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THEO
»Pass auf«, rief ich meinen Freunden zu »der Troll kommt!« Brüllend und lachend zugleich rannten wir von einem Baum zum nächsten. »Soll er doch kommen, ich habe meine magische Axt«, sagte Wei mit krächzender Stimme. Er fuchtelte mit einem Stock umher, der viel zu groß für ihn war und verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.
Hektor lachte. »Wärst du nicht im Stimmbruch, hätte ich dich fast ernst genommen.«
Wei drehte sich zu ihm um und schlug ihm spielend mit dem Stock auf den Arm. »Lass das!«, schimpfte Hektor. Er fuhr sich durch seine leicht lockigen Haare. Dann rückte er sein weißes T-Shirt zurecht und wischte sich etwas Dreck vom Ärmel.
Wei lachte und entschuldigte sich.
»Ähm, Jungs«, ich wartete bis ich Augenkontakt zu meinen Freunden hatte und deutete mit meinem Zeigefinger in den Himmel, »wir sollten uns vielleicht langsam auf den Weg machen, ein Sturm zieht auf.«
Wir legten unsere Waffen, die lediglich nur Stöcker und Steine waren an einen Baum, nahmen unsere Jacken und liefen langsam in Richtung Zivilisation zurück. Unsere Eltern würden uns vermutlich monatelangen Hausarrest geben, wenn sie wüssten, dass wir alleine im Wald spielten. Aber die Trolle verschwanden nun mal nicht von selbst.
Ich wusste, dass Trolle nicht existieren, jedenfalls hatte ich hier in Aalwald noch nie einen gesehen. Es gab aber Leute die behaupteten, dass in den Wäldern um Aalwald und auf dem Strauchberg Trolle und andere mystische Kreaturen hausten. Ich, Theo, 14 Jahre alt, und meine Freunde Hektor, ebenfalls 14 und Wei, 13 Jahre alt, hatten es uns zum Ziel gemacht, diese zu finden und zu bekämpfen. Wir suchten jetzt allerdings schon sehr lange - vergeblich.
Wei und Hektor waren meine einzigen Freunde im Dorf. Die anderen Kinder wollten nicht viel mit uns zu tun haben. Wir trafen uns jeden Tag und spielten bei Sturm und Regen Videospiele oder überlegten uns spannende Geschichten und schrieben diese in unser Notizbuch. Bei Sonnenschein trieb es uns raus in die Wälder, wo wir uns auf die Suche nach echten Abenteuern machten.
Unsere Eltern hatten immer viel zu tun, von daher lernten wir schon früh uns selbst zu beschäftigen und selbstständig zu sein. Meine Mutter war Friseurin und arbeitete fast den ganzen Tag, von Montag bis Samstag, manchmal sogar auch sonntags. Ich sah sie eigentlich nur morgens vor der Schule und abends, bevor ich ins Bett ging. Mein Vater arbeitete seit seinem Unfall nicht mehr. Er vertrieb sich den Tag mit dem Suchen nach neuen Jobangeboten oder übernahm kleine handwerkliche Arbeiten für unsere Freunde und Nachbarn. Er war auch für das Kochen zuständig, das konnte er zwar nicht besonders gut, aber er brauchte andauernd etwas zu tun, ansonsten wird er wieder sehr traurig, wie Mutter es nannte.
Wei, war der Ruhigste von uns. Er war sehr bedacht und höflich. Er ermahnte uns des Öfteren, wenn wir unterwegs waren und einer von uns vergessen hatte Bitte oder Danke zu sagen. Er hatte durch sein Elternhaus großen Leistungsdruck und musste oft früh nach Hause um zu lernen. Bevor wir uns mit Wei anfreundeten, war er sehr einsam. In den Schulpausen saß er meistens alleine in der Cafeteria und las Bücher oder lernte schon für die nächste Unterrichtsstunde. Seine Mutter legte sehr viel Wert auf seine Schulbildung, sie wünschte sich, dass er mal ein ganz Großer wird - mit viel Ruhm und Reichtum. Sein Vater sah das anders. Er wollte, dass Wei das Familiengeschäft übernahm - ihr Restaurant.
Dort waren seine Eltern Tag und Nacht beschäftigt. Sie kamen vor 10 Jahren aus China nach Deutschland und waren seitdem Besitzer des einzigen asiatischen Gasthauses im Umkreis von 30 km, von daher war der Lotustempel immer gut besucht. Ab und zu wurde er von seinen Eltern zum Kellnern verdonnert.
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VANITAS
FantasíaTheo, 14 Jahre alt, und seine Freunde suchen nach dem perfekten Abenteuer. Tagtäglich bekämpfen sie imaginäre Monster in den Wäldern rund um das kleine Dorf Aalwald. Als sie eines Tages einen schrecklichen Fund machen, ändert sich ihr Leben schlagar...