Kapitel 11

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Ich beschließe eine Runde joggen zu gehen, um den Kopf etwas frei zu bekommen. Irgendwie muss ich die aufgestaute Wut rauslassen und da ich aktuell keine Möglichkeit habe kickboxen zu gehen, wie ich es im Lager der Wölfe habe und auch in dem Boxclub bei mir zu Hause um die Ecke, muss ich das nächst beste nehmen. Meine Beine tragen mich immer weiter und immer schneller weg von den Anderen. Schweiß und Tränen laufen mir übers Gesicht und verschwimmen meine Sicht auf den Weg vor mir. Das ich noch nicht gefallen bin, ist ein Wunder. Ich vertraue meinem Körper mich sicher durch den Wald zu bewegen und versuche meine Gedanken verstummen zu lassen. Ich weiß, dass es unmöglich ist vor meinen Problemen davon zu laufen, aber für einen kurzen Moment fühlt es sich so an, als würde ich es schaffen. Die Bäume fliegen rechts und links an mir vorbei. Meine Lunge und meine Beine fühlen brennen längst, aber trotzdem laufe ich weiter. Und tatsächlich lichtet sich nach und nach der Schleier, der meine Gedanken durcheinander bringt. Desto länger weiter ich in den Wald laufe, desto klarer kann ich denken und als ich an einem kleinen See ankomme, werde ich langsamer und bleibe letztendlich stehen. Erstaunt schaue ich auf das klare und stille Wasser vor mir. Ich setze mich auf einen ebenen Stein am Ufer, ziehe meine Schuhe aus und krempel meine Hose nach oben, um meine Füße ins kühle Nass einzutauchen. Dieser Ort strahlt eine wohltuende Ruhe aus.

Meine Tränen sind längst versiegt, jedoch laufen mir immernoch unmengen Schweißperlen über das Gesicht. Ich versuche sie wegzuwischen, gebe jedoch schnell wieder auf. Es bringt nichts, weil die nächsten viel zu schnell nachkommen. Nachdem ich mir die Zeit genommen habe meine Umgebung sorgfältig mit den Augen zu erkunden, erlaube ich mir wieder an das eben Geschehene zu denken. Ich wollte nicht so wütend werden, wollte ihn nicht anschreien. Meine Emotionen überkamen mich und ich wusste nicht wie ich anders mit ihnen umgehen sollte. Mir ist bewusst, dass es okay ist diese Wut und die Trauer zu fühlen, die ich spüre, aber ich sollte sie anders ausdrücken. Jaromir anzuschreien bringt nichts, wenn ich Antworten haben möchte.

Ich möchte mich einmal mit ihm Ausprechen und ihm alle Fragen stellen, die mich im vergangenen Jahr wachhielten. Vielleicht kann er mir nicht alles nach meiner Zufriedenheit beantworten, allerdings habe ich es dann versucht. Dann muss ich mich nicht fragen, was gewesen wäre, wenn ich Jaromir die Chance gegeben hätte sich zu erklären. Werde ich ihm das ganze sofort verzeihen? Nein. Zu sehr hat er mich mit seinen Taten verletzt. Egal wie gut seine Entschuldigung auch sein mag, es wird nicht rechtfertigen warum er mich so veletzt hat. Aber vielleicht hilft es, um ihn in Zukunft vergeben zu können.

Entschlossen mein Vorhaben in die Tat umzusetzen, ziehe ich meine mittlerweile eiskalten Füße aus dem Wasser. Während sie trocknen, nehme ich nochmal meine Umgebung in mir auf. Gesammelt ziehe ich mir Socken und Schuhe wieder an und mache mich wieder auf den Weg zurück. Es wird wohl am kügsten sein zu erst zum wilde Kerle zurück zu kehren, damit sie sich nicht länger Sorgen um mich machen. Während ich gemützlich zurück jogge, fällt mir auf, dass ich eben wohl öfter im Kreis gelaufen bin. Denn ich bin schnell wieder aus dem Wald raus und befinde mich in der Steppe. Nach weiteren zehn Minuten joggen sehe ich auch schon das Lager. Als ich um die Zelte herum in unsere Unterkunfte trete, sehe ich alle Kerle zusammen. Sie sitzen im Kreis um ein Lagerfeuer herum und unterhalten sich. Nur zwei von ihnen sind still. Makus und Marlon sitzen zwar bei ihren Freunden, geben jedoch keinen Ton von sich und starren ins Feuer. In Marlons Blick sehe ich Trauer, während Markus besorgt aussieht.

Die Jungs und Mädels hören scheinbar meine Schritte, denn sie drehen sich alle zu mir um. "Sorry das ich einfach so abgehauen bin, Leute. Aber ich musste einfach mal meinen Kopf freikriegen. Ich hoffe ich habe euch nicht zu große Sorgen bereitet.", gebe ich schüchtern von mir und sehe sie unsicher an. "Quatsch. Es ist total nachvollziehbar, dass du mal weg musstest. Setz dich doch dazu.", lächelt Vanessa mir entgegen. Erleichtert atme ich auf und setze mich zwischen Maxi und Markus, da ersterer ein wenig rutscht, um mir Platz zu mahen. Dankend schenke ich ihm ein lächeln bevor ich mich zu Markus drehe. Als ich ihn ansehe, liegt sein Blick schon auf meinem Gesicht. "Du hast geweint.", stellt er fest. Seine Stimme ist so leise, dass nur ich ihn verstehen kann und ich bin ihm auch sehr dankbar dafür. Ich nicke. Es bringt nichts ihn anzulügen. Außerdem schäme ich micht nicht dafür. Weinen ist was ganz natürliches und ist sogar gut für die Psyche, da es Stress abbaut. "Wie geht es dir?", fragt er mich immernoch besorgt, nachdem wir eine Weile lang schweigen. "Besser, ich musste etwas wut rauslassen und meine Gedanken ordnen.", antworte ich ihm ehrlich und schaue ihm dabei in die Augen. Er soll sehen, dass ich es wirklich so meine. Er soll sich nixht weiter Sorgen um mich machen, wenn es keinen guten Grund dafür gibt. Erleichert lächelt er mich an und zieht mich danach in eine Umarmung.

"Hey Marlon, was hast du? Wir haben zwei Mal gewonnen. WIr haben die Wölfe und die Silberlichten besiegt.", fragt Mr Top den ältetsten der Mannschaft. "Genau. Und dafür gibt es das Beste was unsere Küche zu bieten hat. die "Raban-und-Joschka-Überraschungssnacktüten". Du musst einfach die Tüte aufreißen.", unterstützt ihn Mr Secret, "Mhh, ich hab Spinatknödel mit Tomatensauce." "Und ich habe Rosenkohlbällchen in Hering-Aspik.", übernimmt Raban wieder. Als die Anderen nur angeekelt das gesicht verziehen, setzt er hinten dran, "Hey, das sollte ein Witz sein."

"Und der war gar nicht mal so schlecht.", macht Horizon auf sich aufmerksam. Als ich aufblicke sehe ich jedoch nicht nur sie auf uns zukommen. Hinter ihr erkenne ich außerdem Jaromir, der noch immer die Uniform der Silberlichten trägt. Einzig die Kopfbedeckung hat er abgenommen, so dass ich endlich sein ganzes Gesicht sehen kann. "Können wir reden?", wendet die braunhaarige Schönheit sich an Marlon. Nickend steht er auf und geht mit Horizon ein paar Schritte von Lager weg, damit sie sich ungestört unterhalten können. Sofort sind auch die beiden Schicksale auf den Beinen, um den beiden unauffällig zu folgen.

"Ich würde mich auch freuen, wenn wir uns unterhalten könnten. Es gibt da so einige Dinge, die ich dir erklären muss.", meldet sich nun auch Jaromir zu Wort und sieht mich dabei an. "Okay, dann lass uns ein paar Schritte gehen", gebe ich ihm als Antwort. Markus lächelt mich einmal aufmunternd an als ich ebenfalls aufstehe und auch in den Gesichtern der Anderen sehe Blicke die mir Mut machen sollen.

Die Wilden Kerle und JuniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt