5.

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Ben

"Ich ... wollte nur mal fragen, wie es gestern so war."

Das ganze kommt kläglicher als geplant aus meinem Mund. Ich klinge wie das Aschenputtel, das seine hochmütige, hässliche Schwester nach dem Tanz mit dem edlen Prinzen fragt.
Sie seufzt erneut, nur dieses Mal weiß ich, dass es sich nicht gegen mich richtet.

"Natürlich war es wie immer: Schrecklich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele alte Männer in meinen Ausschnitt geguckt und wie viele mich nach meinen Zukunftsplänen gefragt haben."
Dass sie diese beiden Dinge gleichsetzt, sagt für mich viel über ihre Persönlichkeit aus.
Außerdem ist sie selbst schuld, sie verkleidet sich als Dads kleine Trophäe, mit der er seinen notgeilen Geschäftspartnern unter der Nase herumwedeln kann, bis ihnen der Schaum vorm Mund steht.

"Ich habe gehört, AJ war da", sage ich schlicht.
Sie springt nicht darauf an und als ich bemerke, dass ich mich selbst in eine verbale Sackgasse manövriert habe, gehe ich auf volles Risiko.
"Und Eric."

Bei seinem Namen zuckt sie zusammen, sogar so sehr, dass die Matratze unter uns wackelt.
"Ja. Der war da. Ich wusste gar nicht, dass ihr befreundet seid."
Eine Gänsehaut breitet sich von meiner Kopfhaut über meinen gesamten Körper aus. Hat Eric gesagt, dass wir Freunde sind oder hat sie das gerade angenommen, weil ich nach diesem Mann gefragt habe?

"Hat er dich etwas über mich gefragt?"
Ich halte die Luft an, bis sie endlich ihre widerlich süße Stimme erhebt.
"Er wollte wissen, ob du wirklich krank bist ... Oder ob das nur die Version von Mom und Dad war."
Das Ziehen in meiner Brust will mir mitteilen, wie sehr mich dieses Versteckspiel von Dad doch verletzt.

"Ich habe ihm gesagt, dass du keine Grippe hast, aber ... er wollte nicht zu dir hochkommen."
Das Ziehen verwandelt sich in einen dumpfen Schmerz.
Natürlich würde er nicht zu mir heraufkommen wollen. Warum auch? Wozu? Wer würde mich schon sehen wollen?
Wenn sie nicht neben mir sitzen würde, würde ich jetzt mein Gesicht in den Händen verbergen und weinen, ohne eine Träne zu vergießen.

"Warum hast du mir nie gesagt, dass ihr Kontakt gehalten habt?", will sie neugierig wissen.
Spiel deine Rolle, zischt die Stimme in meinem Kopf, die den tiefsten Ton eines Basses hat.
Ich zucke mit den Achseln und frage unbeirrt: "Warum sollte ich?"
Ihre braunen Augen werden größer.

"Ich muss jetzt ja wohl nicht auch noch meinen Freundeskreis offenlegen. Zumal dieser nicht besonders groß ist."
"Benno."
"Nenn mich nicht so!", rufe ich aus und reiße meine Hand weg, als sie danach greifen will.
Das letzte, was ich will, ist ihr Mitleid.

Das Ganze ist ein empfindliches Thema. Seitdem mein Plan fast aufgegangen ist, hat mein Privatleben erhebliche Einschnitte erlitten. Und diese Einschnitte haben die Dunkelheit in meinem Kopf nicht gerade vertrieben.
Ich habe durch Dads strenge Hand und Moms traurige Augen praktisch alles verloren, was mir bis dato geblieben ist.

"Ich will dir doch nicht in dein Privatleben pfuschen. Es interessiert mich nur, dass du und Eric befreundet seid", protestiert die Blondine.
"Jetzt weißt du es ja", stoße ich aus.
Ich stehe auf, würde meine Hand am liebsten einmal über ihrem Schreibtisch ausrutschen lassen, um ihre Ordnung zu Boden zu werfen.

Das hier war wirklich eine beschissene Idee und hat mich nur noch mehr bloßgestellt, als ich es ohne hin schon bin. Ich werfe all meine Fragen über Eric über Bord.
Ich hätte sie auch schlecht nach seinem Parfum oder seinem Haarschnitt fragen können. Aber ob er eine Arbeit erwähnt hat oder ...

"Ich wollte nur wissen, ob er irgendetwas über mich gesagt hat. Das ist alles."
"Wir waren im Garten und ich glaube, dass er zu dir hochkommen wollte, aber er schien irgendwie das Gefühl gehabt zu haben, dass du ihn nicht sehen wolltest."
Der Rest ihrer Worte erreicht mich nicht mehr. Ich starre an den Türknauf.

Er hat den Eindruck gemacht, dass er zu mir hochkommen wollte? Inwiefern?
Stand er am Fuß der Treppe und blickt mit sehnsüchtigen Augen nach oben auf die Tür, hinter der er schon so oft verschwunden ist?
Als es still wird, gebe ich ein "Hm" von mir.

"Ben. Was ist da zwischen euch vorgefallen? Hat es etwas mit -"
Rage blüht in mir auf. Überhaupt auch nur auf den Gedanken zu kommen, Eric könnte mit etwas Schlechtem, Toxischem in Berührung kommen.
Hat sie ihn sich denn gar nicht richtig angesehen, als sie ihm im Garten gegenüber stand?! Er ist perfekt, gut, unbefleckt. Er ist gut. Nicht schlecht und schmutzig wie ich.

"Nein! Damit hat er absolut nichts zu tun. Vergiss es, Ophelia und mach mal das Fenster auf - hier drin stinkt es nach Veilchen!"
Beim Öffnen der Tür muss ich ein Familienfoto passieren, das lächerlicher als jedes Gebet an einen Gott, den es nicht gibt, erschient.

Mom lächelnd und ihre Haut ist nicht aufgedunsen.
Dad hat stolz einen Arm um mich gelegt.
Ophelia strahlt.
Ich blicke direkt in die Linse der Spiegelreflexkamera und meine Augen schreien nach Hilfe.

Bevor ich die Tür endgültig schließe, will ich mir etwas von meinem Stolz zurückholen, indem ich meine perfekte Schwester bloßstelle.
"Du hast übrigens im Schlaf geredet. War ganz amüsant. Jace, oh, lass das, Jace!", stöhne ich durch einen winzigen Türspalt, dann knalle ich das Holz in den Rahmen.
Ophelia schreit mir hinterher. Mission erfüllt.

Ein großer Vorteil, wenn man die ganze Nacht über nicht schlafen kann, ist, dass man alles hört, alles mitbekommt. Ob man will oder nicht.

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Song: Trauma - NF

Good day, my friends und einen schönen 2. Advent! :)

Als ich gestern Abend im Wohnzimmer saß & geschrieben habe, hatte ich angenehme Gesellschaft. Eine RIESEN Spinne war mit von der Partie xD
Hat hier jemand Angst vor Spinnen?
Also ich nicht, aber wenn sie von der Größe sind, wie die gestern, dann kostet es mich einiges an Überwindung, den Arm auszustrecken und sie platt zu machen xD

Das war nun unsere random Geschichte aus Lisas Leben für heute :)
Zu unserem Benny: Ist er nicht gemein und böse? Ich liebs xD Es hat echt Spaß gemacht, diese Szene aus seiner Perspektive zu schreiben.

Morgen ist einfach schon Nikolaus ....
Wisst ihr, was mich richtig aufregt? Das wir dieses Jahr wieder kein Feuerwerk machen dürfen.
Also ich & meine Mom haben in den letzten 10 Jahren kein Feuerwerk gemacht, ABER für dieses Jahr hatten wir es geplant, weil Silvester in den letzten Jahren so traurig war.
Toll, Pläne über den Haufen geworfen. Überhaupt sieht die aktuelle Lage ja alles andere als berauschend aus ....

To end on a happy note:
Morgen ist einfach schon Nikolaus. xD

All my Love,
Lisa xoxo

almost Love [boyxboy]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt