13

319 23 3
                                    

Jeongin PoV.

Wir haben Unterrichtsschluss und heute kann ich leider nicht hoch in meinen neuen Lieblingsraum, da ich mit zu Hyunjin gehe. Ich warte vor dem Klassenzimmer auf ihn und er kommt mit Felix aus dem Raum auf mich zu. Da ich nervös bin, spiele ich erst mit meinen Ringen an meinen Händen und fahre dann hoch, um mich am Ohr leicht zu massieren. Eine komische Angewohnheit von mir, die mich aber beruhigt. Hyunjin sieht mich lächelnd an. "Wollen wir los, Innie?" "Ja, können wir machen." Ich weiß nicht so recht, was ich darauf antworten soll, weshalb ich nichts weiter dazu sage.

Wir haben mittlerweile das Schulgelände verlassen und warten jetzt auf den Bus. Ich habe meinen Kopf auf den Boden gerichtet und sehe mir meine Schuhe an. Ab und zu wechselt mein Blick zu Hyunjin. "Wann müssen wir dort sein und wo ist die Probe?" ,breche ich dann doch die Stille, die zwischen uns herrscht. "Erst 18 Uhr, also haben wir noch viel Zeit. Da die anderen noch was vorhaben. Und wir mieten ein Tanzstudio und Proben da." "Könnt ihr euch das denn leisten?" Hyunjin sieht mich an. "Nein, also ich meine, ist es nicht auf Dauer zu teuer?" "Es geht, da jeder sein Teil bezahlt. Also geht es." Kann ich es mir denn leisten, jeden Monat Geld dafür auszugeben? Ich würde es wirklich gerne. Wenn es nicht reicht, werde ich nachts in einem 7elven oder so arbeiten, das müsste funktionieren. Arbeit suchen muss ich bestimmt sowieso und da bin ich wieder, bei den Gedanken an meinen Vater. "Alles gut?" Kann er Gedanken lesen? Woher weiß er immer so schnell, dass etwas mit mir nicht stimmt? "Ja, alles gut." Er zieht nur eine Augenbraue hoch, und wechselt aber dann zum Glück das Thema. "Bist du schon aufgeregt, wegen der Probe?" "Ja, schon. Es ist das erste Mal, dass ich vor so vielen singen und tanzen werde." Ich war so lange alleine und ich hatte nie die Gelegenheit gehabt anderen zu zeigen, was ich gerne tue, denn es hat bisher niemanden interessiert. "Das wird schon. Du kannst so gut singen, dann kannst du bestimmt auch gut tanzen oder?" Ich muss kurz auflachen. Er mustert mich mit einen kleinen schmunzeln, weshalb ich unseren Augenkontakt unterbreche und mich abwende. "Na ja, ich kann glaube ich definitiv besser singen, als tanzen..." ,gebe ich nachdenklich von mir. "Keine Sorge, beim Tanzen kann ich dir gerne helfen." Ich sehe wieder zu ihm. Er ist so unglaublich nett zu mir, das habe ich gar nicht verdient. "Danke" ,ist alles was ich aus mir rausbekomme. "Nicht dafür." "Oh, der Bus kommt." Wir steigen in den Bus und nehmen auf einen Zweiersitzer platz. Er steckt mir ein Kopfhörer in mein Ohr und wir hören zusammen Musik. Ich blicke aus dem Fenster, als ich plötzlich einen Kopf auf meiner Schulter spüre. Ich blicke zu Hyunjin, der sich auf meiner Schulter ausruht. Er hat seine Augen geschlossen. Wahrscheinlich ist er eingeschlafen. Selbst beim Schlafen sieht er hübsch aus. Was habe ich schon wieder für Gedanken? Da sein Kopf fast von meiner Schulter rutscht, lege ich meine rechte Hand sanft auf seinen Hinterkopf und lege ihn richtig auf meine Schulter. Ich entferne meine Hand vorsichtig von seinem Kopf und blicke wieder aus dem Fenster. Ich kann mich nicht auf die Musik konzentrieren, da Hyunjin meine Gedanken beansprucht. Seine Nähe lässt mich nicht mehr klar denken. Ich ignoriere so gut wie möglich dieses Gefühl in mir, was sich überall in meinen Körper ausbreitet.

Mittlerweile sind wir bei Hyunjin angekommen. "Willst du etwas trinken oder essen, Innie?" "Ja, gerne." ,nehme ich schüchtern sein Angebot an. Bei den Namen Innie, gefriert mein Körper immer noch. "Musst du mich immer Innie nennen?" "Ja, das muss ich. Sag mal, gibt es einen Grund warum du nicht willst, dass ich dich Innie nenne, Innie?" Ich werfe ihm einen nicht so netten Blick zu, denn ich bin mir sicher, dass er das gerade mit voller Absicht gesagt hat. Er kichert nur auf und wird aber direkt wieder ernst und mustert mich erneut. "Also gibt es einen Grund?" Ich will ihn ungern anlügen, da er so nett zu mir ist, aber ich kann es ihn nicht sagen, weshalb ich es dieses Mal machen muss. "Nein, aber irgendwie finde ich den Namen blöd." Er kommt auf mich zu und nimmt plötzlich mein Gesicht zwischen seine Hände und schenkt mir ein süßes Lächeln, was mein Herz höherschlagen lässt. "Nein, finde ich nicht. Ich denke sogar, dass er wie für dich gemacht ist." Ich schlucke schwer. Das sagte meine Mutter auch öfters zu mir. "Süßer, der Name "Innie" ist, wie für dich gemacht, also hör auf dich zu beschweren." ,dass sagte meine Mutter immer, wenn ich es nicht mochte, wenn sie mich so nannte. Hyunjin weckt so viele Erinnerungen an sie, bevor ich ihn kannte, hatte ich immer bloß nachts mit der Vergangenheit zu kämpfen, denn tagsüber konnte ich es immer am besten verdrängen, aber seit Hyunjin vor mir auftauchte, habe ich die ganze Zeit damit zu kämpfen. "Kein Grund noch trauriger als sonst zu schauen, Innie." "Ich schaue nicht traurig." ,gebe ich beleidigt von mir, löse mich von seinem Griff und probiere das Thema zu wechseln, aber er hält mich auf. "Doch tust du, und weißt du was, du musst es mir noch nicht sagen. Aber du kannst zu mir kommen, wenn du darüber reden kannst. Und jetzt, sag mir was du essen willst. Wir haben nicht mehr so lange Zeit." Ich sehe ihn sprachlos an. "Meinst du diese Worte ernst?" Er dreht sich wieder zu mir um. "Natürlich, meine ich die ernst. Wenn ich etwas sage, meine ich das auch so, merk dir das." Ich weiß nicht, was ich fühlen soll. Das bringt meine Gedanken noch mehr durcheinander. Hyunjin bewegt etwas in mir, was mir ziemliche Angst macht und ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gefühlt habe. Ich nicke nur und folge ihn in die Küche. Hyunjin gibt mir ein Handzeichen, damit ich mich wohl endlich hinsetze, was ich dann auch tue. "Wie wäre es mit Ramen?" Er zwinkert mir zu, weshalb ich eine Augenbraue hochziehe, eh ich kapiere, was er damit meint. "Ja, du perversling." Das konnte ich mir nicht verkneifen. Er muss deswegen laut auflachen und sein Lachen klingt wunderschön. Er darf dieses niemals verlieren. "Auf einmal so mutig?" "Das musste ich jetzt einfach sagen." Ich steige ebenfalls in sein ehrliches Lachen mit ein. Während er für uns kocht, schaue ich mich etwas um. Überall sind Familienfotos. Sie sehen alle glücklich aus. Wie eine richtige Bilderbuchfamilie. Hyunjin lächelt auf jedem Bild so ehrlich, dass man direkt auch lächeln muss. Ich spüre die Blicke von Hyunjin auf mir, aber ich ignoriere sie, da ich mich einfach auf die Fotos konzentrieren möchte. Es erinnert mich an die glückliche Zeit mit meiner Familie. Wir waren so verdammt glücklich, dass niemand von uns dachte, dass alles so enden würde. Mein Lächeln verlässt mein Gesicht wieder, für einen kurzen Moment, aber kehrt wieder als ich ein Bild mit Hyunjin entdecke auf dem sein Gesicht voller Schokolade ist. Er sieht ziemlich niedlich aus, auf den Bild. Ich kann mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Wir hören plötzlich wie die Haustür auf gemacht wird, weshalb wir uns zur Tür umdrehen. Hyunjins Mama, wie es scheint, kommt in die Küche mit vielen Einkaufstüten, weshalb wir beide sofort zu ihr eilen und ihr die Tüten abnehmen. "Hallo, ihr zwei." ,grüßt sie uns lieb. Hyunjin küsst sie auf die Wange zur Begrüßung. "Hallo, Mama. Darf ich vorstellen, das ist Jeongin oder wie ich ihn nenne Innie. Aber das mag er nicht wirklich." Hyunjin muss wieder einmal schmunzeln. Ich verbeuge mich leicht vor seiner Mutter. Ich wurde noch nie einer anderen Mutter vorgestellt. "Hallo." ,Grüße auch ich sie freundlich. Sie schenkt mir ein Lächeln, was eine direkte Wärme und Geborgenheit ausstrahlt, also muss Hyunjin das von ihr haben. "Ich finde auch, dass Innie, viel besser zu ihm passt. Da hattest du wirklich recht mein Schatz." Sie haben über mich schon mal gesprochen? Hyunjin kratzt sich am Hinterkopf. "Komm Innie, wir können Essen." Ich befolge dem was er sagt und fange an zu essen, als wir uns beide hinsetzen. Seine Mutter räumt in der Zeit den Einkauf aus. "Geht ihr beiden, dann noch zur Probe?" "Ja, wir müssen dann auch eigentlich bald los. Brauchst du noch bei etwas Hilfe, Eomma?" Ich beobachte die beiden und sie gehen so fürsorglich und lieb miteinander um, dass es mich an mich und meine Mama erinnert. Ich kann mir ein sanftes und zartes Lächeln nicht verkneifen. Als ich mich selbst dabei ertappe, fasse ich mir auf meinen Mund. Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich bei einer Erinnerung an sie lächeln musste.

Ich darf das nicht. Ich habe sie umgebracht. Ich darf nicht bei Erinnerungen an ihr lächeln. Ich habe wieder den Unfall vor Augen und bekomme wieder schlecht Luft. Ich brauche Luft. Ich sehe vor Augen, wie sie da leblos in dem kaputten Auto liegt und mich mit ihren leblosen Augen anstarrt. Wie ihr ganzer Körper von Verletzungen übersät ist und es fließt so viel Blut. Überall ist Blut. Ich spür, wie die Luft immer weniger wird und ich das Gefühl habe zu ersticken. Ich fasse mir an meinen Hals und versuche nach Luft zu schnappen. Mein Atem wird unregelmäßiger. Die Luft zum Atmen wird immer weniger. Ich sehe sie vor meinen Augen. Zwei starke Arme die mich rütteln, holen mich ins hier und jetzt zurück. Ich ringe immer noch nach Luft und sehe Hyunjin flehend in die Augen. "Ein und aus." Er macht es mir vor und ich mache ihn nach. "Ein und aus." Seine Mama gibt ihn ein Glaswasser für mich, aber so richtig bekomme ich das nicht mit, denn ich konzentriere mich nur auf Hyunjin. Da mein ganzer Körper sich beruhigt, wenn ich ihn auch nur ansehe. "Trink ein Schluck, Innie." Er hält mir das Glas, da ich immer noch am ganzen Körper zittere. Er stellt das Glas neben sich, als ich einen Schluck trank. "Wollen wir kurz an die frische Luft gehen?" Ich nicke nur und stehe auf und gehe mit ihm auf seine Terrasse.


𝐥𝐨𝐧𝐞𝐥𝐢𝐧𝐞𝐬𝐬 ~𝐡𝐲𝐮𝐧𝐢𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt