03. Ein Geschenk

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E V E R

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Die Tür wurde hinter mir zugeschletzt. Dann heulte der Motor auf und wir fuhren los.

»Wohin bringt ihr mich?« Meine Gedanken ratterten. Ich musste hier raus, wie auch immer ich das anstellen konnte. Ich sah nicht durch den schwarzen Stoff hindurch, und der Autogürtel hielt mich an meinem Sitz fest. Ich atmete tief ein, versuchte die Panik herunterzuringen, während ich meine Hände aus den Kabelbinder zu schälen versuchte. Doch schlussendlich erreichte ich damit nur, dass sich das Plastik tiefer in meine Haut grub und sie aufriss. Sie hatten mir meine Tasche und damit auch mein Handy genommen, ich konnte also nicht versuchen, die Polizei anzurufen.

»Mach die kleinste Bewegung und du bist tot. Verstanden?« drohte Cruz leise – was sich nur noch gefährlicher anhörte.

Ich nickte. Meine Kehle war zugeschnürt und ich konnte keinen einzigen Ton von mir geben. Mein Herz schlug mir bis in den Hals. Keine Panik, Ever. Nur keine Panik. Dad würde schon bald merken, dass etwas nicht in Ordnung war und nach mir suchen.

Dann sagte Cruz etwas zu Six, das ich nicht verstand. Es war in einer Sprache, die ich nur vom Fernseher kannte. Eine Sprache, die man überall wieder erkannte, wenn einem ein kalter Schauer über den Rücken fuhr. Und Himmel, sie war tatsächlich furchteinflössend. Ich wusste nicht, ob ich die Worte in diesem Moment verstehen wollte, oder ob ich lieber froh sein sollte, nichts von all dem mitzubekommen und im
Unwissen darüber zu schwelgen, welch schreckliche Dinge sie mit mir vorhatten.

Ja, wohlmöglich war es besser, dass ich Russisch nicht verstand.

Piep. Piep. Piep. Sie machten einen Anruf. Dann wurde der Hörer auf der anderen Seite abgenommen. »Wer ist da?«

Ich hielt den Atem an, als ich Dads Stimme hörte.

»Wir haben sie.« sagte Cruz und seine Stimme klirrte vor Kälte.

»Everly?« rief mein Dad in den Hörer.

Ich lehnte mich gegen die Gurte. »Dad! Dad, hilf mir!«

»Du hast sie gehört. Wir haben deine Tochter.« Cruz. »Du hälst dich an die Abmachung, kapiert?«

»Natürlich, natürlich! Ich halt mich daran!«

Mein Atem ging schnell und flach. Abmachung? Von was sprachen sie? Cruz schnitt eine scharfe Kurve und ich krachte gegen die Autotür.

»Andernfalls verfehlt die Kugel deinen Schädel nicht mehr. Heute hattest du Glück - dank deinem Geschenk.« Ich spürte Cruz Blick auf mir, als würde er sich in meine Haut brennen.

Die Welt schien anzuhalten. Dank deinem Geschenk. »Dad? Dad, hast du-«

»Dir wird nichts passieren Everly, versprochen.« unterbrach mich mein Vater.

Ich kannte seine Versprechen, sie waren lose, hegten zu nichts. All die Elternabende in der Schule, an denen er gefehlt hatte. Die etlichen Gesangsauftritte, an denen ich teilgenommen hatte, ohne dass ein Elternteil mir zugeschaut hatte. Die Tage, an denen er mich von der Schule abholen sollte, und nicht aufgetaucht war. Ich schüttelte den Kopf, konnte nicht glauben, was er im Inbegriff war, zu tun. Nein. Nein, das konnte nicht wahr sein.

»Everly, ich hatte keine Wahl!« tönte seine verzerrte Stimme aus den Telefonsprechern, dann wurde die Verbindung grob abgebrochen.

Jemand fuhr das Fenster hinunter, und warf etwas heraus. Ich hörte, wie es auf der Strasse zersplitterte. Sicherlich das Telefon. Ein Einweghandy – nicht zurück verfolgbar.

Dann drückte Cruz mächtig aufs Gaspedal und der Wagen zischte mit bahnbrecherischer Geschwindigkeit über die Strassen. Ich wurde in den Sitz gedrückt, stille Tränen, die mir aus den Augen flossen.

Er hatte mich verkauft - einfach so.

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drittes Kapitel ❤️ wie wars?

MAFIA BOSSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt