20. Dezember

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Jurij schlief endlich.

Der Junge verstand wohl auch, dass Emma nicht mehr bei ihnen war und ließ seine Wut an Rodja aus, indem er immer weinte.

Also ob Rodja etwas dafür konnte.

Emma war einfach so gegangen.

Immer wieder spielte sich diese Szene im Kopf ab. Wie gelähmt war er, als sie ihm diese Vorwürfe an den Kopf geworfen hatte. Und dummerweise verglich er alles mit einer anderen Szene, die ihn nie losgelassen hatte und die ihm immer noch dumm wie ein kleiner Junge fühlen ließ.

Er nahm die Flasche Wodka, aber anstatt direkt aus der Flasche zu trinken, gönnte er sich nur ein Glas und starrte dann wieder dumpf auf diese Socken, die immer noch am Kamin hingen.

Er fragte sich, warum er diesen Dekowahn nicht einfach von der Wand riss und in die Tonne warf.

Das war eine dämliche Frage und das wusste er.

Emma hat das Haus geschmückt, um ihm und Jurij eine Freude zu machen und lieber wollte er noch etwas von ihr haben und kitschige Zeug ertragen, als dass er sie einfach aufgab.

Doch hatte er Emma nicht schon aufgegeben, als er sie gehen ließ?

"Oh man. Das sieht ja wunderschön aus."

Rodja sprang auf und starrte erschrocken zu Lisa und Robert, die wie von Zauberhand auf einmal in seinem Wohnzimmer erschienen.

"Wie kommst du hierher?"

Sie lachte und drückte ihm Robert in die Arme, um ihre Jacke auszuziehen. Auf seine Frage ging sie gar nicht erst ein.

"Ich weiß nicht, was ich mir gedacht habe, aber hier ist es ja gar nicht kalt. Irgendwie glaubte ich, ich lande in eine Schneewehe oder so was und deshalb habe ich mich so warm angezogen. Nicolas hält das Wichtigste wohl immer unter Verschluss. Puh! Hier kommt man ja ins Schwitzen. Zieh Robert mal aus, bevor dein armer Patensohn zerfließt."

Rodja tat, was sie zu ihm sagte und während Lisa ihre Jacke an den Haken hing, betrachtete sie Emmas Deko. Ihr Grinsen zeugte ihm, dass sie ganz genau wusste, woher das ganze Glitzerzeug herkam. 

"Ich dachte schon, wir wären etwas verrückt. Immerhin haben wir sogar Weihnachtstapeten am Nordpol, was ich etwas zu heftig finde. Aber deine Freundin...also Chapeau. Ich denke, sie könnte meiner Schwiegermutter noch Konkurenz machen."

Rodja schälte Robert aus seinem Schneeanzug und fragte sich, was der Vollpfosten Nicolas für Schauergeschichten erzählte. Schneewehe...PAH!

Doch dann hob er den Kopf. Was hatte Lisa da gerade gesagt?

"Emma ist nicht meine Freundin."

Lisa hob einen Finger an ihre Unterlippe.

"Stimmt. Da war ja was."

Sie setzte sich neben Robert und knuddelte ihn.

"Du freust dich, dass du bei Onkel Rob bist, nicht wahr?"

Robert quietsche leise und gestikulierte mit seinen Armen, um zu zeigen, wie recht seine Mutter doch hatte.

"Wo ist denn Jurij?"

Rodja setzte sich ebenfalls und da Lisa wohl ihren Sohn nicht in die Arme nehmen wollte, übernahm er es eben.

"Jurij schläft endlich. Seit Emma weg ist, weint er nur."

Lisa seufzte.

"Er vermisst seine Mama."

Rodja schloss die Augen, aber vor der Tatsache konnte er leider damit nicht flüchten. Emma war tatsächlich die Mutter von Jurij, auch wenn sie ihn nicht geboren hat. Aber sie hatte ihn liebevoll gepflegt und sich mit ihm beschäftigt. Immer wieder hatte sie ihn getragen, geherzt und geknuddelt. Kein Wunder, dass der kleine Kerl sie vermisste, obwohl er noch so jung war.

Väterchen Frost im NötenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt