7. Ein Heiße-Schokolade-Problem

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Ich gehe nicht zurück in den Unterricht. Den einen Block und den Kugelschreiber, den ich herausgeholt habe, wird entweder keiner klauen oder ich werde ihn nicht vermissen. Es versetzt mir einen Stich in die Magengegend, als mir klar wird, dass niemand sie für mich mitnehmen wird.

Ich hoffe sehr für Azath, dass er diesen Move rückgängig macht, sonst wird meine Kooperationsbereitschaft (ja, vielleicht habe ich den einen oder anderen Thriller zu viel gesehen) nicht sehr ausgeprägt sein.

Das Spinnwebengefühl, das der Regen auf meiner Haut hinterlässt, ist seit gestern nicht verschwunden und vielleicht hätte ich es damals schon als Omen sehen sollen. Hängen die meisten Spinnweben nicht immer da, wo nie jemand langgeht, weil es eine verdammt doofe Idee ist?

Atemlos komme ich vor dem Laden von Mr. Skyler an und erst da wird mir klar, dass ich keine Ausrede habe, warum ich hier bin. Mitten am Vormittag. In einer Schulwoche.

Doch mein Bedürfnis, das Problem mit Azath und eventuell Jessie aus der Welt zu schaffen, wiegt schwerer als meine Angst vor mangelndem Improvisationstalent.

Als ich die Tür aufstoße, sieht Mr. Skyler überrascht von seiner Ladentheke auf. Die silbrigen Haare stehen ihm wie üblich wie in einer Wolke um den Kopf und er trägt eine kleine goldene Lesebrille.

„Eliza?", fragt er überrascht und setzt die Lesebrille hinunter auf seine Nase.

„Hi", sage ich atemlos. Ja, ich bin wohl den Weg hierher gerannt.

„Was machst du hier? Ich habe dich erst morgen erwartet."

Ein Regentropfen läuft mir das Gesicht herunter und unwillkürlich wische ich ihn weg.

„Oh Liebes", sagt Mr. Skyler und seine hellen Augen weiten sich. „Du musst doch nicht weinen. Ich wette, es ist alles halb so schlimm. Soll ich dir einen Tee machen? Einen Tee holen?"

Der Arme ist in etwa ebenso überfordert, wie ich mich fühle. Dann wird er klar, dass er den Regentropfen mit einer Träne verwechselt haben muss und mein Gesichtsausdruck hat dann wohl den Rest bewirkt.

Aber es ist die ideale Ausrede, also springe ich auf die Vorlage auf. Ich wische mir erneut über die Augen. „Es ist nur – gerade etwas viel", sage ich abgehackt. „Meine Freunde sie – sie behandeln mich auf einmal, als wären wir Fremde!" Das ist sowas von nicht gelogen und ehrlich gesagt bin ich auf einmal wirklich kurz vorm Losheulen.

„Das ist nicht nur ein Teeproblem", stellt Mr. Skyler sanft fest. „Das ist ein heiße-Schokolade- Problem, sehe ich das richtig?"

Ich blicke hoch zu meinem Chef. Das ist sowas von ein heiße-Schokolade-Problem. Vorsichtig nicke ich.

Mr. Skyler seufzt und erhebt sich. „Ich hole dir eine bei Toby's."

Ich stoße einen kleinen überraschten Laut aus. Toby's ist so ziemlich das beste Café überhaupt und es ist nur zwei Straßen entfernt von hier. Aber ich weiß auch, dass Mr. Skyler für gewöhnlich nichts von dem „neumodischen Kram" hält. Er hat hinter dem Antiquitätenladen eine kleine Küche, von wo er so ziemlich alles Mögliche herzaubern kann.

Als er zur Tür geht, schenkt er mir ein warmes Lächeln. „Mir sind die Marshmallows ausgegangen. Du bleibst einfach genau hier sitzen und passt für mich auf den Laden auf, ja?"

Noch während ich nicke, ist er bereits aus dem kleinen Geschäft verschwunden.

Sobald Mr. Skyler aus meinem Blickfeld verschwunden ist, springe ich auf und laufe zu Azaths Kiste, die immer noch genau da steht, wo ich sie zurückgelassen habe. Ich ziehe die Vorhänge zu und lasse die Truhe aufschnappen.

Simsaladjinn - Ein Djinn für alle FälleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt