Auch ein Marathon geht zu Ende

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 ♬ We wish you ... ♬

Nein! Auf keinen Fall.

♬ Jingle Bells, ... ♬

Oh no! Gibt es auch noch irgendwelche anderen Lieder im Radio?

♬ Last Christmas ... ♬

Ey, nee. Das beantwortet wohl meine Frage. Anscheinend nicht. Das kann doch nicht sein. Mittels der Power-Off-Taste mache ich dem ein Ende. Dann eben keine Musik.

Kommt denen vielleicht auch mal in den Sinn, dass nicht alle solche komischen Fans von dieser merkwürdigen Weihnachtszeit sind?!

Besinnliche Zeit ... Gemeinsam mit der Familie, ... das ich nicht lache ... Besinnlich? Was soll das eigentlich heißen? Kommt das nicht vom Sinn und sich Gedanken machen? Oder mal gelassen sein? Sollte das nicht das ganze Jahr über geschehen? Aber nein, die breite Masse braucht die ominöse Weihnachtszeit, um in aller Hektik herunterfahren zu können. Hah! Wie widersprüchlich.

Sonst heißt es stets: 'Mach mal hin, mach mal schneller. Wir haben keine Zeit mehr.' Und was weiß ich nicht alles, aber dann: 'Stress nicht so. Piano.' Und so weiter.

Dass es bei manchen Menschen aber genau das auslöst? Schon mal auf den Gedanken gekommen?

Und schon wieder tigere ich rauf und runter, hin und her. Aber nur in meinem Kopf. Es – so nenne ich das Dingsbums, was öfter Mal in meinem Kopf einen Marathon hinlegt – lässt sich nur schwer abschalten. Es läuft sich geradezu in Rage. Und sobald eine Tür zum Ausgang in Sicht kommt, entscheidet es sich leider oft umzudrehen, anstatt da durch zu rennen. So schaue ich – meine Augen flirren für Außenstehende wahrscheinlich die ganze Zeit von einer zur anderen Seite – öfter einfach hilflos zu und hoffe, dass es irgendwann müde wird.

Manchmal – wie jetzt gerade – stoppt es auch abrupt und ich bin völlig durcheinander, weil ich keine Ahnung habe, warum wir halten. Dann versuche ich den Grund zu erforschen.

»Neeeeelly?«

Grund gefunden, würde ich sagen. Ich werde gerufen. Nicht zum ersten Mal?

Ich nehme meinen Blick von der Zimmerdecke nur mühsam weg und bewege ihn langsam Richtung Tür. Dort steht meine Mitbewohnerin – habe ich die Tür nicht zugemacht? -, die mich betroffen anschaut. In mir verkrampft sich alles. Wie lange habe ich jetzt hier schon so gestanden und wie lange hat sie mich dabei beobachtet? Oder auf meine Reaktion gewartet?

»Ja, Celia«, antworte ich endlich.

»Kommst du?«

Irritiert schaue ich sie an. Ich habe keine Ahnung, was sie meint.

»Och nee oder? Nelly, wir wollten heute auf den Weihnachtsmarkt.«

»Aaalso daran kann ich mich nicht erinnern. Nee.«

»Oh doch. Wir sind Pros und Contras durchgegangen und meine Pros haben überwiegt ... und überhaupt. Jetzt komm. Zieh dich an und lass uns los.«

»Boah, Ceeee-liii. Ich kann darauf nicht.«

»Ich spendier dir auch 'nen kandierten Apfel oder so. Ich brauche dich. Nun los.«

»DU brauchst mich? Was ist los?« Meine Alarmglocken läuten. Wenn meiner besten Freundin was getan wurde, dann ...

»Ich glaube nicht so, wie du denkst. Aber schön zu sehen, dass die Nelly – meine Nelly – da noch drin ist«, grinst sie mich frech an, während sie auch noch auf meinen Brustkorb rumtippt. »Ich will einfach raus und kenne hier sonst noch niemanden. Außerdem möchte ich meine beste Freundin bei mir haben.«

»Jag mir doch nicht so 'nen Schrecken ein.« Aber erleichtert bin ich schon.

»Reicht dir das nicht als Grund?« Einen Schritt ist sie zurück gegangen und steht nun mit den Händen in der Hüfte stemmend prüfend vor mir.

»Du gibst nie auf, oder?«, kommt mir die Erkenntnis. Doch wie sie da steht, ist schon niedlich.

Celi schüttelt nur mit dem Kopf. War ja klar.

»Gib mir zehn Minuten.« Wie lange war ich schon nicht mehr draußen?! »Oder fünfzehn. In meinem ... Pyjama muss ich ja nicht unbedingt los«, lasse ich sie wissen, während ich mich wende und mich selbst schon frage, was ich anziehen kann.

»Okay.« Ich kann ihr Lächeln raushören sowie mir ihre Grübchen dabei vorstellen. Als ich meinen Kleiderschrank öffne, fällt mir sofort der rote Strickpulli auf, den ich letztes Jahr von Celi zu Weihnachten bekommen habe. Die Erinnerung daran, wie wohl ich mich in ihm fühle, ...

»Aber Celi«, beginne ich und blicke sie noch einmal an, »auf keinen Fall einen Liebesapfel.« Ihr Strahlen ... es erwärmt mich. »Ich will gebrannte Mandeln!«  


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Zuerst erschienen im Adventskalender (Tag 5) 
von Jen3er - Danke, dass ich mitmachen durfte :) 

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