07. Abschied

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E V E R

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Das Viertel, in das wir uns begaben, sah heruntergekommen aus. Die Farbe der Häuserfassaden mussten längst wieder gestrichen werden, Müll lag überall herum, Fensterscheiben waren eingeschlagen, Graffiti prangte an Schaufenster.

Da ich den Schlüssel nicht bei mir hatte, und sich kein Ersatzschlüssel wie bei meiner Wohnung im Blumentopf versteckte, war ich gezwungen, an der Tür zu klopfen.

Als Dad vor mit auftauchte, riss er die Augen auf. »Everly, du- du bist hier?« Er blinzelte mehrmals und die Bierdose in seiner Hand fiel vor Fassungslosigkeit auf den Boden.

Ich richtete den Griff um Sophie und ihren Rucksack und lächelte erzwungen. »Überraschung

»Oh Everly, es tut mir so schrecklich leid! Glaub mir ich wollte-«

Ich schüttelte den Kopf und brachte ihn damit zum Verstummen. »Bitte lass das, es interessiert mich nicht. Ich bin hier wegen Sophie.« Dann quetschte ich mich mit Sophie in den Armen zwischen ihm und der Türe hindurch und trat in seine Wohnung.

Schnurstracks lief ich in mein altes Zimmer und legte Sophie dann in mein Bett. Sanft deckte ich sie zu und setzte mich dann neben sie hin. Ich fischte den braunen Teddy aus ihrem Rucksack und platzierte ihn unter ihr Ärmchen, während sie tief und fest weiterschlief.

»Ich werde bald wieder bei dir sein, okay? Bis dahin musst du einfach bei Daddy blieben. Sei brav.« Ich beugte mich vor, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken. »Ich hab dich lieb, Soph. Ich hab dich so sehr lieb.« flüsterte ich an ihrer Stirn. Daraufhin riss ich mich mit meiner letzten Kraft zusammen und drückte mich von der Matratze hoch. Sobald die Tür hinter mir sanft in Schloss rastete, sah ich meinen Vater an.

Er kam zögerlich einen Schritt auf mich zu und er machte eine verdrossene Miene. »Everly bitte, du musst mir glauben, wenn ich sage, dass es mir leidtut! Ich hatte keine Wahl, sie hätten mich umgebracht!«

»50 Tausend Dollar, Dad! 50 Tausend!« wisperte ich ausser mir vor Wut. »Wie um alles in der Welt hast du so viel verpulvern können?« Wie um alles in der Welt konntest du deine Tochter der Mafia ausliefern?

Er fuhr sich gestresst durch seine fettigen Haarsträhnen. »Ich war bei diesen Underground-Kämpfen. Ich hab immer auf den richtigen gesetzt, nur ein Mal, da-«

Ich schüttelte den Kopf. »Egal! Ich will es nicht hören!« Ich hatte ihm schon so oft vergeben, so häufig gehofft, dass seine Versprechen diesmal wahr wären. Aber nun hatte ich die Nase gestrichen. Grob drückte ich ihm den pinken my little Pony Rucksack in die Hand. »Du weckst sie pünktlich um sieben, fährst sie um halb acht zur Schule, damit sie dort um fünf nach ankommt. Morgens ist immer viel Verkehr.« wies ich ihn scharf an. »Im ersten Fach findest du ihren Stundenplan. Du holst sie jeden Tag von der Schule ab. Du siehst zu, dass sie saubere Kleidung trägt, morgens und abends die Zähne putzt und gesundes Essen bekommt. Keine Süssigkeiten nach fünf Uhr und um Himmelswillen nur kindertaugliches Fernsehen, ich will nicht, dass sie einer deiner Barbarenfilme mitanschaut. Ausserdem geht sie um Viertel nach Acht schlafen. Kriegst du das auf die Reihe?«

Er nickte hektisch. »Ja, ja, ja, gar kein Problem. Ich werde mich um sie kümmern, mach dir keine Sorgen, ich hab alles unter Kontrolle!«

»Du trinkst nicht vor ihr. Du rauchst nicht vor ihr. Du schleppst keine Frauen hier her und du lässt sie nicht allein in der Wohnung.«

»Natürlich! Natürlich! Ich bin ganz ordentlich, versprochen!«

Ich packte ihn bei den Schultern und musste mich davon abhalten, ihn zu schütteln. Eindringlich sah ich ihn an. »Du kannst dich mir gegenüber wie der schlechteste Vater ganz Amerikas benehmen, aber nicht zu Sophie, hast du mich verstanden?«

Er nickte und drückte sich den Mädchenrucksack an die Brust. »Du kannst dich auf mich verlassen, Everly.«

»Das hoffe ich.« murmelte ich und verschwand dann aus der Wohnung, während der Kloss in meinem Hals immer grösser zu werden schien. Ich rannte die vermoderten Treppenstufen das Blocks herunter und wischte mir gerade rechtzeitig noch die Tränen von den Wangen, als ich mich wieder ins Auto setzte.

Schuldgefühle drohten mich zu überschwemmen. Hätte ich sie wecken sollen? Waren das nun die letzten Worte, die ich mit Sophie und meinem Dad gewechselt hatte? War es das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte?

Wenn Dad nicht mehr für Sophie da sein würde, wäre Avery zur Stelle. Sie hatte ein zu grosses Herz, als das sie Soph einem Waisenhaus überlassen würde.

Ich presste meine Faust gegen meinen Mund, um nicht loszuweinen.

Es würde ihr gut gehen. Sie war bei Dad, hatte ihr Lieblingskuscheltier. Sie würde jeden Tag in die Schule gehen und ihre Freundin Hope sehen. Sophie würde zu einem herzigen Mädchen und später dann zu einer tollen Frau heranwachsen, egal ob ich nun dabei war oder nicht.

Six drehte sich zu mir um. »Die drei Stunden sind um, ich hoffe du hast all deine Besuche erledigt, Miss Ich-bin-ja-sooo-beliebt

»Ja.« antwortete ich nur und sah dann aus dem Fenster.

»Immer so melodramatisch. Siehs positiv, du hast doch noch drei Monate. Na, was meinst du, Ivan?« Six lachte laut los, verstummte dann jedoch augenblicklich, als er etwas zu bemerken schien. »Ivan! Auf was wartest du noch, fahr schon! Cruz wird noch sauer, wenn wir zu spät kommen.«

Obwohl die Angst vor Cruz das Adrenalin in meine Venen schoss und meinen Magen verkrampfen liess, holte mich die Müdigkeit schlussendlich dennoch ein und ich schlief völlig erledigt ein.




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Hey babes 🖤

Zweites Kapitel für heute😍

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xx raven

MAFIA BOSSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt