Erik parkte einen Wohnblock vom Gebäude Melakorn 55 entfernt und erklärte mir, dass er hier immer sein Auto hielt. Der Parkplatz war nicht besonders, umgeben von hohen Wohngebäuden und durch eine Schranke für außenstehende Personen geschützt.
Soweit ich wusste, hatten die Guerra in dieser Stadt 13 Standorte und ich bezweifelte, dass Erik bei jedem dieser Orte eine fixe Parkfläche hatte. Neugierig betrachtete ich ihn von der Seite. Vermutlich bekam er hier regelmäßig seine Aufgaben zugeteilt. Aber auch wenn die Guerra eine eher kleine Mafia war, hatte niemals jedes Mitglied seinen eigenen Parkplatz.
„Du wohnst hier, oder?"
Die Gegend wirkte trostlos und grau. Vor den Türen standen Glasflaschen, am Straßenrand lag Müll und die wenigen vorbeikommenden Menschen hatten einen starren Blick. Es war nicht vergleichbar mit der Umgebung des Rostovas-Gebäudes, welches sich direkt im Stadtzentrum befand.
Erik blieb abrupt stehen und eine Zornfalte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen, während sich sein Unterkiefer kaum merklich nach vorne schob.
„Ich dachte wir wollen keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen? Kleiner Tipp, dafür sollte man die Klappe halten."
Okay. Natürlich. Er hatte Recht, wir halfen uns nur gegenseitig, da wir das gleiche Ziel hatten. Mehr war da nicht, vor allem kein Platz für private Fragen.
Trotzdem verletzte mich sein Verhalten mehr als ich einsehen wollte. Es war, als hätte mein Herz für einen Moment aufgehört zu schlagen, als hätte mir jemand eine Ohrfeige gegeben.
Wir erreichten den Fischladen, aus dem ein älteres Paar mit Einkaufstaschen nach draußen ging. Die Beschreibung des Gebäudes, die mir meine Tante Maria vor Jahren gegeben hatte, passte perfekt. Die blauen Fensterläden mit den eingravierten rosa Blumen gaben dem unter Teil des grauen Gebäudes einen süßen Touch.
Der innere, obere Stock musste jedoch in kompletter Dunkelheit liegen, denn alle Fensterläden waren geschlossen und laut Erik wurden die Konferenzräume im obere Stock zwischen 19 und 20 Uhr nicht genutzt.
Das Gebäude grenzte an ein Bürogebäude an der linken und an eine kleine Bank an der rechten Seite. Neben dem Büro und dem an dessen Gebäude grenzenden Hochhaus, gab es einen kleinen Durchgang zum Hinterhof, in den Erik vorausging. Er würde mit den Wachen ein Gespräch anfangen und mir so einen freien Einlass durch den Hintereingang des Fischladens verschaffen.
Es war 19:45 Uhr, langsam sollten wir uns beeilen, wenn wir unbemerkt hineinkommen wollten.
Einer der Wachen klopfte Erik auf die Schulter, als ich in den Hinterraum des Ladens kam. Mir schlug die dicke, nach Fisch riechende Luft entgegen und rümpfte meine Nase. Die nächste Tür war mit einem Zahlenschloss versehen und obwohl Erik mir das Passwort verraten hatte, wartete ich auf ihn, bevor ich weiterging.
Wortlos tauchte er hinter mir auf und öffnete die Tür.
Niemand kam uns entgegen, als wir die schmale Treppe nach oben stiegen. Wie erwartet lag der Gang in Dunkelheit und ich musste mich anstrengen, um die vier angrenzenden Türen zu erkennen. Ich folgte Erik, der mich in den Raum am Ende des Ganges führte.
19:53 Uhr, vermutlich tauchten jeden Moment die ersten Mitglieder der Besprechung auf.
Überrascht über die Größe des Raumes sah ich mich um. Auf dem ersten Blick erschien es mir, wie ein einfacher Seminarraum. Ein großer Holztisch in der Mitte, zwei Fenster nach draußen und Schränke und Kästen, die sich mit denen aus dem Befragungsraum ähnelten, in dem ich von Erik gefoltert wurde. Einzig ein schwarzer Rucksack der an einen der Kasten gelehnt lag, passte nicht ins Bild.
Erst als ich mich genauer umsah, bemerkte ich die Waffen, die hinter mir an der grauen Wand bei der Tür, wie eine stille Warnung, aufgehängt waren.
Zwei Tanfoglio Force Modelle, dreimal Beretta 92 und weitere dreimal das HK MP7 Modell, mit dem ich nicht wirklich vertraut war. Ich hatte nicht einmal zehn Sekunden gebraucht, um dies zu erkennen.
James wäre stolz auf dich.
19:56 Uhr.
Überwachungskameras gab es keine, dafür jedoch Aufnahmegeräte, von denen ich nicht wusste, wie sensibel sie eingestellt waren. Jedes Geräusch unserer Schritte konnte uns verraten.
Erik berührte mich am Arm und deutete mit einer kleiner Bewegung seines Kopfes zum Schrank, in dem seit Jahren nichts mehr drin liegen sollte.
Ich hoffte, dass die Konferenz nicht doch in einem anderen Raum stattfand, aber ich musste auf Erik vertrauen, dass solch wichtigen Besprechungen hier stattfanden.
Im Kasten war es eng und Erik viel zu nah. Ich zwang mich ruhig zu bleiben, aber ich merkte, wie meine Hände zum Schwitzen anfingen und immer wieder zu meiner Pistole wanderten. Fraglich ob ich es verkraften würde abzuschießen, sollten wir erwischt werden. Umso wichtiger war es, dass man mir im Ernstfall meine Unsicherheit nicht ansah.
Kurz nach 20 Uhr.
Meine Gedanken rasten, als fünf Personen in den Raum kamen. Neben dem Mafiaanführer waren bei solchen Besprechungendie Stabstelle, bei den Guerras bestehend aus zwei Personen, dem Unterboss und einCaporegime anwesend. Konzentriert versuchte ich ihren Schrittgeräuschen zu folgen. Eine Person ging zu den Fenstern, die anderen blieben vor dem Tisch stehen.
Ich schaute zu Erik. Er war weiß im Gesicht.
„Guten Abend." Eindeutig Carlo Morenos Stimme.
„Minja Doyl hat sich gegen die Teilnahme der heutigen Besprechung entschieden, wie ich sehe."
Ein Rascheln war zu hören und Erik deute mit seiner Hand eine schreibende Bewegung. Alles wurde genau dokumentiert.
Ansonsten schienen alle anwesend zu sein, denn Carlo fuhr ohne Umschweife fort.
„Aufgrund des Problem des Crystal Meths, lag es an Zion Doyl anstelle meinerseits den Dragãos eine Kooperation anzubieten bevor uns die anderen Mafias zuvorkommen. Er kam nicht von seiner Mission zurück."
Eriks Augen weiteten sich entsetzt. Jemand seiner Leute war in großer Lebensgefahr, wenn nicht sogar tot. Ich nahm seine zitternde Hand, während wir darauf warteten, dass die drei Personen ihre weiteren Vorgehensweisen besprachen.
Das Gespräch wurde immer unruhiger, die Stimmen immer lauter. Die letzten aufgezeichneten Daten von Doyl wurden nachverfolgt, seine letzten Nachrichten analysiert. Alles schien darauf hinzudeuten, dass sein Verschwinden mit den Lóngs zusammenhing, doch die Ansichten des genauen Grundes gingen weit auseinander.
Vielleicht hatte er etwas mitbekommen, dass er nicht hätte erfahren sollen. Vielleicht wollten sie einfach ihre Macht veranschaulichen. Je mehr Respekt einer Mafia erbracht wird, desto stärker und größer konnte sie werden.
Erik schien wieder ruhig, hatte aber die Augen geschlossen.
Sie entschieden sich ausschließlich eine Person hinterherzuschicken, um den Aufenthalt von Doyl, beziehungsweise im Falle seines Todes die seines Körpers, ausfindig zu machen. Doch sie waren unschlüssig, wen sie dazu auftragen sollten, da die Chance dabei selbst zu sterben sehr hoch war. Wieder verspannte sich Erik, ließ seine Augen jedoch geschlossen.
Nachdem die Besprechung zu Ende war und die letzte Person aus dem Raum ging, standen wir noch eine halbe Ewigkeit im Schrank, bis Erik die Schranktür öffnete und nach draußen ging.
Plötzlich schlug er die Tür zu und ich zuckte zusammen.
„Ah Erik, sehr schön dich zu sehen. Was machst du hier?"
Ich kannte die Stimme nicht, konnte sie nicht einschätzen, aber ich war mir sicher, dass diese Frau bei der Besprechung dabei gewesen war und nicht begeistert von Eriks Auftauchen war.
Meine Hand wanderte unschlüssig zu meiner Waffe. Mir war ausschließlich bewusst, dass Erik gerade erwischt wurde eine wichtige, geheime Besprechung zu belauschen und eine Mafia bei Treueverletzungen nicht selten zu Eliminierungen griff.
Hallöchen
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen :)
Wenn ihr Verbesserungsvorschläge habt, gerne her damit <3
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It's a Secret
ActionIhr Leben lang trainierte Cataleya für die Rostovas. Eine Agentengruppe, die versucht der Polizei Mafiamitglieder zu liefern, um so Menschenleben zu retten. Mit diesem Ziel wächst sie auf und würde alles dafür tun. Denn dafür kämpft sie. Dafür lebt...