22. Dezember

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Rodja hob seinen Kopf und sah zu dem kleinen Balkon hinauf, der sein Ziel sein würde.

Mit Hilfe von Lisa hatte er die Adresse von Emmas Eltern herausgefunden. Lisa fand nämlich auch heraus, dass Emma wieder ihr altes Zimmer bezogen hatte und gar nicht mehr in ihrer alten Wohnung lebte. Rodja wusste ja aber, dass sie die Wohnung nicht so wirklich mochte.

In ein paar Stunden musste er eigentlich in die Troika steigen, um den Kindern Geschenke zu verteilen, doch vorher wollte er Emma unbedingt noch einiges erklären. Er konnte sie nicht einfach so gehen lassen, ohne dass er zumindest versuchte, sein Verhalten zu entschuldigen. Er musste es tun, denn er wollte nicht, dass Emma schlecht von ihm dachte. Das war wirklich das Letzte, was er wollte.

Das Licht in ihrem Zimmer war gelöscht, aber er wusste, dass sie hier war. Und sie war noch wach. Er spürte es. So wie er diese Leere in den letzten Tagen verspürte, wenn er alleine im Haus war, so kribbelte nun seine Haut und sein Herz schlug aufgeregt. Und das nur, weil sie in seiner Nähe war.

Er bewegte seine Finger und schwebte auf den kleinen Balkon vor ihrem Zimmer. Noch ein Schnippen und die Balkontür öffnete sich und ließ ihn hinein.

Emma lag auf dem Bett, doch als sie ihn hörte, schreckte sie auf und riss ihre Decke an die Brust.

"Wer sind Sie?", flüsterte sie und Rodja schloss einen Moment die Augen.

Himmel, alleine ihre Stimme sorgte dafür, dass er am liebsten auf die Knie gesunken wäre, um sie um Verzeihung zu bitten. Wenn Emma nur ahnen könnte, wie sehr sie ihn in der Hand hatte.

Sie erkannte ihn natürlich ihn nicht, denn er war in der Gestalt von Väterchen Frost erschienen, weil er einen Moment dachte, es wäre eine gute Idee Emma sich so zu zeigen. Warum eigentlich? Er wusste es nicht.

"Ich bin es, Emma."

Innerlich klatschte er sich an die Stirn.

Warum stellte er sich so dämlich an? Nicht einmal die Stimme war nun die, die Emma eigentlich an ihm kannte.

Doch sie stand auf und kam näher.

Sie war so mutig. Auch das bewunderte er an ihr.

Ihm war bewusst, was Emma nun sah. Nicht Rodja, den sie kannte.

Stattdessen sah sie einen alten Mann mit langen weißen Bart und weißen Haaren. Das Gesicht wettergegerbt und über die Hälfte vom Bart bedeckt.

Seine Gestalt war hager und nicht so muskulös, wie sie sonst. Er strahlte Autorität, aber gleichzeitig Güte aus. Ob er sexy wirkte, wie sie es einmal behauptete, konnte er beim besten Willen nicht sagen, aber er wusste, dass manche Kinder auch Angst vor ihm hatten. Besonders diejenigen, die unter dem Jahr nicht immer nett gewesen waren.

Nun fielen ihm tausende Gründe ein, warum er nicht gerade in dieser Gestalt hätte erscheinen sollen, doch es war zu spät.

Wieder schloss er die Augen und hoffte, sie würde nicht schreien.

Emma schien es jedoch nicht abzuschrecken, dass ein alter Mann in ihrem Zimmer stand, der auch noch sehr eigentümlich angezogen war. Er sah an sich herunter und betrachtete den blauen Mantel, der mit Sternen und Schneeflocken bestickt war. Er dachte an die blaue Mütze mit der weißen Krempe aus Pelz und die schweren schwarzen Stiefel.

Emma stand nun direkt vor ihm und sah ihm ins Gesicht. Dass sie dabei den Kopf strecken musste, erinnerte ihn daran, dass er auch noch größer wirkte, als sonst. Sie hob die Hand und berührte sein Haar. Dabei sah sie ihm direkt in die Augen.

"Rodja? Bist du es wirkich?"

Er nickte.

"Was machst du hier? Musst du nicht Geschenke verteilen?"

Väterchen Frost im NötenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt