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Eric

Song: Deep End - Holly Humberstone

Wir sitzen eine Weile in erdrückender Stille da.
Der Fakt, dass Ben es wirklich in Betracht gezogen hat, dass ich ihn so hintergangen und bei seinem Vater geoutet hätte oder es vorhaben könnte ... verletzt mich. Wirklich. Tief.
Wir konnten uns schon immer viel an den Kopf werfen, wenn ich es auf Konfrontation ankommen lassen habe, aber nicht so etwas.

Nicht so etwas tief Verletzendes, Persönliches. Etwas, von dem der andere weiß, wie tief ein Verrat dieser Größenordnung unter die Haut gehen würde.
Ich seufze laut, ungewollt und ziehe damit Bens Aufmerksamkeit auf mich. Sein Blick bohrt sich in meine Wangen, brennt auf meinen Lippen, bevor er meine Augen zum Zucken bringt.

"Willst du noch ein Wasser?", frage ich leise.
"Ich würde ganz ehrlich lieber gehen und wenn ich ganz ehrlich bin, würde ich lieber laufen, anstatt mit dir im Auto zu fahren", sagt er kalt.
Ich blähe meine Nasenlöcher auf und betrachte sein Wasserglas auf dem Couchtisch.

"Ich lasse dich aber nicht gehen, noch nicht jedenfalls. Ich wollte mit dir reden und das tun wir jetzt. Wir sind noch nicht fertig."
Ich lege meine Unterarme so entspannt wie möglich auf meinen Knien ab und lehne mich vor.
"Ich verstehe, du willst also einen Schlussstrich ziehen", schnaubt er.

"Jetzt hör doch mal auf, ständig die Dinge so negativen zu interpretieren!", blaffe ich und bin mir sicher, dass meine Nachbarn neben, unter und über uns diesen Satz klar und deutlich verstanden haben.
"Dann drück dich klarer aus", schmollt Ben zurück.
"Ich drücke mich klar aus. Du, in deiner völlig irrationalen Paranoia, glaubst hinter jeder Ecke Verrat lauern zu sehen und von jedem verlassen zu werden, dabei bist du es, der jeden und alles von dir stößt!"

Ich weiß, ich verhalte mich gerade wahrscheinlich wie ein Arschloch, erhebe meine Stimme wie mein Vater, wenn er unzufrieden mit einer schulischen oder sportlichen Leistung mit mir war, aber gerade scheint mir dieser Ton angebracht zu sein. Immerhin hat er bei mir damals auch etwas bewirkt. Auch, wenn ich danach meistens zum Haus der Rosethorns aufgebrochen bin.

"Ich mache das -"
Ben unterbricht sich selbst, presst die Lippen zu einer kaum noch sichtbaren, schmalen Linie.
Ich habe das Gefühl, dass er gerade etwas Wichtiges sagen wollte, mir einen wahren plausiblen Grund nennen wollte und ich es verbockt habe, diese Antwort zu erfahren.

"Fuck!", fluche ich und werfe mich zurück in das schwarze Leder.
Wenn Ben nicht neben mir sitzen würde, würde ich jetzt mehrmals gegen meine Stirn schlagen, aber ich will ihm diese Genugtuung gerade nicht geben.
Wie zur Hölle soll ich mit ihm reden?

Wenn ich zu sanft bin, bewege ich mich nicht von der Stelle. Von allein kommt Ben nicht aus seinem Schneckenhaus aus Stahl und Diamanten hervor.
Wenn ich zu grob werde und ihn dränge, endlich diese weichen Lippen zu öffnen, zieht er sich noch weiter in seinen Gott verdammten Panzer zurück.

"Du treibst mich in den Wahnsinn."
"Nicht das, was man gerne hört, aber danke."
Ich höre sein Grinsen, bevor ich es sehe.
Seine braunen Augen liegen verschmitzt auf mir, aber seine Freude ist keine leichte. Es ist die siegessichere Arschloch-Haltung, die er einnimmt, wenn er überlegen ist.

Egal, ob er einen Gegner im Faustkampf zu Boden gerungen hat oder jemanden, wie mich jetzt, verbal entkräftet.
Wenn er sich doch nur seinem Vater oder seiner Mutter oder Ophelia so stellen könnte.
"Okay, hör zu, dann machen wir es anders", beschließe ich, ohne ihn zu fragen, "Du willst nicht reden, aber vielleicht kannst du dann wenigstens einfach zuhören. Und das ohne deine blöden Kommentare."

"Meine Kommentare sind nicht blöd."
Ich werfe ihm einen Blick zu, der hoffentlich genau so viel aussagt, wie die hundert Varianten von Beleidigungen, die gerade durch meinen Kopf schwirren.
"Ich fühle mich schuldig. Und ich habe dir schon mal gesagt, dass ich keine Vergebung von dir will oder erwarte. Aber ich möchte mich erklären - ein großer Unterschied zu rechtfertigen!"

Ich suche seinen Blick und seine Bestätigung, dass er verstanden hat und akzeptiert, aber er schaut aus dem Fenster. So, als wäre ich gar nicht da. Ich kann den Puls an seinem Hals sehen. Er ist mindestens genauso aufgeregt und aufgebracht wie ich.
"Ich bin nach meinem Abschluss nach Europa, weil ich wegwollte. Und ich glaube, ich bin Stück weit auch aus Trotz gegangen, weil du nicht mit wolltest und ich es so gehofft habe."

"Was?"
Bens Zwischenfrage kommt überraschend.
"Ich habe mir gewünscht, dass du mitkommst, dass wir beide hier rauskommen und gemeinsam an einen anderen Ort fliehen können, wo uns niemand kennt, wir uns nicht mehr verstecken müssen. Um ehrlich zu sein ..."

Ich knete meine Hände, plötzlich hyperbewusst von Bens voller Aufmerksamkeit. Ich gebe Schwäche nicht gerne zu.
"Dieses ganze Versteckspiel hat mich unglaublich fertig gemacht. Ich habe mich wie dein schmutziges Geheimnis gefühlt. Aber ich mir ist genauso gut bewusst, dass du auch meines warst. Was am Anfang aufregend und erregend war ..."

Ben gluckst und fährt sich durch die Haare.
"... war am Ende einfach nur ... ernüchternd und frustrierend. Und dann auch noch deine ständigen Launen. Mal warst du gut drauf, dann hast du mich beinahe heulend aus deinem Zimmer geworfen, obwohl ich nichts gemacht habe. Heute weiß ich es besser als damals, aber ich dachte, es liegt an mir und dann habe ich überlegt und keinen Grund gefunden, warum es an mir liegen sollte und ich wurde sauer auf dich und gab dir die Schuld an der komischen Stimmung zwischen uns."

Mittlerweile schaut Ben auf seine Schuhe, dessen Spitzen er immer wieder zusammen klickt.
"Ich habe dich genau in dem Moment allein gelassen, in dem du mich am meisten gebraucht hast und das werde ich mir nie verzeihen. Ich habe dich einfach nicht verstanden, die ganze verdammte Situation nicht. Und es tut mir leid."

Meine Hand landet auf Bens warmem Unterarm, bevor ich sie daran hindern kann.
"Es tut mir wirklich leid."
Meine Stimme ist kaum noch mehr als ein Wispern.
"Ich habe dir schon gesagt -", setzt er an.

"Nein", unterbreche ich ihn, "es ist nicht okay und das wird es nie sein. Ich war dumm. Ein kleines, dummes Arschloch und ein beschissener Freund und -"
"Mein Gott, jetzt halt die Klappe!"
Da ist Belustigung in seinem Ton und er funkelt mich aus nur noch halb so trüben Augen an.

Ich lasse meine Schultern nach vorne fallen und entferne meinen Halt von seinem Arm.
"Vielleicht waren wir einfach zu jung", seufze ich, beinahe theatralisch.
"Vielleicht."
"Vielleicht war es auch einfach die falsche Zeit."
"Vielleicht. Vielleicht haben wir auch einfach beschissene Eltern."

Bens Mundwinkel verziehen sich bei diesen Worten leicht nach oben und er schubst mich an.
"Vielleicht", hauche ich.
Es missfällt mir, die Schuld für meine Taten und mein Fehlverhalten auf andere abzuwälzen. Aber in diesem Moment fühlt es sich erleichternd an und ist das einfachste, was ich tun kann.

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if u haven't listened to "Yeh I Fuckin' Did It" by Labrinth then what the fuck are u doing? Go listen to it. NOW! I'm not asking.

Ernsthaft, dieser Song ist so gguuutt, damn. Endlich ein equal zu "The Plan" von Travis Scott.

Außerdem ist heute ein exciting day, weil "Through my window" (Netfilx) rausgekommen ist!!!!!!!!!!!!!!! :) ya girl is happy.

Noch ein Film Tipp!! (ich re-watche sie gerade, hrhr) "Attraction" & "Attraction 2- Invasion"

Eine Sci-Fi-Romance. Ich will nicht zu viel sagen, aber ein Raumschiff stürzt auf die Erde, der Film ist wunderbar!!! gesellschaftskritisch und von der Produktion her 10/10!
Wer Action, Hass wird zu Liebe und verdammt gute Storylines mag, wird diese Filme lieben!!!

All my Love,
Lisa xoxo

almost Love [boyxboy]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt