24. Dezember

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Rodja übergab Andrej die Pferde und seufzte müde.

Seine Tour war endlich vorbei und er hatte das Mädchen, dass dieses Jahr seine Enkelin spielte, nach Hause gebracht und ihr einen schönen Traum geschenkt. Ab morgen sollte sich alles für sie ändern und er freute sich darüber, auch wenn es sein Vater dieses Jahr übernommen hatte, ihre ein besseres Leben zu bescheren. Das war eine schöne Tradition, die sein Vater da eingeführt hatte und er selbst führte sie mit Freuden fort.

Rodja selbst war allerdings müde.

Nicht erschöpft, aber seine Seele litt. Er wollte nur noch schlafen und dieses traurige Weihnachten vergessen. Vielleicht konnte er seine Mutter überreden, Jurij noch die anderen Tage zu behalten. Wenn er erst einmal ausgeschlafen hatte, würde alles bestimmt anders aussehen.

Oder auch nicht. Emma war ja nicht hier. Auch wenn er beschlossen hatte, sie in ruhe zu lassen, würde er wohl bald bei ihr in der Nähe auftauchen und schauen, wie es ihr ging. 

Leise fluchte er vor sich hin. Was machte er sich vor? Er vermisste diese Frau über alles. Irgendwie musste er sie doch davon überzeugen, dass sie zu Jurij und ihm gehörte. 

Er nahm die Mütze ab und sofort spürte er, wie er sich von Väterchen Frost zu Rodja verwandelte.

Seufzend trat er seine Stiefel aus, um keinen Schnee mit ins Haus zu tragen. Doch dann stutzte er. War seine Mutter wieder hierher gekommen, nachdem sie Jurij holte? Hatte sie etwas vergessen und wartete nun auf ihn?

Auf eine neue Predigt hatte er allerdings keine Lust. Aber er musste zugeben, dass alles sehr gemütlich aussah. Zumindest war das Haus hell beleuchtet, als ob jemand die ganzen Lichterketten angemacht hatte. Auch aus dem Kamin stieg sanfter Rauch aus und es roch herrlich nach Essen.

Wenn er es nicht besser wüsste, würde ihn der Eindruck beschleichen, dass das Haus ihn willkommen hieß.

So ein Blödsinn.

Er war immer noch einsam. Nun ja, nicht mehr ganz so alleine, denn da war ja noch Jurij. Doch bei allem Stolz, den er für seinen kleinen Wolf hegte, so glaubte Rodja nun nicht, dass der Kleine die Lichter anmachen konnte.

"Rodja?"

Er erstarrte, als er die Stimme seiner Emma hörte.

Sie war hier? Oder spielten ihm die Sinne einen Streich. Vermisste er sie so sehr, dass er sich ihre Stimme einbildete?

Langsam drehte er sich um und wäre beinahe in die Knie gegangen.

"Emma."

Sie stand tatsächlich vor ihm, aber wie.

Sie trug den Mantel, der im Weihnachtsschrank immer auf Mütterchen Frost wartete und eine kleinere Ausgabe seines eigenen war. Die Pelzmütze stand ihr ganz hervorragend, aber was ihn noch mehr erstaunen ließ, war Jurij, den sie in den Armen hielt und der genau so angezogen war, wie sie beide.

"Willkommen Daheim.", erwiderte sie beinahe schüchtern und Jurij ruderte begeistert mit beiden Armen, als ob er ihm zeigen wollte, dass endlich alles gut war.

Er schluckte hart.

"Du bist hier."

Sie nickte vorsichtig.

"Ja. Natürlich bin ich wieder hier. Ich habe auch nicht vor wieder so schnell zu verschwinden."

Er kam einen Schritt näher.

"Nein?"

Sie schüttelte den Kopf und lächelte.

"Du hast mir deine Geschichte erzählt und nun will ich dir was erzählen und ich denke, auch das ist wichtig. Kaum war ich wieder bei meinen Eltern, vermisste ich dich. Natürlich vermisse ich auch unseren Jungen, aber dich am meisten. Denn obwohl du mir keine Geschenke gemacht hast, liebe ich dich. Ehrlich gesagt, brauche ich auch keine teuren Geschenke, das unterscheidet mich wohl von deiner dämlichen Ex. Na ja, ab und zu ein Bandshirt wäre schon schön, aber ich sage es dir dann direkt und winsele dir nicht etwas vor, damit du deinen Hintern bewegst. Deine Ex ist eine dumme Pute, weil sie dich verlassen hat und das ist noch eine sehr nette Beschreibung für das, was ich wirklich über sie denke. Du bist ein großartiger Mann und es ist ihr Pech, dass sie das nicht erkannte. Nun ja...ihr Pech mein Glück. Und das von Jurij. Denn ich liebe dich wirklich und will bei dir bleiben. Ich hatte eigentlich keine große Hoffnung, dass ich so bald wieder zurück kann, denn die westliche Weihnacht ist ja noch etwas hin, aber dein Cousin erbarmte sich wohl meiner und brachte mich hierher, wo ich hingehöre."

Väterchen Frost im NötenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt