47.

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Ben

Song: Outro - M83 (zu dem Song habe ich geschrieben, wir lassen ihn jetzt einfach mal drin.)

"Jetzt hör mir doch zu, es tut mir leid, Ben, bitte."
"Ich habe dir heute wirklich genug zugehört, findest du nicht auch? Ich lege jetzt auf."
Überhaupt erst ranzugehen, als ich Erics Namen auf meinem Display gesehen habe, war ein Fehler. Ein weiterer Fehler, den ich dumm und blind begangen habe.

Ich werfe mein Handy auf das ungemachte Bett, auf dem ich bis eben noch gelegen und an die Decke gestarrt habe.
Eric hat lange gebraucht, um mich zu kontaktieren. Oder bin ich einfach nur schnell gelaufen?
Ich will darüber nicht nachdenken und greife meine Gitarre.

Nach meinem kleinen Wettlauf gegen die Zeit, die Sonne und die verfolgenden Blicke draußen, habe ich es erstaunlich leicht und ohne großes Aufsehen zu erregen, zurück ins Haus geschafft.
Ich habe einfach so getan, als ob ich zum Rauchen auf der Terrasse war und bin durch das Wohnzimmer direkt hoch in mein Zimmer gegangen.

Verschwitzt und immer noch etwas außer Atem, aber niemand hat etwas bemerkt, ich bin niemandem begegnet.
Es stellt sich heraus, dass es wesentlich einfacher zu sein scheint, sich bei Tageslicht rauszuschleichen. Dennoch werde ich das zu keiner Gewohnheit machen.

So viel Gitarre kann ich gar nicht spielen, um mich wieder runterzukriegen.
Meine Finger gleiten über die Saiten meines größten Schatzes. Die Verstärker bleiben heute aus, auch wenn ich die ohrenbetäubende Lautstärke wirklich gut gebrauchen könnte. Aber das Haus ist voll, still, aber ich weiß, dass sie da sind.
Und mein Herz rast noch immer. Ich kann mich gerade keiner weiteren Auseinandersetzung stellen.

Diese Feststellung lässt mich beinahe aus Trotz aufspringen und aus der Tür stürmen, nur um mit irgendjemandem Ärger anzuzetteln, um es mir selbst zu beweisen, mich selbst zu strafen, für solche verweichlichten Gedanken.
Ich breche mitten im Akkord ab und strecke mich nach meinem Handy aus, stelle es aus, sperre Eric aus.

So weh es auch tun mag, er tut mir nicht gut. Seitdem er wieder in meinem Leben aufgetaucht ist, in diesem Krankenhauszimmer für Suizidgefährdete, hat er alles durcheinander gebracht, alles verkompliziert und Gefühle in mir hervorgerufen, die ich nicht fühlen will.
Mein taubes, monotones, von Wut durchzogenes Leben war in Ordnung.

Ich hatte James, James kleine Tütchen und jederzeit die Möglichkeit, meiner Existenz ein Ende zu setzen.
Jetzt habe ich einen großmäuligen, arroganten, schwarzhaarigen Typen mit Mittelscheitel, der mir den letzten Nerv raubt und meinen nicht vorhandenen Frieden stört.

Ich beschließe ihn aus meinem Leben zu streichen. Und genau das tue ich.
Wie damals, als Eric für eine sehr lange Zeit abgereist ist, antworte ich nicht mehr auf seine Textnachrichten und lehne seine Anrufe noch vor dem zweiten Klingeln ab.
Und nehme noch am selben Abend drei Pillen, um die Schmerzen in meinem Körper und lauten Gedanken in meinem Kopf zu betäuben.

So verbringe ich den Anfang der nächsten Woche und als der Mittwoch gekommen ist, sind für mich zwei Monate ins Land gegangen. Aber dem ist nicht so. Ich habe einfach nur drei weitere Tage in meinem Zimmer verbracht und meine eiserne Ration von Betäubungsmitteln beinahe aufgebraucht.

Doch am Mittwoch ändert sich etwas am sonstigen Rhythmus, der das Leben des stillen Hauses bestimmt. Unruhe kommt auf, Geräusche schrecken mich um eine Uhrzeit auf, zu der keine Geräusche zu hören sein dürften.
Ich stehe auf, wanke durch den sich drehenden Raum und lege ein Ohr an die Tür. Unten fährt ein Auto vor. Dad und Ophelias Stimmen sind gedämpft wahrzunehmen.

Geräusche bedeuten, etwas Unvorhergesehenes ist passiert, was wiederum bedeuten könnte, dass ich meine Familie in einem Ausnahmezustand vorfinden könnte und das ist immer wieder eine schöne Gelegenheit Salz in ihre Wunden zu streuen.
Also öffne ich meine Zimmertür und schleiche die Treppe hinunter.

Mein Vater schreitet mit steifen Schritten und verzerrtem Gesicht ins Wohnzimmer. Er sollte erst in drei bis vier Stunden durch die Haustür kommen, mit Aktentasche unter dem Arm und Coffee-To-Go-Becher in der linken Hand.
Er sieht mich nicht am Fuße der Treppe stehen, ich muss mich nicht mal klein machen, um seinem Blick zu entgehen.

Dank meiner Socken bleiben meine Schritte geräuschlos. Ich komme mitten in der Eingangshalle zum Stehen und kann durch die hohen Fenster in die Einfahrt blicken.
Dort steht ein Taxi, aus dem meine Mutter aussteigt. Mein Herz rutscht in die Hose, jedenfalls fühlt es sich so an.

Hunderte Informationsschnipsel prasseln auf mich ein. Mir wird klar, dass ich ganz vergessen habe, dass sie sich in den letzten Wochen in einer Entzugsklinik aufgehalten hat.
Ein Grunzen entkommt meiner Kehle. Das kommt davon, wenn sich die eigene Mutter wie ein pubertierender Teenager verhält, Tage -Wochen- lang nicht nach Hause kommt und über ihre Strenge schlägt, was den Alkohol angeht; man vergisst, dass man eine Mutter hat und wo sich Besagte gerade aufhält.

Ich schüttele den Kopf und entdecke eine rosa Wolke, die sich neben meinem Vater auch noch im Wohnzimmer aufhält. Ophelia.
Ich betrete den einen Raum des Hauses, der eigentlich warm und einladend wirken sollte, doch nichts als kalte Luft schwappt mir entgegen.

Ich habe mich soeben in die Höhle des Löwen begeben. Doch ich bereue diesen Schritt nicht, jedenfalls noch nicht. Dad sieht so angespannt aus und Ophelia beinahe verängstigt, als ihre großen, braunen Augen auf mich treffen.
Ich lehne mich neben die antike Standuhr. Schon mehrmals habe ich angedroht, sie mit einem Baseballschläger zu zertrümmern, wenn Mom und, oder Dad mich wegen belanglosen Dingen in die Mangel nehmen wollten.

In einer flüssigen Bewegung ziehe ich mein Handy aus der Jogginghose und richte meine Augen darauf.
"Das wird aber auch Zeit, Sohn", mosert der alte Mann im Anzughemd, obwohl mir niemand Bescheid gegeben hat, herunterzukommen und mein Auftauchen auf purem Zufall beruht.
Er scheint wirklich keine andere Kleidung mehr zu besitzen. Wahrscheinlich hat er die T-Shirts und Hoodies zusammen mit meinen bereits vorgefertigten Verträgen für den Eintritt in die Firma verbrannt.

Ophelia zuckt bei seinem Tonfall an meiner Stelle zusammen. Am liebsten hätte ich sie ausgelacht, aber fürs Erste werde ich mich wie ein Geist verhalten. Ein sichtbarer Geist.
Ophelia bekommt eine Nachricht auf ihrem Handy. Als sie es hervorzieht, macht Dad sie tatsächlich von der Seite an.

Der scheue Blick, der in die Augen meiner Schwester tritt, macht mich wahnsinnig.
Wie kann man nur so gehorsam und willenlos sein?
Wenn ich sie ansehe, schnürt mir die pure Aggression die Kehle zu. Leider bemerkt sie meine hasserfüllten Blicke nicht.

Wir scheinen in einer Zeitkapsel gefangen zu sein und nur der Herr des Hauses kann uns erlösen. Als er aus seinem weißen Sessel aufsteht und zur Tür geht, scheinen die verstreichenden Sekunden wieder ihre angemessene Länge zu haben.
Mit genauso steifem Gang wie eben steuert er jetzt auf den Eingangsbereich zu.

Im Vorbeigehen streifen seine eiskalten Augen mein Gesicht und hinterlassen dort eine Narbe, die nur ich spüren kann und für immer im Spiegel sehen werde.
Das brave Prinzesschen folgt ihrem Vater wie der herausgemachte Schoßhund, der sie nun einmal ist. Unsere Augen treffen sich, ihrem Blick begegne ich, aber wir haben uns nichts zu sagen.

Da ist nichts zwischen uns. Nur Hass und tiefe Abneigung, die auf Gegenseitigkeit beruht.
Sie weicht meinem Blick aus, schlägt die Augen nieder und verlässt das Zimmer.
Und dann betritt meine Mutter das Haus.

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Hiyaaa :)

Ich habe nicht ganz so toll geplant, deswegen weiß ich nicht, ob ich Georgia Rosethorn "sichtbar" für Ben in den letzten Kapitel habe auftreten lassen, wenn sie doch eigentlich noch auf Kur war. (Abgesehen von den Rückblicken natürlich)
So bare with me, falls das der Fall sein sollte. xD

ICH MUSS GEHEN; GLEICH FANGEN DIE BRITS AN AAAHHH!!!! GOD PLEASE LET SAM FENDER WIN A BRITTTTTT!!!!! (ALLE DAUMEN DRÜCKEN BITTE!!!)

Eure Kommentare beantworte ich morgen, sorry, but thank u, love u!

All my Love,
Lisa xoxo

almost Love [boyxboy]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt