13. Kapitel

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Abrupt schaute ich nach hinten, wo Rae an der Türschwele stand. Seine gebräunte Haut bildete einen scharfen Kontrast zu seinem weißen Arztkittel. Er musste die Tür aufgesperrt haben, denn diese verschloss sich beim Schließen von selbst. Ohne Schlüssel keinen Eintritt.

"Ich dachte wir hätten einen Termin?", fragte er noch verwirrt, bevor James ihn anschrie, wie er auf die Idee käme einfach in sein Büro hineinzuspazieren.

Gleichzeitig mit James sprang ich auf und rannte aus dem Büro. Erschrocken sprang Rae zur Seite. Die Tür schmiss ich dabei vor den beiden zu. Auch wenn es James nicht lange aufhalten wird, dieser Schutzmechanismus würde ihm heute zum Verhängnis werden.

Ich bog rechts ab und rannte den langen Flur geradeaus. Ein Alarm schallte durchs Haus und von der Stiege kamen Agenten auf mich zu. Panisch flüchtete ich in den Lift.

Keuchend lehnte ich mich gegen den Spiegel, während der Lift nach unten fuhr. Ich hatte ein Problem. Unten würden sie auf mich warten.

Müde starrte ich in den Spiegel. Mein Haar war zerzaust und an meiner Wange hatte ich einen verkrusteten Kratzer. Woher ich ihn hatte wusste ich nicht. Vielleicht durch den Sprung aus dem Schulfenster.

Der Lift blieb stehen.

Ich griff unter meinen Pulli zu meinem Gürtel und zog die Pistole hervor. Mit einem geübten Griff entsicherte ich sie und hielt sie geradeaus gerichtet, während sich die Türen langsam öffneten.

Niemand befand sich im Empfang, selbst die Empfangsdame fehlte. Verwirrt drehte ich mich im Kreis. Auch in den angrenzenden Gängen war niemand zu sehen.

Das passt nicht. Irgendetwas läuft hier, wovon du nichts verstehst.

Im gleichen Moment hörte ich Schritte von der Stiege und rannte nach draußen. Ich beschleunigte die Geschwindigkeit, während ich die Pistole wieder unter meinem Pulli versteckte.

Mein Kopf dröhnte und meine Muskeln brannten, doch ich konnte nicht stehen bleiben. Ich durfte nicht.

Häuser rasten an mir vorbei, Mütter sprangen zur Seite, einige Autos hupten, ein älterer Herr schrie mir zornig hinterher.

Ich nahm einen Umweg am Rathaus vorbei, damit sie nicht den Standort meiner Wohnung herausfanden.

Keuchend blieb ich vor einem unscheinbaren Gebäude stehen. Durch die graue Farbe der Mauern, die an den meisten Stellen abgeblättert war, wirkte das zweistöckige Gebäude schäbig. Mit einem genauen Blick über die Schulter, vergewisserte ich mich, dass ich nicht mehr verfolgt wurde.

Erst jetzt bemerkte ich die beiden Rucksäcke, die ich mitgenommen hatte. Den mit meinem Gewand und den von Lilith mit den Schulsachen. Ich legte die Schulbücher in meinen ersten Rucksack und entsorgte den zweiten. Sicher ist sicher.

Kurz schloss ich meine Augen und atmete tief ein und aus. Ab heute war ich Mia Rossi. Der Name der auf den gefälschten Papieren stand. Eileen hatte mir geholfen sie herzustellen.

Du vertraust Eileen zu schnell.

Ich ging hinein und wurde von einer alten Dame mit einem freundlichen Lächeln empfangen. Sie hatte graues Haar, zusammengebunden zu einem Zopf. Ihre Augen weiteten sich besorgt, als sie mich näher betrachtete.

"Alles in Ordnung meine Liebe?" Ihr leicht slowenische Akzent war nicht zu überhören.

„Guten Tag. Ja alles bestens, danke der Nachfrage."

Sie musterte mich skeptisch, dann stellte sie sich als Nadja Bos vor und führte mich in die Wohnung. Währenddessen beobachtete ich sie. Nichts an ihr wirkte gespielt oder aufgesetzt.

Kein hohes Risiko.

Der erste Raum der Dreizimmerwohnung war die Küche. Gleich wie die Möbel des Schlaf und Badezimmers, war hier alles auf grün und weiß abgestimmt.

„Gefällt es Ihnen?", fragte Nadja Bos, nachdem ich mich umgeschaut hatte.

„Ja," log ich.

Wir setzten uns zum Tisch, um die letzten Dinge zu besprechen, bevor ich meine Unterschrift abgeben würde.

Zwölf Minuten und ich könnte ins Bett. Mühsam unterdrückte ich ein Gähnen. Es war schwer ihren Worten zu folgen und als sie anfing über ihre fünf Hasen zu erzählen, schweiften meine Gedanken ab. Auch ohne dem Pochen hinter meiner Stirn hätte ich mir die vielen Informationen nicht gemerkt.

Lilith würde mich jetzt brauchen. Wahrscheinlich redete sie gerade mit ihrer Mama. Wer würde sie nun zur Schule begleiten, mit ihr gemeinsam über Cleo lästern, oder gemeinsam feiern? Würde sie bei den Rostovas bleiben, bei ihren Eltern?

Und ich brauchte sie.

Als Nadja Bos plötzlich anfing zu weinen hörte ich ihr wieder zu. Ihr niederländischer Mann war vor zehn Jahren gestorben. Ich sprach mein Beileid aus, wusste aber nicht was ich machen sollte.

Als ich schlussendlich unterschrieb und Nadja Bos die Wohnung verließ stürzte ich zum Bett und ließ mich darauf fallen. Die Schmerzen vermischten sich mit meinen Gedanken. Ich drehte mich zur Seite, mein Rücken zur Wand, und glitt in einen unruhigen Schlaf.

Schreie rissen mich aus dem Schlaf. Keuchend saß ich im Bett, während mein Traum verblasste. Mein schreiender Papa, Jonah der um Hilfe schrie.

Ich rieb mir über die Augen und spannte kurz meine Muskeln an. Ein Stechen schoss meine Waden nach oben. Heute würde ich ein Krafttraining für meine Arme machen, meine Beine wurden gestern genug belastet.

~*~

Es dämmerte, als ich einen Betrieb mit freier Stelle fand, den ich ausführen konnte. Eine kleine Bäckerei, um die zwanzig Minuten von hier entfernt. Auch wenn es sich nicht richtig anfühlte, schrieb ich der Bäckerin. So schnell würde ich keinen geeigneten Beruf finden und ich brauchte das Geld. Meine E-Mail bekam eine positive Antwort, morgen würde ich meinen Schnuppertag haben.

Der erste Tag in der Bäckerei verging und ich wurde eingestellt. Jeden Tag für neun Stunden. Sie fragte mich, ob ich dienstags frei haben möchte, aber ich verneinte.

Dank dem vielen Backen mit Maria de Luca hinterfragte keiner, ob ich wirklich die Lehre zur Bäckerin gemacht hatte. Erst jetzt merkte ich, wie sehr mir die Zeit mit Liliths Mutter gefallen hat.

Jeder Tag hatte den gleichen Ablauf. In der Früh aufstehen, der Lauf zur Arbeit, am Nachmittag nach Hause, Training, lernen, schlafen.

Die Monate vergingen und es wurde Dezember. Von meinen Freunden hatte ich nichts mehr gehört.

Einzig Nadja Bos besuchte mich zwischenzeitlich. Dann tranken wir Kaffee und sie erzählte von ihrem Tag.

Jedes Mal freute ich mich, dass sie kam und wünschte mir gleich darauf, sie würde wieder gehen.

Sie sah in jedem das Gute und schien jeden zu lieben, der ihr zuhörte. Je mehr Zeit wir verbrachten, desto kleiner wurde mein Misstrauen ihr gegenüber. Sie war keine Gefahr. Sofern ich es überprüfen konnte, war nichts an ihren Erzählungen gelogen.

Und doch wollte ich allein sein, sobald sie länger als 5 Minuten bei mir war.

Ich merkte, dass meine Albträume schlimmer wurden, obwohl ich mich nie an sie erinnern konnte.

In der Arbeit verlief alles gut. Nur die Polizistin Rieke Weeks verfolgte mich immer noch. Mir war inzwischen eingefallen, woher ich sie kannte. Sie wollte der Rostovas beitreten, wurde jedoch nicht angenommen. Vermutlich war sie deswegen so vernarrt, die Tochter des Anführers zu fangen.

Hey 

Wie fandet ihr das Kapitel?

Und wie findet ihr Cataleya?
Ich persönlich mag sie, aber ich glaube das konntet ihr euch denken XD

Habt einen schönen Tag <3

It's a SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt