02. Ever wie Everleigh

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E V E R

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»Nicht schreien.« Tief und heiser streifte seine Stimme meinen Nacken.

Ein kalter Schauer erfasste meine Glieder und ich zitterte vor blanker Furcht. Das war eine Pistole. Eine Pistole an meinem Kopf. Automatisch, ohne dass er etwas sagen musste, hob ich meine schlotternden Hände. »Bitte, bitte nicht schiessen.« flehte ich. Das Herz rutschte mir in die Hose. »Wollen Sie Geld? Mein P-Portemonnaie ist in meiner T-Tasche.« Ich versuchte ruhig zu bleiben, aber die Angst sass mir in den Knochen. »Wie viel wollen Sie?«

Der Druck auf meinen Hinterkopf wurde grösser. »Wie viel hast du denn?«

Langsam liess ich meine Hände sinken, näselte nervös an meiner Tasche herum.

»Jetzt mach schon!«

»Okay!« erwiderte ich schrill vor Panik und beeilte mich mit zitternden Händen meinen Geldbeutel aufzuklappen. »Ich – Ich hab gerade nicht so viel dabei. Aber ich-« Ich sah auf die drei Zwanziger Scheine hinunter.

»Wie viel?!«

Ich kniff die Augen zusammen. Ich wollte nach Hause. Ich wollte einfach nur noch nach Hause. »60 Dollar.«

Dann ertönte ein raues, spöttisches Lachen. »60 Dollar?« Mit einem Ruck packte er mich am Arm und wirbelte mich herum. Ich krachte gegen meine verbeulte, rostige Autotür und stöhnte auf, als mein Kopf gegen das Metall krachte. Sterne tanzten vor meinen Augen und ich blinzelte sie weg. Und dann sah ich sein Gesicht. Kurz geschorene, dunkle Haare, braune Augen, dessen goldener Ring im gelben Strassenlicht glänzte, das alles in einem finsteren, markanten und höchst attraktiven Gesicht.

Unsere Blicke trafen sich. Goldenes Braun auf Türkisblau. Und es sah kurz so aus, als würde er stocken, nur für eine Sekunde. Aber der elektrisierende Moment war da gewesen. Bis er die Pistole so hart unter mein Kinn schob, dass mein Kiefer aufeinander krachte. Meine Zähne knirschten.

»Wie heisst du?« Er musterte mich aus zusammengekniffenen Augen und hob mein Kinn mit seiner Pistole an.

Schweiss brach mir aus, rann meinen Rücken hinab. »Everly« krächzte ich. »Äh ich meine, Ever, also Ever wie Everleigh.« Gott, das klang total dämlich. Ich krallte meine zitternden Hände in meine Manteltaschen. »Ich heisse Everleigh.«

»Everleigh. Ever.« testete er meinen Namen aus. »Du siehst aus, wie sie. Bist ihr aus dem Gesicht geschnitten.« Er betrachtete mich haargenau, strich mir mit der Pistole über meinen Kiefer. Diesmal nicht ganz so hart, fast schon sanft, als würde er mit mir spielen. »Ich warte.«

Meine Knie zitterten und mein Puls raste. »Auf was?«

Der Mann vor mir lächelte. Doch es war ein kaltes, unberechenbares Lächeln. »Auf das Geld. 60 Dollar muss ein Witz sein.«

»Cruz, meinst du nicht, wir sollten ihr eine Kostprobe verschaffen?« Erst jetzt bemerkte ich den anderen Mann im Hintergrund. Ich sah über Cruz Schulter hinweg, wie der blonde Mann an einem grossen Baumstamm mitten auf den Parkfeldern anlehnte. Völlig entspannt, als würde mir nicht gerade eine Pistole gegen die Wange gedrückt werden.

Cruz liess mich nicht aus den Augen, während er seinen Mund gespielt übertrieben zu einer Schnute verzog und dann nickte. »Hmm ... Vielleicht hast du Recht.« Dann, so schnell, wie ich nicht einmal blinzeln konnte, drückte er ab.

»Nein!« schrie ich im selben Moment, als der Schuss durch die Baumkrone ging. Laubblätter rieselten auf uns hinunter, landeten auf seiner Schulter. Mein Magen drehte sich um und mir wurde schlecht. »Okay, okay! Wartet! Ich-« Rohe Verzweiflung packte mich. Ich war den Tränen nahe. Mein normaler Bürojob im It-Bereich machte nicht viel her, es reichte gerade, damit ich und Sophie über die Runden kamen und mein Vater sich hier und da was abzapfen konnte. In diesem Moment der rohen Angst fragte ich mich nicht, wieso ein Mann mich bestehlen wollte, dessen weisses Hemd frisch gebügelt und dessen Schuhe mehr glänzten als ein frisch geputztes Fenster. »Ungefähr Zweitausend und dreihundert Dollar sind auf meinem Konto, ich-«

»Das ist alles?« Er packte meinen Nacken, grub seine Finger in meine Haut und presste den Pistolenlauf seitlich gegen mein Gesicht. Abermals betätigte er den Abzug.

Mein Herzschlag setzte aus, mein Atem stellte sich ein und ich hatte das Gefühl, ich würde sterben. »Nein! Nein bitte nicht!« Ich würde alles tun, würde auf Knien betteln und sie anflehen, mein Leben zu verschonen. »Bitte nicht, ich geb euch all mein Geld. Ich könnt alles haben. Aber ich hab eine kleine Schwester, sie braucht mich. Bitte!« Ich schluchzte auf, während Tränen meine Wangen überströmten und meine Sicht verschleierten.

Sein eiskaltes Lachen traf mich ins Gesicht. »Okay, lassen wir das mit den Spielchen, so gern ich dich auch weinen sehe. Six?« wandte er sich Blondie zu, dann fing er etwas auf. »Du kommst jetzt mit uns.« Keine Sekunde später streifte er mir den schwarzen Sack über den Kopf.



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Wie findet ihr Cruz bis jetzt? 🧐

und Ever? ☺️

MAFIA BOSSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt