Menschen kamen und brüllten durch die Gegend. Es wurden immer mehr. Immer lauter. Eine Sirene hallte endlos durch die Straßen. Kinder und weinende Ehepaare mussten weggeschickt werden.
Doch keiner bemerkte mich. Ich blieb liegen, unfähig mich zu bewegen, bis das letzte Geräusch verstummt war. Meine Knie zitterten als ich versuchte aufzustehen und ich stütze mich an einer Bank ab, um nicht umzukippen.
Ich war unter einem Gebüsch gelegen, viel weiter vom Gebäude entfernt als gedacht. Ich brachte es nicht über mich näher an die Kampfstelle zu gehen, doch selbst aus der Entfernung konnte ich sehen, dass das ehemalige Wohnhaus nicht mehr benutzt werden konnte. Ein riesiges Loch zierte die Fassade. Steine lagen keine mehr am Boden, doch Einkerbungen zeigten die Stellen, an denen die schweren Teile gelandet waren. Auch vom Blut und den Waffen sah ich nichts mehr. Genauso wie Nadja Bos und Rieke Weeks weggebracht worden waren.
Kurz kontrollierte ich, ob ich Verletzungen hatte. Das Brennen in meiner Lunge verschwand langsam und meine Schnittwunden desinfizierte ich sorgfältig. Besonders tief war keine davon.
Ich ging zu einer einsamen Seitengasse und lehnte mich zitternd gegen die kalten Mauern.
Ich war eine Mörderin.
Vielleicht hat sie Kinder.
Ich atmete tief ein.
Vielleicht weint sich ihr Ehemann gerade in den Schlaf.
Ich presste meine Hände gegen meine Ohren und zählte von 333 abwärts, doch meine innere Stimme verstummte nicht.
Weinend ließ ich mich auf den kalten Boden fallen.
Ich hatte jemanden umgebracht. Ein Leben gelöscht. Für immer.
Ich zog meine Knie zu mir, damit mein Körper aufhörte zu zittern.
Plötzlich zuckte ich zusammen. Die Polizei wusste bestimmt schon, dass ich die Mörderin war. Wahrscheinlich hängten sich mich auch den Bombenangriff an.
Angst stieg in mir hoch.
Würde ich mit Helikoptern verfolgt werden? Wäre morgen mein Name in allen Medien? Ich würde nirgends mehr hinkönnen.
~*~
Jede Woche wohnte ich wo anders, arbeitete in einem anderen Geschäft, immer unter einem anderen Namen. Rieke war tot. Es war überall in den Schlagzeilen gewesen. Eigentlich müsste ich keine Angst mehr haben, mein Name wurde kein einziges Mal genannt, aber das Gefühl verfolgt zu werden ließ mich nicht los.
Ohne meinen Rucksack verließ ich nie die Wohnung und selbst nachts hatte ich ihn immer griffbereit neben dem Bett liegen, falls ich flüchten musste.
Es war eine Woche vor Weihnachten und ich spazierte mit einem Becher Punsch durch die Straßen Italiens. Kinder redeten von Befana und sangen Weihnachtslieder. So wie ich es früher auch getan hatte.
Manche grüßten mich lächelnd.
Machte ich so einen vertrauten Eindruck? Wenn ihre Eltern wüssten mit wem sie ihre Kinder reden ließen.
Eine Mörderin auf ständiger Flucht. Die hier nicht Geschenke besorgte, sondern auf der Suche nach ihrer nächsten Wohnung war. Aus dem letzten Zimmer war ich frühzeitig entlassen worden. Ich durfte so lange bleiben bis der Vermieter jemanden fand der langfristig bleiben wollte.
Ein unterdrückter Schrei ließ mich zusammenzucken. Ohne einem Ziel folgte ich dem Wimmern, welches nach einem dumpfen Schlag verstummte.
Ich blickte mich um, kein anderer schien es gehört zu haben, es wäre ein leichtes einfach weiterzugehen. Mich von Problemen fernzuhalten. Doch ich konnte nicht.
Langsam ging ich um die Ecke und spähte in eine spärlich beleuchtete Sackgasse, dessen kleine Läden schon lange geschlossen waren. Drei Männer schlugen auf eine zusammengekauerte Gestalt ein, die sich scheinbar mit letzter Kraft versuchte zu wehren.
Still beobachtete ich den Kampf, bis sich die Gestalt zu mir drehte. Er war um die 18, hatte dunkle Locken und blutete am Bauch.
Erik.
Seine Augen weiteten sich, doch dann drehte er sich wieder zu seinen Gegnern. Ein Mann taumelte zurück, als Erik ihn am Bauch traf. Einen Moment später krachte Eriks Kopf auf den Boden.
Wegen ihm war ich allein.
Hatte keine Familie mehr.
Ich spannte mich an, spürte wie meine Hand vor unterdrückter Wut zitterte und mir mein Becher aus der Hand fiel. Wegen ihm war alles zerstört.
Ich war zu schwach, um gegen meine Wut zu gewinnen und stürmte auf Erik zu.
Doch anstatt auf ihn loszugehen, schmiss ich den ersten Gegner zu Boden. Die anderen beiden drehten sich zu mir, doch sie hatten keine Chance. Im Gegensatz zu ihnen war ich unverwundet und meine Wut ließ mich an nichts anderes mehr denken.
Meine Wut auf alles und jeden.
Sie flohen. Ich war noch nicht fertig gewesen, wollte ihnen hinterherrennen, doch langsam gewann ich die Kontrolle über meinen Zorn wieder und blieb stehen.
Schwer atmend drehte ich mich zu Erik, der sich leise fluchend hochhievte und weiter in die Sackgasse hineintaumelte.
Nach kurzem Zögern nahm ich seinen Arm und stützte ihn so gut ich konnte.
"Auto", brachte er mühsam hervor.
Sein Atmen bestand aus einem schweren Keuchen und seine Wunde blutete immer noch.
Bald würde ihm schwindelig werden, vielleicht war er schon an diesem Punkt, und danach würde er einknicken. Ich schätzte, dass er es lange aushalten würde, aber das wäre immer noch zu früh. Ohnmächtig würde es schwer werden ihn zum Auto zu bringen.
Erik.
Es war dumm ihm zu helfen.
Selbst wenn er mich so etwas schuldete, was mich noch zum Nutzen werden konnte.
Wir kamen an einem silbernen Auto zum Stehen.
Erik öffnete die Tür und wollte sich auf die Fahrerseite setzen, doch ich hielt ihm auf.
„So kannst du nicht fahren", zischte ich und bugsierte ihn in die hintere Reihe wo er sich stöhnend hinlegte und sich den Bauch hielt.
Ich öffnete den Kofferraum, kein Erste Hilfe Koffer.
Ist der Typ lebensmüde?
Zögernd stieg ich an der Fahrerseite ein. Ich konnte Autofahren, es wurde mir von Jonahs Papa auf unseren Privatgrundstücken beigebracht, aber ich hatte noch keinen Führerschein. Wenn die Polizei mich aufhielt, würde ich ein Problem haben. Aber das hätte ich dann sowieso.
Langsam fuhr ich aus der Gasse und machte mich auf dem Weg zum einzigen Ort von dem ich wusste, dass ich Erik hinbringen konnte.
Zu Eileen.
Krankhaus war für ein Mafiamitglied wahrscheinlich keine Option. Und den Ort an dem sie mich gefoltert haben, fand ich nicht mehr. Ich hatte es damals nicht geschafft einen klaren Kopf zu bewahren und mir den Weg zu merken.
Ich fuhr auf die Autobahn zu und verkrampfte meine Hände.
Erleichtert beschleunigte ich auf 130 km/h und entspannte mich wieder.
„Wohin fahren wir?", fragte Erik plötzlich mit leiser Stimme.
„Eileen."
Ich fuhr ab und zog überrascht die Luft ein, als wir die Straße durch den Wald erreichten. Überall lag frischer Schnee. Die Äste bogen sich unter dem Gewicht gefährlich nach unten und einzelne Schneeflocken rieselten auf den Boden.
Doch der friedliche Anblick wurde von Erik ruiniert. Ich schaute in den Spiegel und sah ihn mit geschlossenen Augen da liegen.
Ohnmächtig.
Hey, wie geht's euch?
Und wie denkt ihr geht es zwischen Erik und Cat weiter? Bin gespannt auf eure Meinung. XD
Wann immer ihr das lest, macht aus diesem Tag einen unvergesslichen!
❤️❤️❤️
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It's a Secret
ActionIhr Leben lang trainierte Cataleya für die Rostovas. Eine Agentengruppe, die versucht der Polizei Mafiamitglieder zu liefern, um so Menschenleben zu retten. Mit diesem Ziel wächst sie auf und würde alles dafür tun. Denn dafür kämpft sie. Dafür lebt...