der mit der Ausrede kam, sein Hund sei davongelaufen und er müsse ihn einfangen – nach dem er mir zehn Minuten zuvor die Ohren voll gelabert hatte, er leide an einer Tierhaarallergie. Dennoch sass ich da, mit meiner Cola vor mir, und wunderte mich, ob wir heute Abend auf ein anderes Thema als Bergklettern gelangen würden.

Collin lehnte die Dollarscheine ab, die ich auf den Tischgelegt hatte, als wir dabei waren, zu gehen. Er zog seine braune Fleecejacke an sagte, als er aufgestanden war: »Soll ich dich irgendwohin mitnehmen?«

Ich stand auf und streifte mir die goldene Handtasche über den Mantel. »Brauchst du nicht, ich bin mit dem Auto da. Aber danke.«

»Wo hast du geparkt?« fragte er mich, nach dem er mir die Tür aufgehalten hatte und wir in die kalte Spätherbstluft heraustraten.

Ich zeigte auf die rechts liegenden verlassenen Parkplätze und als sich herausstellte, dass er sein Auto an einem anderen Ort geparkt hatte, hätte ich beinahe erleichtert aufgeatmet.

Er küsste mich zum Abschied auf die Wange. »Komm gut nach Hause.«

Ich nickte und schenkte ihm ein Lächeln. »Du auch.« Es war ein schöner Abend gewesen. Ich konnte nicht behaupten, dass ich ihn lieber zu Hause auf der Couch verbracht hätte, mit Sophie, unseren High-School-Musical Filmen und unserem lauten Gesang zu den Songs – mit der Bürste als Mikrophon. Nicht wirklich. Echt. Na gut, vielleicht ein klitzekleines bisschen.

Meine hohen Schuhe klackerten auf dem Asphalt und ich summte Back to Black von Valerie vor mich hin, als ich über die leeren Parkplätze auf mein Auto zusteuerte.

Die extra Arbeitsstunden im Büro meldeten sich nun als Rückenschmerzen und ich wollte nichts lieber, als ins Bett zu fallen. Aber davor musste ich Sophie, die gerade bei ihrer Schulkollegin zu Abend ass, abholen und dann noch kurz bei Dad vorbeischauen, um sicher zu gehen, dass bei ihm alles in Ordnung war.

Ich zog meinen schwarzen Mantel enger und angelte den Schlüssel aus meiner Tasche, als ich auf einen Zettel stiess. Ich zog ihn heraus und starrte auf die draufgekritzelte Nummer. Der junge, attraktive Jamie von unserer IT-Abteilung hatte sie mir heute Nachmittag nach der Arbeit entgegengereicht. Mein Herz hatte ein Sprung gemacht, voller Hoffnung, dass er mich endlich bemerkt hatte. Doch die flatternde Hoffnung wurde mit einem Hammerschlag vernichtet, als er gesagt hatte: Kannst du die bitte Alice geben? Ihr zwei versteht euch doch so gut.

Meine Schultern waren heruntergesackt, während ich sie nickend entgegengenommen hatte. Kevin, Will, Collin, sie alle waren gleich. Sie interessierten sich nicht für mich, sahen mich nicht einmal wirklich. Wenn ich sie nicht angeschrieben hätte, auf dieser dämlichen Dating-App, dann wäre es gar nie zu einem Date gekommen.

Ich steckte den Zettel wieder ein, langte nach dem Autoschlüssel und piepte die Schrottkarre an, die mein Auto war.

Ich hatte ihn weder gesehen noch gehört. Doch plötzlich fühlte ich etwas, kühles, hartes an meinem Hinterkopf.

Die Schlüssel fielen aus meiner Hand.


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Hey babes 🖤

Erstes Kapitel von heute 😍


wie fandet ihrs? ❤️

MAFIA BOSSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt