Mit Bombo als Fiore

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»Honey–«

»Nein«, sage ich bestimmt. »Das geht auch gar nicht.«

»Dann nenn mir doch endlich deinen Namen«, sagt die schöne Frau vor mir und grinst mich dabei frech an.

»Fiona.« Ich seufze. »Zufrieden?« Hat sie mich doch dazu bekommen. Aber nach dem sie mich nun auch schon gefühlt zehn Mal gefragt hat ...

»Noooooch nicht. Fiona, seid wann bist du hier?«

»Ich habe gerade erst eingecheckt«, sage ich leicht enttäuscht.

»Eben gerade?« Ihr Blick fährt prüfend über meine Erscheinung.

Kennt ihr dieses Geräusch aus Filmen, wenn auf einmal rückwärts gespult wird? Also ich meine nicht das, wenn du das selber machst bei den Uraltteilen wie Videokassetten oder so, sondern wenn es als Stilmittel eingesetzt wird, damit sie noch einmal zu einer konkreten Stelle gelangen? Dann ertönt doch so ein Sch...www...uuu...p oder ist es eher mit einem J, das einen Klang wie in Jeopardy hat? Jjj...www...uuu...p?! Vielleicht wisst ihr ja, was ich meine und könnt es euch vorstellen. Also: Sch- oder Jjj...www...uuu...p ...

Flip und Flop kommen nun noch an meine Füße und dann kann es endlich losgehen. In den Tag. Um genau zu sein, hat dieser ja eigentlich schon begonnen. Aber ich meine natürlich meinen ersten Wellnesstag. Ich bin sooo unendlich gespannt, was mich erwartet, habe ich das doch noch nie gemacht. Noch nicht einmal davon geträumt habe ich je zuvor. Nicht, weil ich es mir nicht gönnen würde. Eher, weil ich nicht auf diese Art von Urlaub abfahre. Sonst sehne ich meine Fahrten in die Berge und unendliche Landschaften herbei oder Klippenwanderungen mit einer anschließenden Abkühlung im erfrischenden Meer. Die Natur mit ihren Klängen und Farben als meine ständige Begleitung. Sei es der herrliche Wind, die duftende Flora, das Gefühl des erdigen Bodens oder das Tosen der Wellen ... In der Natur fühle ich mich frei und ungebunden.

Nun stehe ich hier. In einem schnieken Hotelzimmer, was nicht ganz günstig die Nacht ist und überprüfe, ob ich alles in meine Tasche verstaut habe, was ich für meinen bevorstehenden Wellnesstag benötige. Völlig absurd.

Kopfschüttelnd über mich selbst öffne ich dennoch auf ein Neues meinen Leinenbeutel. Buch, Handy, Geld, Stift und Zettel, Creme sowie mein kleines selbst genähtes Notfalltäschchen, in dem eben ... ja halt Notfalldinge drin sind. Natürlich habe ich auch ein Handtuch dabei und da ich meinen Bikini gerade trage – unter meinem gelbgrünen Sommer-Jumpsuit –, befindet sich auch Unterwäsche dort drin. Meine Wasserflasche habe ich in der Hand. Essen bekomme ich hier an jeder Ecke. Gut, ich denke, ich habe alles. Turnbeutelmäßig zurre ich das Teil zu und hänge es mir über eine meiner Schultern. Und wenn doch noch etwas fehlt, komme ich eben wieder ins Zimmer.

Lasset uns endlich den Sommer und Urlaub starten!, jubele ich – nur innerlich – Flip und Flop zu, meinen ebenfalls in grüngehaltenen Latschen, denen ich dabei selbstverständlich zunicke. Ich bin ja nicht ohne Grund hier – also los.

Die Schlüsselkarte ziehe ich aus dem Steckfach neben der Tür heraus, die ich daraufhin aufmache und hinter mir mit diesem Kärtchen verschließe. Es ist wahrlich etwas anderes durch einen Gang im Hotel in Flip und Flop zu schlendern, als über hohe Klippen in festem Schuhwerk zu wandern. Ja, das hat auch etwas, könnte ich mir eingestehen. Aber muss ich ja nicht.

Gestern am späten Abend konnte ich das alles noch gar nicht in mich aufnehmen. Da war ich viel zu fertig von der katastrophalen Anreise. Die Bahn hatte nicht nur eine leichte Verspätung. Nein, nein. Sie ist ausgefallen und ich musste auf Bummelzüge ausweichen. Glücklicherweise hat mir Nicki dieses luxuriöse Hotel gebucht, zu dessen Service es doch tatsächlich gehört, mich spät vom Bahnhof abzuholen. Der Fahrer entschuldigte sich sogar bei mir, weil ich ganze fünf Minuten auf ihn warten musste. Ja, was für eine Unverschämtheit ... Natürlich nicht. So ein Quatsch. Hätte er nichts gesagt, hätte ich mich einfach in Grund und Boden geschämt, so einen Service in Anspruch zu nehmen. So war es irgendwie sehr skurril und ich musste anfangen zu lachen. Dazu rief ich voller Freude aus: »Endlich Sommer! Endlich Urlaub!« Tja, ich denke, er hält mich für eine Bekloppte und war froh, als wir beim Hotel angekommen sind und er mich abzuliefern konnte. Der Check-in verlief selbstverständlich ebenso reibungslos, und als ich das riesige Bett sah, konnte ich nicht anders, als mich auf die weiche Matratze zu legen. »Endlich Sommer! Endlich Urlaub! Endlich hier und weg von da!«, waren meine letzten Gedanken, die ich dem kuscheligen Kissen zu geflüstert habe und schlief ein.

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