34. Kapitel

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Man sollte meinen als Tochter des Rostovas Unternehmens könne mich nichts mehr schockieren. Doch als ich zurückgezogen und gedreht wurde, sodass ich keine Sicht mehr in den Raum hatte, brauchte es meine komplette Anstrengung nicht zu schreien. Panisch versuchte ich mich an etwas anderes zu denken, doch das Bild vor meinem inneren Auge konnte ich mir nicht nehmen.

Die Kammer war winzig gewesen und doch wurde nur die Mitte des Raumes beleuchtet, sodass das Seil, das sich um einen blutigen Hals geschlungen hatte, gut sichtbar gewesen war. Sowie der zur Seite gekippte Kopf von Zion Doyl, der eindeutig nicht mehr lebendig war.

Sie mussten ihn gefoltert haben. Ansonsten wäre kein Blut zu sehen gewesen.

Erik kam in mein Sichtfeld. Wäre da nicht das Schimmern in seinen Augen, das ihn verriet, hätte ich gedacht, dass ihm das alles kalt lassen würde. Er räusperte sich kurz und nahm dann meine Hand, die ich aus Reflex zurückzog. „Du weißt, sie wollten, dass wir ihn finden. Wahrscheinlich war es geplant, dass wir überhaupt so weit gekommen sind."

Ja, er hatte Recht. Es war mir bewusst geworden, als ich auf den Leichnam geschaut hatte. Aber ich war zu geschockt, um über die viel wichtigere Frage nachzudenken: Warum?

Ich drehte mich um, die Türe hatte er wieder verschlossen, dabei sah ich meine Spiegelung im Glaskasten. Ein fremdes Mädchen mit braunen Haaren und weit aufgerissen Augen schaute mir entgegen. Ängstlich, zerbrechlich.

Das war nicht ich. So war ich nicht.

„Vergiss deine Informationensuche, wir müssen hier weg." Ich schüttelte energisch den Kopf. „Du weißt doch nicht einmal nach was du suchst!" „Es war von Anfang an unser Plan Informationen zu finden, Vergessen?", fragte ich wütend. „All das war, um mehr über die Lóngs und die Dragãos zu erfahren und du willst aufgeben? Sie wollten uns einschüchtern, ich weiß. Aber ich dachte nicht, dass das bei dir funktioniert."

Ich wollte schreien. Meine Gefühle freien Lauf lassen und den in mir brausenden Sturm an Erik auslassen, als wäre alles seine Schuld. Doch ich konnte nicht. Selbst wenn wir nicht hier wären, umzingelt von Wachen, seine Gefühle zu zeigen würde bedeuten sich diese einzugestehen.

Frustriert griff sich Erik ins Gesicht und merkte, wie er seinen Widerstand aufgab. „Weißt du, wie sehr ich dich gerade hasse?"

Glaube mir, ich hasse dich auch.

Als Antwort versuchte ich zu grinsen, brachte aber nur eine gequälte Grimasse hervor. Ich zeigte Erik die beiden Computerräume mit den roten Punkten auf der Karte, bei denen ich die Suche starten wollte und drehte mich ein letztes Mal zur geschlossenen Tür und anschließend zu meiner Spiegelung. Die Angst war verschwunden, dafür schien ihr nichts aus der Ruhe zu bringen. Wie sehr ein Bild doch täuschen konnte.

„Was machen wir mit Zion Doyl?"

„Hängen lassen", antwortete Erik kaltherzig.

„Das können wir nicht machen, seine Familie hat es verdient zumindest seinen Körper zu bekommen damit sie ihn begraben können."

Ich wollte weiterreden, doch Erik unterbrach mich gereizt.

„Mein Auftrag bestand nur darin, herauszufinden, ob er noch lebt."

Mit diesen Worten verließ er den Raum und ließ mich fassungslos stehen.

~*~

„Du glaubst echt, dass sie die wichtigen Infos nicht von der Festplatte löschen?", fragte mich Erik, als wir das Büro betraten. „Vielleicht wollen sie sogar, dass wir etwas finden, um ihr Spiel weiterzuspielen. Wir können schließlich nicht mitspielen, wenn wir die Spielregeln nicht kennen", entgegnete ich ihm, auch wenn mir bewusst war, dass dies keine zufriedenstellende Antwort war. Jedoch wusste ich nicht, was ich stattessen sagen sollte. Eriks Augenbrauen wanderten nach oben, doch er blieb still.

Ohne uns abzusprechen, teilten wir uns auf. Erik setzte sich zu den Computern an der gegenüberliegenden Seite des Raumes, während ich die Papiere durchsuchte. Der Raum ähnelte sich in keiner Weise mit dem vorherigen. Die Wände waren weiß, die Schränke schwarz, wie in den alten Schwarzweißfilmen die James nie hergeben wollte. Die einzige Farbe kam von Erik und mir. Systematisch suchte ich den Raum ab. Der Mülleimer war leer, der erste Schrank beinhaltete alle möglichen Buchungen von 1980 abwärts, der Zweite war komplett aufgeräumt und auffällig gut geputzt.

Der letzte Schrank befand sich links von der Tür.

Gespannt durchsuchte ich dir darin liegenden Papiere, analysierte die unterstrichenen Wörter und versuchte auf versteckte Nachrichten zu stoßen, bis ich meine Umgebung komplett ausblendete. „Cataleya", riss mich Erik aus meiner Konzentration und ich fuhr zusammen, „es ist zehn nach vier, wir sollten die Suche beenden."

Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder von ihm ab. Jetzt würde ich nicht aufhören. „Wir haben seit 30 Stunden keinen Schlaf mehr und seit Eileens Apfelstrudel nichts mehr gegessen." Als Antwort zuckte ich mit den Schultern. „Ein paar Stunden mehr werden wir auch noch aushalten."

„Schau, es war schlau von dir, hier zu suchen. In den letzten Monaten wurden diese Computer benutzt, denn von dieser Zeit wurde alles und ich wiederhole alles gelöscht. Aber das bedeutet, dass wir hier unser Leben für nichts aufs Spiel setzten."

Ich würde nicht aufgeben, nicht so kurz vorm Ziel. „Du kannst eh gehen, wenn du willst."

Hat dein Gehirn jetzt komplett den Verstand verloren?

Wenn er jetzt ging, ich wusste nicht, ob ich bleiben oder mitkommen würde und diese Unsicherheit machte mir Angst. Außerdem nahm ich Eriks Drohung ernst, zudem brauchte ich seine Hilfe.

Entweder du beendest deine Feindseligkeit mit gegenüber und wir bringen unsere gemeinsamen Ziele hinter uns, oder wir teilen uns jetzt auf und arbeiten nicht mehr zusammen.

„Zicke", murmelte Erik kaum verständlich und ich hörte wieder das Klicken der Maus.

Erleichtert schloss ich die Augen, bevor ich wieder zu den Papierstapeln griff. Es war unmöglich, dass den Zuständigen für die Bereinigung dieses Raumes kein einziger Fehler unterlaufen war. Hier musste es etwas zu finden geben.

Eine halbe Stunde später hatte ich immer noch nichts gefunden. Mit wachsender Ungeduld durchsuchte ich die letzten Seiten. Nichts. Wütend legte ich die Papiere zurück und stieß mich mit der Hand an der hinteren Regalwand. Leise fluchend riss ich meine Hand zurück und hörte ein Krachen. Alarmiert stand Erik auf, während ich in die unterste Schranklade spähte. Ein loses Brett, lag nun in der Lade und anstelle der hinteren Schrankwand befand sich nun eine dunkle Aushöhlung.

Breit grinsend schaute ich zu Erik, der mich verwirrt anschaute.

„Ein Geheimfach", flüsterte ich glücklich. Jetzt grinste auch Erik. „Dann schau rein, du Genie." Ich legte das Brett zur Seite und tastete den dahinterliegenden Hohlraum ab. „Scheiße, das gibt es nicht." Erwartungsvoll fragte Erik: „Und? Was hast du gefunden?" „Nichts." Meine Freude verflog so schnell wie sie gekommen war.

Plötzlich hörten wir Schritte vom Gang.

„Der andere Schrank!", entfuhr es mir, „der hat bestimmt das gleiche Geheimversteck."

Eriks Augenbrauen zogen sich zusammen, während er versuchte, nicht seine Fassung zu verlieren.

„Wir müssen hier weg. Hörst du?"

Mit klopfendem Herzen nahm ich das Brett des anderen Schranks heraus. Meine Finger zitterten so stark, dass ich mehrere Versuche brauchte.

Die Schritte wurden lauter.

Konzentrier dich.

Es mussten mindestens drei Personen sein, die auf den Computerraum zumarschierten.

Hektisch griff ich hinein und zog einen weiteren Zettelstapel hervor.

Heyy

Habt einen schönen Tag ihr Lieben <3

Eure KS

It's a SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt