5. Dezember

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"Willst du nicht ins Bett gehen? Wir haben hier alles im Griff."

Was hatte sie gerade gesagt?

Irgendwie spielte Rodjas Hirn nicht ganz mit. Das lag aber nicht an der Müdigkeit, die er immer noch in den Knochen spürte. Es lag an der Frau, die vor ihm saß.

Sie saß im Schneidersitz auf der Couch und hatte Jurij in ihren Arm gebettet. Außerdem trug sie immer noch seine Trainingshose, was an sich schon sehr intim in seinen Augen war. In dem schwachen Schein des Kamins sah das ganze Bild verflucht sexy aus. Nie hätte er für möglich gehalten, dass ihn so ein Anblick von einer Frau, die sich nicht sexy anzog oder sich sinnlich gab, einmal erregen könnte. Vor allem hätte er nie gedacht, dass er seine Augen nicht von einer Frau lassen konnte, die ein Kind in den Armen hielt.

Bisher war er allerdings auch vor solchen Situationen immer geflohen.

Na ja, wenn er ehrlich sein sollte, war da nur Nicolas und Lisa, die ein Kind hatten, aber selbst da rannte Rob so schnell wie möglich weg und vermied die obligatorischen Familientreffen, welche die Älteren seiner Familie seit Nicolas Hochzeit immer wieder abhielten. Sogar sein Vater, obwohl er nun wirklich nicht der harmoniebedürftige Typ war, schnappte sich Frau und Hund um einen Abstecher an den Nordpol zu machen. er war zwar Roberts Pate, sah sich aber eher als der stille Onkel, der seinem Patenkind zum Geburtstag und sonstigen Festtagen ein Geschenk schickte, aber sich sonst nie blicken ließ.

Rob hatte immer eine Ausrede parat.

Vielleicht war das ein Fehler gewesen. Er war sich sicher, dass Nicolas seinen blödsinnigen Plan, ihm ein Kind unterzujubeln, nicht geheim hielt. Immerhin war Emmy auch hier gewesen und wenn die Weihnachtselfe davon wusste, dann auch sein Onkel und seine Tante davon. Und wenn die es wussten, dann auch Robs Eltern.

Nick Clause und Jack Frost  mochten noch so unterschiedlich in ihrem Wesen sein, aber sie hielten immer zusammen, wenn es um etwas Wichtiges ging. 

Wie Pech und Schwefel. 

Wie Not und Elend.

Und nun schien es so zu sein, als ob sie Rodjas nicht vorhandenen Familiensinn als wichtig erachteten.

Rob fiel nun auch auf, dass sein Vater schon lange nicht mehr hier gewesen war. Natürlich hatte er seinem Sohn alles überlassen, nachdem er merkte, wie Rob sich in die Sache rein hängte und alles gut machte, aber dennoch kam er vorbei, sei es nur, um zu fragen, ob Rob Hilfe brauchte.

War das alles ein blöder Streich, den sie Rob spielen wollten, weil er sein Ding immer durchzog und eben kaum Kontakt zu der Familie Clause hatte?

Himmel, er war nicht so wie Nicolas und er dachte auch nicht daran, seinen Vetter als besten Kumpel zu sehen. Wie schon bei ihren Vätern, so galt auch Nicolas als der "Gute". Everybody's Darling, wie man so schön sagte. Und er war auch nicht gut auf Rodja zu sprechen, seit der letztes Jahr diesen bescheuerten Fehler machte und Lisa beinahe von seinem Vetter getrennt hatte. Dabei war es gar nicht Rodjas alleinige Schuld gewesen, doch die Wahrheit hörte niemand gerne.

"Schläfst du schon wieder?"

Erschrocken schüttelte er den Kopf.

Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er die Frau und das Kind völlig vergessen hatte.

"Nein! Obwohl ich es sollte. Ich muss morgen arbeiten."

Sie nickte.

"Geh ins Bett, Rodja. Wir kommen klar. Und morgen werden wir dich nicht wecken. Ich werde mir alles so hinlegen, dass ich vorbereitet bin."

Er seufzte.

"Ich bin müde, aber ich denke nicht, dass ich jetzt schlafen kann."

Sie lächelte.

Väterchen Frost im NötenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt