22.

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Ben

Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte.
Ich starre vor mich hin, die Augen nie auch nur einen Zentimeter von meinem Fixpunkt abweichend.
Meine Hände sind unter dem Tisch miteinander verflochten. Eben hätte ich beinahe mein Besteck vom kleinen runden Tisch gefegt. Ich werde es sowieso nicht benötigen, bei meiner engen Kehle werde ich keinen Bissen herunterbekommen.

Außerdem ist mir übel.
Eine Übelkeit, die ich schon lange nicht mehr verspürt habe. Aufregung.
Eine Frau mit breiten Hüften quetscht sich an unserem Tisch vorbei. Ihr süßes Parfum folgt ihr wie eine Lakai aus folgsamen Rosenblättern.

Ein Wasserglas steht in verlockender Nähe, ich kann den glänzenden Rand erkennen. Aber ich werde nicht die gesunde Hand danach ausstrecken. Reglosigkeit ist meine beste Tarnung.
Das letzte Mal, als ich diese Übelkeit verspürt habe, liegt viele Jahre zurück. Ich habe es nicht für möglich gehalten, sie noch einmal ertragen zu müssen.

Das letzte Mal, dass sich mein Magen auf diese Art und Weise zusammengezogen hat, war an einem Abend im Spätherbst. Ophelia und James waren unten in der Küche dabei einen ihrer beliebten, widerlichen, grünen Salate zu machen.
Ich lag in meinem Zimmer, wie so oft in dieser Zeit. Ich hatte Streit mit Dad. Ich wollte ihn mit seiner ständigen Abwesenheit konfrontieren.

Ich wollte, dass er mir zu hört, sich wieder für seine Familie interessiert und aufhört Mom so schrecklich unglücklich zu machen.
Er hat mir nicht zugehört, sich einer mit einer abwertenden Handbewegung abgewandt und ist die Treppe nach oben in sein verfluchte Arbeitszimmer verschwunden.

Ich weiß nicht, ob James meine Verzweiflung und Einsamkeit durch die geschlossenen Tür riechen konnte, aber plötzlich stand er da und klopfte an.
Damals war ich noch in der Lage mich aus dem Bett zu erheben, wenn jemand etwas von mir wollte.

Ich glaube, ich war nicht gerade freundlich zu ihm.
Und dennoch erwies er mir diesen Akt der Freundschaft und drückte mir dieses kleine Tütchen mit Tabletten in die Hand.
James war schon lange zuvor unser Ansprechpartner für Gras, Amphetamine und Steroide.

Mir war nicht bewusst, wie tief er im Dealergeschäft drinsteckte.
Unten in der Küche drehte Ophelia das Radio lauter und sang einen Katy Perry Song lauthals mit und James und ich standen uns gegenüber, schauten uns unverwandt an.
Er im Flur, ich in meinem Zimmer.

Ich hätte die Türe einfach zuschlagen können, die Tüte im Klo herunterspülen.
Aber das habe ich nicht. Ich habe meine Tür offen gelassen, James hinterher gestarrt.
Das war das letzte Mal, dass ich diese Übelkeit verspürt habe; als ich allein in meinem Zimmer saß. Allein mit dieser kleinen Tüte.

Und dann habe ich eine Tablette geschluckt.
Warum?
Weil James mir mit seiner Locke in der Stirn das stumme Versprechen gegeben hat, dass sie meine Schmerzen lindern und meine Gedanken vertreiben kann.

Ich blicke auf.
Ich weiß wirklich nicht, wie wir hier gelandet sind.
Wie auch immer wir es angestellt haben, aber jetzt sitzen wir uns hier gegenüber in diesem kleinen Restaurant.
Eric lächelt mich scheu an und senkt danach die blauen Augen zurück auf die Karte.

Und irgendwann fangen wir einfach an zu reden, töten unser Schweigen mit einem Atemzug. Wir reden über alles Mögliche.
Es ist fast so, als wären keine fünf Jahre zwischen uns vergangen, wäre da nicht der Fakt, dass wir uns in einem Restaurant getroffen haben. Das hätten wir früher nie getan.
Ich vermute, dass Eric mit Absicht einen neutralen Ort gewählt hat.

Während wir auf unser Essen warten - Eric hat mir einfach eine Lasagne bestellt - beginnt er plötzlich mit dem Stift, den unsere Bedienung liegen lassen hat, auf meinen Gips zu malen. Die dünnen Striche werden zwar kaum sichtbar auf dem rauen Material, aber das dämliche Lächeln will dennoch meine Lippen nicht verlassen.

"Und wo hast du gelebt, als du aus London abgehauen bist?", schließe ich an unser Gespräch an, das ich über die gleichmäßigen Striche auf meinem Arm beinahe vergessen habe.
Ich glaube, er versucht einen Baum zu zeichnen.
"Manchester. Aber dort bin ich nicht lange geblieben, schlechtes Pflaster."

Er hat die Welt gesehen, Erfahrungen gesammelt, Erlebnisse, während ich in meinem Zimmer gelegen und die Decke angestarrt habe.
Ich schlucke und möchte plötzlich meinen Arm zurück unter den Tisch ziehen.
Ich möchte das hier genießen, wirklich. Aber mit einem Mal ist da nur noch Wut und Enttäuschung.

Eric scheint meinen Stimmungswechseln nicht zu bemerken oder er lässt es sich nicht anmerken.
"Ein Nachbar von mir wurde eines Nachts von hinten mit einer Metallstange niedergeschlagen, weil sein Auto geklaut werden sollte. Seitdem hat er eine Platte im Kopf und ich habe am nächsten Tag meinen Mietvertrag gekündigt."
Er schaut mit einem Grinsen zu mir auf, beugt sich dann wieder vor und zieht weiter konzentrierte Striche über den Gips.

"Ich könnte sowas nicht mit dem Geld meines Vaters machen. Allein bei dem Gedanken, etwas machen zu könnten, nur weil er dafür bezahlt hat ..."
Ich schüttele mich.
Ein kalter Blick, so eisig wie ein Schneesturm trifft mich. Eric sieht aus, als hätte ich ihn geschlagen.

"Ich habe das alles selbst bezahlt. Was meinst du, warum ich gearbeitet habe?"
Ich hebe kaum merklich die Augenbrauen.
"Oh."
Ich weiche seinem Blick aus. Doch sein Knie stoßt unter dem Tisch gegen meins, so lange bis ich mich wieder traue, in seine Augen zu blicken.

"Ist schon okay", sagt er leise.
Seine große Hand hat mein umgipstes Handgelenk umfasst. Ich wünschte, ich könnte sie spüren.

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Song: Favorite Crime - Olivia Rodrigo

Heyyaaa!

Ich habe heute unseren Weihnachtsbaum in Rekordzeit aufgestellt. 2 Minuten!
Meine Mutter war ganz begeistert, hehe.

Gute Neuigkeiten: Heute muss ich meine Drama-Analyse nur noch Kontrollelesen, dann habe auch ich ENDLICH FERIEN!!!!!!!!!!!!!! :) Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich bin!

Nun, alle Kerzen am Adventskranz brennen, ich hoffe, jeder von euch kann es sich heute Abend schön gemütlich machen ... und dann... heißt es nur noch zweimal schlafen :)
Seid ihr schon aufgeregt?
Auf welches von euren Geschenk (falls euch eins bekannt ist) freut ihr euch besonders?

Oder wenn ihr überhaupt nicht wisst, was ihr bekommen werdet: Welches Geschenk freut ihr euch am meisten zu verschenken?

Ich glaube, ich sehne mich am meisten nach meinen Alben :) und meiner Überraschung - die wünsche ich mir nämlich jedes Jahr ;P

2 Türchen are yet to come!

All my Love,
Lisa xoxo

almost Love [boyxboy]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt