Sonne im Bauch

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Die Sonne scheint und ich wäre froh, wenn auch ich ihre wohlige Wärme einmal in mein Inneres aufnehmen könnte. 

Ich verstehe das nicht. Wie können so viele sagen, dass die Sonne hilft? Ja, sie wärmt. Aber nur weil sie strahlt, strahlt ja nicht gleich mein Gesicht. Und andersherum. Nur weil sie mal nicht oben am Himmel lacht, bedeutet das doch nicht, dass mensch nicht lachen kann. Immer diese komischen Denkweisen. 

Na, ich bin ja heute schon wieder gut drauf. Kein Wunder. 

Ok, ich versuche es. Ich zwinge mir jetzt ein Grinsen auf, fühlt sich aber nicht natürlich an und unwillkürlich kommt mir das Bild vom Joker in den Kopf. Klar, der Film ist der Hammer, aber so bekloppt wie der bin ich nun auch nicht. 

Einfach ein bisschen spazieren, nur für mich, das wird mir schon helfen, ein wenig abreagieren, meine Laune verbessern, zumindest den Frust mildern. Bestimmt. 
Das tut mir eigentlich meistens gut. 

Vielleicht mag das für manche kurios klingen, ich spreche eben gedanklich dabei mit mir. Besser, als würde ich andere grundlos anmachen oder nicht? Darauf kann ich nämlich gar nicht. Passiert mir ständig. Und wenn ich etwas nicht leiden kann, mach ich den gleichen Mist doch nicht auch noch selbst. Allerdings möchte ich mich an meinen negativen Gedanken auch nicht festklammern. Sie dürfen sich dennoch ruhig mal kurz austoben, damit sie mal für einen kurzen Moment ihren Raum bekommen. Dann dürfen sie weiterziehen und verschwinden. Meistens geht es dann wieder. In Verbindung mit einem Spaziergang ist es oft wunderbar. 

Diese Runde hier gehe ich besonders gerne. Es ist zwar in der Stadt, aber eben auch Grün und es ist nicht so viel los. Das schätze ich sehr, insbesondere wenn ich für mich sein will. Dann brauche ich nicht auch noch so viele unbekannte Gesichter um mich herum. Ich fühle mich sowieso ständig beobachtet. Dabei bin ich einfach ich. 

Wahrscheinlich könnte ich noch ein wenig mehr an Selbstsicherheit gebrauchen. Wissen tue ich das. Genauso, dass ich so gut bin, wie ich bin, aber es ist manchmal einfach zu anstrengend dazu zustehen. Ob das alle verstehen können? Bestimmt nicht. Zwar denke ich schon, dass jeder Mensch irgendwie sein Päckchen zu tragen hat, wie wir ja immer so sagen, aber es gibt solche und solche. Und diese nicht allzu sehr offene Gesellschaft, selbst wenn sie so tut als ob, macht es manchen von uns nicht immer so leicht. 

Und mein Päckchen ist eben etwas Besonderes. Boah, wie ich es hasse, wenn das jemand sagt. Eigentlich ist es nichts Besonderes. Es ist schlicht meins und fertig. Es muss doch nicht immer alles als irgendetwas abgestempelt werden. Warum begreifen das manche nicht? Warum ... 

Erst einmal beruhigen, ich höre, wie von hinten jemand angelaufen kommt. Wahrscheinlich eine joggende Person, die ihr Tempo noch nicht richtig raus hat. 

Abwarten. Warten, bis die Person vorbei ist. Tief ein- und ausatmen. Und noch einmal. Wann kommt die Person denn endlich vorbei? Mist, ist da jetzt jemand umgekippt? 
Ich drehe mich um und blicke direkt in ein keuchendes Gesicht. 

»Hast du mich nicht gehört?« 

»Nee.« Allen Anschein wohl nicht, 'ne? Das Letzte verkneif ich mir aber mal lieber. Na ja der Person scheint es, außer, dass sie vielleicht ein wenig außer Atem ist, gut zu gehen, also kann ich ja weiter gehen. 

»Ey, im Ernst? Man ...« 

»Mann? Woher willst du das wissen? Ich sag dir jetzt mal was. Ich bin eine Frau. Ja, ha ha ha ha. Ist aber so. Eine XY-Frau. Was kann ich dafür? Nichts. Kann ich jetzt endlich weitergehen?« 

»Ich habe man mit einem N gesagt. Und ich hab nicht mal darüber nachgedacht, welches Geschlecht du haben könntest. Das ist mir doch egal. Du bist ein Mensch, dem ich den weiten Weg hinterhergelaufen bin, weil dir das hier runtergefallen ist. Nimmst du das jetzt bitte?« 

»Oh ... Ähm ...« Mehr fällt mir nicht ein. Peinlich, unangenehm, ... 

»Also?« 

»Ja. Ähm. Danke. Es tut mir leid.« 

»Schon ok.« 

»Nein, ist es nicht. Ich habe meinen Frust an dir rausgelassen, obwohl ich nicht wusste, was du mir sagen wolltest. Und das tut mir wirklich leid.« 

»Wie wäre es mit einem Kaffee zur Wiedergutmachung?« 

»Echt? Das willst du dir antun?« 

»Ja, ich hatte noch keinen und brauche einen.« Ein freches Grinsen begleitet die Worte, was mir mein schlechtes Gewissen etwas nehmen kann. 

Trotz der Wahrheit, Kaffee trinken?! Wow ... So fühlt sich diese Sonne, die wohlige Wärme also an. 

»Ok, dann gerne.« 



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 Anmerkung: 
Mir ist durchaus bewusst, dass solche Szenen 
nicht immer positiv verlaufen müssen, aber es gibt sie 
– die positiven überraschenden Momente. 
Und ich wollte eine realistisch-positive KG schreiben :) 

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