Geladen

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Silvester. Einen Abend, den ich stets zu meiden versuchte, woanders verbrachte, doch diesen einen konnte ich ausnahmsweise nicht für mich alleine verbringen. Nicki bat mich darum. Und auch, wenn ich nichts auf Hochzeitsfeierlichkeiten und dem ganzen Drumherum gebe, so ist sie meine Schwester und wir stehen uns nahe. Warum sie ihren sogenannten Polterabend ausgerechnet auf Silvester legen mussten?! Wahrscheinlich, weil an diesem Tag die Chance höher war, dass alle Zeit hatten oder es sowieso ein Tag beziehungsweise Abend des Feierns sei oder weil am darauffolgenden Tag ihre Hochzeit stattfinden würde.

Als Brautjungfer, wie ich mich derzeit zu schimpfen habe, sollte und wollte ich mich dort blicken lassen, jedoch eher um Nicki diesen Gefallen als Schwester zu tun. Meine Annahme bestätigte sich und ich konnte mich dank zahlreicher Gäste recht unauffällig durch die Feierlichkeit bewegen und so trotz dessen viel für mich sein und mich zurückziehen.

Zwischendurch schlüpfte ich lediglich in die Rolle der Brautjungfer, ging in das Rampenlicht, was mir steht, ich trotzdem anderen gerne überlasse, um meine Rede zu halten, die ich gekonnt warmherzig und humorvoll abgepasst zur Unterhaltung der anwesenden Gäste hielt. Meine Schwester nickte dankbar in meine Richtung.

Deswegen halte ich nichts davon. Für wen sind diese Feierlichkeiten? Für die, die sich auf ewig und immer lieben wollen? Oder doch eher für ihre Gäste, die sich auf deren Kosten währenddessen betrinken und den Magen vollstopfen? Jeder muss es selbst entscheiden. Meines ist es nicht.

Meiner Schwester hatte ich persönlichere Zeilen geschrieben, die ich ihr als schriftliche Botschaft überreichte, damit sie meine innerliche ehrliche Rede ebenso zur Kenntnis nehmen konnte.

Danach zog ich mich wieder in die obere Etage zurück, wenigstens bis zum nächsten Gang des Menüs. Ich schaute mich in dieser angemieteten Lokalität um. Imposantes Inventar, Verschnörkelungen, goldene Armaturen, vermeintliche stilvolle Gemälde. Ich setzte mich auf eins der bequem aussehenden Sofas weiter hinten in dem Flur.

Da kam er auf mich zu. Derjenige, den ich noch nicht kannte, alle anderen schon, entweder oberflächlich, von der Arbeit oder nur über seinen Spitznamen.

Doch Josh musste ihn doch näher kennen, zumal er sein Trauzeuge ist. Da mir sein Anblick völlig neu war und sein Auftreten seinem Spitznamen alle Ehre machte, konnte ich es mir sehr wohl denken, wer da auf mich zukommt. Der mysteriöse Trauzeuge, dessen richtigen Namen ich nicht kannte.

Doch nicht nur schien er mysteriös, mir war auch schleierhaft, warum er auf mich zukam. Kurz darauf saß er auch schon neben mir auf dem Sofa, was mich nur noch mehr verwirrte. Ich wartete auf eine Erklärung, doch es kam nichts von ihm.

»Halloo?!«, fing ich auffordernd an, in der Hoffnung aufgeklärt zu werden.

»Ja hey. Tut mir leid, ist dieses Sofa deines oder darf auch ich hier sitzen?«, fragte er mit einem gewissen Unterton sowie einem verschmitztem Lächeln, was ich beides nicht richtig deuten konnte. Doch das Wort 'mysteriös' ging mir erneut durch den Kopf.

»Es ist für jeden zugänglich. Na klar ...«, war meine einerseits neutrale und andererseits etwas schnippische Antwort. Daraufhin wand ich mich etwas ab und tat so, als würde ich mich den Gemälden widmen.

»Hätte ich das gewusst, säße ich nun nicht hier...«, durchbrach er nach kurzer Zeit die Stille.

»Hättest du was gewusst?«

»Dass du ein Mensch bist, der auf langweilige extravagante leidenschaftslose Gemälde steht.«

»Interessant. Ich dachte du wolltest dich lediglich setzen?!«

KNALLeffekteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt