☾
WEI
»Da kommt sie ja«, rief Theo fröhlich und zeigte auf Maike, die gerade auf uns zu lief.
»Ist da jemand verliebt?«, flüsterte Hektor ihm provozierend ins Ohr.
Maike stand jetzt vor uns. Sie trug einen langen braunen Mantel, der ihr bis zu den Knien reichte. In der Hand hielt sie einen Becherhalter aus Pappe.
»Ich hoffe ihr habt Lust auf warmen Kakao«, trällerte sie, überreichte jedem von uns einen Becher und ließ sich dann mit einem fast lautlosen Seufzer auf die Bank fallen.
Wir saßen im Tulpenpark, der größte Park in Aalwald. Ein wunderschöner Ort, welcher schon oft als Vorbild für Landschaftsmalereien diente. Seltene Pflanzen, Sträucher und Bäume schmückten die grüne Wiese. Das Teehaus und der kleine Teich waren Orte, wo ich gerne meine Zeit verbrachte. Hier machte ich meine Hausaufgaben oder las ein Buch.
Hier versammelten sich Jugendliche zum nächtlichen Feiern, Sportlustige zum Trainieren und Familien zum Spielen.
Der Park wurde außerdem Sex-Park genannt. Theos Bruder hatte uns letztes Jahr ganz stolz erzählt, dass er hier seine Jungfräulichkeit verloren hatte. Wenn ein Mädchen oder ein Junge dich abends in den Tulpenpark einlud, dann wusste man sofort, was es bedeutete. Für mich war das eine ekelhafte Vorstellung. Doch darum ging es zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht. Ich hatte mir fest vorgenommen, meinen Freunden heute von dem gruseligen Traum zu erzählen. Ich hatte jede Nacht Probleme einzuschlafen, seitdem ich das Geweih hinter meinem Kleiderschrank gesehen hatte. Jedoch sollte ich vorerst nicht zu Wort kommen.
»Hat sich Alma gut eingelebt?«, fragte Hektor neugierig.
»Vermisst du sie etwa?«, wollte ich ironisch wissen.
Hektor kniff mir leicht in den Oberarm und ich trat ihm auf den Fuß.
»Wenn die beiden Turteltauben sich beruhigt haben, würde ich gerne über Alma sprechen«, sagte Theo und tat dabei so als würde er eine Rede halten.
»Entschuldigung, der Herr«, murmelte ich.
»Alma geht es sehr gut«, berichtete Maike, »sie hat sich wunderbar eingelebt. Sie ist immer noch leicht ängstlich. Ich glaube sie hat sich wirklich an dich gewöhnt.« Sie lächelte Hektor zu, welcher ihr einen unglaubwürdigen Blick zuwarf.
»Was machen wir, wenn dein Vater zurückkommt?«, informierte sich Theo.
»Der kommt doch erst in ein paar Wochen wieder, bis dahin müssen wir natürlich eine andere Lösung gefunden haben. Aber in unserem Gartenhäuschen ist sie erst mal sicher, und dort hat sie auch ein kleines Badezimmer und muss nicht immer auf Hektor warten.«
»Was glaubst du wer Frau Gabrowski umgebracht hat?«, befragte ich Maike.
»Unterbrich sie doch nicht«, ermahnte Theo mich.
»Ich war fertig mit reden«, kicherte sie und streichelte kurz über Theos Oberschenkel. Anschließend schlug er seine Beine übereinander und lehnte sich mit seinem Oberkörper nach vorne.
Maike stand auf. »Ich gehe schnell meinen Becher wegwerfen, dann reden wir weiter«, sie zwinkerte uns zu und lief zu einem Mülleimer.
»Wie sitzt du denn da?«, Hektor sah Theo verwirrt an.
Dieser deutete mit seinen Augen auf seinen Schritt und biss sich auf die Unterlippe.
»Nicht dein Ernst«, flüsterte Hektor und fing an zu lachen.
DU LIEST GERADE
VANITAS
FantasyTheo, 14 Jahre alt, und seine Freunde suchen nach dem perfekten Abenteuer. Tagtäglich bekämpfen sie imaginäre Monster in den Wäldern rund um das kleine Dorf Aalwald. Als sie eines Tages einen schrecklichen Fund machen, ändert sich ihr Leben schlagar...