20. Kapitel

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Für einen kurzen Moment schien sich die Umgebung zu drehen und ich spannte meinen Körper an.

„Plant Carlo 'ne Kooperation?", fragte Matthias alles andere als begeistert.

Die Lóng zählte zu den stärksten und brutalsten Mafias Europas, bevor die kompletten Mitglieder durch einen winzigen Fehltritt des stellvertretenden Anführers aufflogen. Nur er und der Mafiaführer wussten die Daten aller Mitglieder. So hatte es James meinem zehnjährigen ich erklärt.

Am nächsten Tag waren alle Mitglieder aus Italien verschwunden, nur der Stellvertreter wurde gefesselt und geköpft in seiner Wohnung aufgefunden. Jemand hatte ihn aus der Nähe in den Hals geschossen, doch die vielen Schnittwunden an Bauch und Armen wiesen auf einen langsamen Tod hin.

Sieben Jahre war das nun her. Ich dachte, wir wären sie für immer los.

„Carlo fuhr gestern nach Rom, um mit den Dragãos zu verhandeln. Die zwei führen die Mafia inzwischen", bestätigte Thomas.

Erik fluchte leise vor sich hin, ansonsten war in der Küche nichts mehr zu hören. Angestrengt versuchte ich zu verstehen, was er sagte, merkte aber schnell, dass es norwegisch oder schwedisch war.

Das Gespräch wurde fortgesetzt, doch ich hatte genug gehört. Ich durfte nicht bis zum Schluss warten, denn dann war die Chance groß erwischt zu werden. Leise entfernte ich mich von der Tür, als ich merkte, dass es um mich ging.

„Wie heißt diese Blonde?"

„Cataleya", antwortete Erik. Ich konnte die Art wie er meinen Namen aussprach nicht einordnen.

„Könnt ihr mir vielleicht erklären, warum sie hier ist?"

„Das würde ich selbst gerne wissen", entgegnete Erik vorwurfsvoll.

„Weil sie meine Nichte ist und wenn ihr ein Problem mit ihrer Anwesenheit habt, geht heim zu euren Mamas."

„Sie wird gesucht! Von uns, der Polizei und von den Rostovas!"

„Thomas", Eileens Stimme klang bedrohlich, „wenn auch nur irgendwer von Cataleyas Anwesenheit erfährt, werde ich nicht mehr verschweigen, dass du den Auftrag damals bewusst verkackt hast."

Schritte näherten sich der Tür und ich flüchtete nach oben in mein Gästezimmer und packte die wenigen Sachen von mir, die im Raum herumlagen, in meinen Rucksack. Ich schüttelte den Kopf und ließ den Rucksack wieder in die Ecke fallen.

Unruhig ging ich durch den Raum, in der vergeblichen Hoffnung meine Gedanken zu ordnen. Ich begann mit Liegestützen, doch selbst als meine Armmuskeln so stark brannten, dass ich drohte einzuknicken, klärten sich meine Gedanken nicht.

Ich konnte nicht hierbleiben ohne Eileen und Matthias in Schwierigkeiten zu bringen und ich war so egoistisch gewesen und hatte es verdrängt. Doch das Gespräch mit Matthias und die Aufzählung von Thomas ließen das nun nicht mehr zu.

In eine neue Stadt ziehen würde den beiden schützen, doch egal wo ich war, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis mich jemand finden und melden würde. In ein anderes Land ziehen und komplett neu anfangen war unmöglich. Ich würde es schaffen mich an den Grenzübergängen aus Italien zu schmuggeln, doch danach würde ich feststecken. Ohne Ausweis kam man in unserem System nicht weit.

Eileen könnte mir wieder gefälschte Papiere besorgen.

Mein Kopf begann zu schmerzen und ich beendete meine Liegestützen um mich aufs Bett zu setzten. Ich rieb mir die Schläfen und versuchte mich zu beruhigen. Ich wollte nicht aus Italien flüchten. Ich wollte aber auch nicht wieder jede Woche meine Wohnung wechseln müssen.

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