Der ungewollte Ausbruch

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Was ist passiert? Ich zittere am ganzen Körper, versuche mich krampfhaft zu erinnern.  Aufgestanden, gefrühstückt, aber dann ... Die Uhr zeigt mir, dass wir bereits Abend haben. Ich schaffe es nicht meine Gedanken zu ordnen. Verunsichert, aber vertraut stehe ich da. In meinem Bauch ein Ziehen, erstreckt sich zu den Lenden, mit jeden Gedanken wird es schmerzvoller, zu einem Brennen. Es ist zu anstrengend. Ich gehe ins Bett. 

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Der Wecker holt mich mitten in einem Schrecken aus dem Schlaf. Durchgeschwitzt. Mein Körper füllt sich jede Sekunde des Aufwachsens mit einem schmerzvollen Brennen. Dem hingebend zerre ich mich vom Bett ins Badezimmer. 

Der Morgen ist geschafft, der Tag wird beginnen. Ab zum Termin. Beratung, die ich wöchentlich wahrnehme, wo ich freiwillig hingehe, sich trotzdem nichts ändert, außer, dass ich rausgehe. 

Das ist doch schon was, sagt mein Berater dann oder vergleichbares. Er fragt, hinterfragt, vermutet, gibt mir Rat, zumindest versucht er es. 'Sei still; du liegst falsch; das ist es nicht', denke ich. Mein Mund aber bleibt geschlossen, es kommt nichts heraus. 

Hinein schießt jedoch wieder Schmerz, zunächst wie eine Stichflamme, breitet sich dann qualvoll aus, vom Hals über den Magen, zum Rücken und von da aus in jegliches Körperglied, bis ich in eine komplette Starre gelange. Wöchentlich grüßt das Stressspiel. 

Was hat er gerade gesagt, wir machen übermorgen einen Zusatztermin? Ok, sage ich. 'Nein auf gar keinen Fall, wissen Sie eigentlich, was für ein Stress das jede Woche aufs Neue für mich ist und das ganze drei Tage lang', hätte ich am liebsten gesagt. 

Das Brennen wird schlimmer. Hitze, Schwindel, Ohnmachtsgefühl. Aushalten, um unbeschadet nach Hause zu gelangen. In meiner Wohnung angekommen, gehe ich direkt auf das Bett zu, lasse mich fallen. Diese Woche ist nun komplett gelaufen, soll wohl mein letzter Gedanke für heute sein. 

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Vorgestern, gestern, heute, morgen, übermorgen. Den vorherigen Tag, den Tag, den darauffolgenden Tag. Jedes Mal. Mein Körper wird durchflutet von flammenden Schmerzen, bis es ein einziges qualvolles Brennen ist. Unsicherheit, Erschöpfung, Anspannung, Verdrängung. Diese Woche wird noch viel schlimmer. Wie lange noch kann ich das Aushalten? Einfach liegen bleiben, einfach Augen zu, einfach schlafen. 

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Zusatztermin. Pah. Warum eigentlich? Hatte er es erklärt und ich habe es mal wieder nicht mitbekommen? Warum habe ich nicht nein gesagt? Vielleicht stehe ich insgeheim auf meinen kleinen Lava spuckenden Vulkan in mir und wie er mich von innen heraus verzehrt. Zweitäglich grüßt das Flammenmeer. 

Bereits beim Eintreffen bin ich fast zerfetzt. In der Hoffnung mir Milderung verschaffen zu können, trinke ich direkt einen großen Schluck Wasser. Getäuscht. Da sagt mir mein Berater doch, er wolle mich nicht wegweisen, aber er habe das Gefühl keinen Zugang zu mir zu bekommen sowie dass ich kein Vertrauen zu ihm aufbauen könne und ob ich mir einen Wechsel wünsche oder eine andere bessere Lösung wisse. 

Überrumpelung, Überforderung, Verunsicherung, Anspannung, lautlos. Funken für Funken entfachen in mir. 

Geduldig wartet er. Geduldig warte ich. 

Ob ich antworten möchte, fragt er. 

'Ja, nein, vielleicht, ich weiß nicht was', denke ich. 

Wieder Stille, aber nicht in mir. Was soll ich sagen? Was muss ich sagen? Was kann ich sagen? Gedankenchaos, gemischt mit den Schmerzen, die nun genauso wild durch meinen Körper strömen, wie meine Gedanken. 

Was mir durch den Kopf geht, fragt er. 

'Nichts, alles, keine Ahnung', denke ich. 

Mein kleiner Vulkan ist nicht mehr so klein, wird immer größer, reißt immer mehr Krater in mir. Qualen, kaum erträglich. Weg, ich muss hier weg. Es brennt so fürchterlich. 

An was denken Sie gerade, fragt er wieder. 

»Dass es so fürchterlich brennt!«, schreie ich. 

Ich geschockt. Er begeistert. Ein Funken weniger. 

KNALLeffekteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt