13. Die asymptotische Annäherung ans Im-Boden-Versinken

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Diese Frage nach meinen Träumen kann ich jetzt beantworten. Sie sind konfus. Ich war noch nie auf einem LSD Trip, aber ziemlich genau so stelle ich ihn mir vor. Alice taucht auf, aber anstatt ihrer Arme hat sie Hühnerflügel, bis ich in ihre rot glitzernden Augen eintauche und Azath vor mir steht, der „zwei Wochen zwei Wochen zwei Wochen" in hoher Piepsstimme wiederholt. Wir rasen in einem gestohlenen Auto durch die Nacht, das in irisierenden Farben schillert und sogar im Traum Abbilder auf meiner Netzhaut hinterlässt.

Selten habe ich meinen Wecker so sehr gehasst wie heute. Meuchelmord steht ganz weit oben auf meiner Liste und ich werde nie in meinem Leben Star Wars schauen können. Das wäre nicht gut für meinen Blutdruck.

Und Jessie treibt ihn noch weiter in die Höhe.

„Heute bist du dran", kräht ser, kaum habe ich auch nur die Augen aufgeschlagen und einen Blick in Richtung Wecker geworfen, von dem ich hoffe, dass er doch noch Laser abschießen und das Teil in tausend piepende – dann nicht mehr – kleine Stücke zerschießen kann. Ja, es ist eine sehr spezifische Vorstellung, die unnötig lange beschrieben wurde. Ich bin noch müde.

„Womit bin ich dran?", nuschele ich, während ich mich aufrichte. Jeder Wirbel in meinem Rücken knackt einmal. Man sollte es nicht meinen, aber auch mit sechzehn Jahren tut es nicht gut, die Nacht auf einem Teppich und nicht im Bett zu verbringen.

„Mir deine Welt zu zeigen!" Jessie ist aus dem Bett gehüpft und springt nun – ja, springt wortwörtlich – vor mir auf und ab. Um siren Rücken scheint es gut bestellt. „Ich will diese Schule wirklich unbedingt kennenlernen! Ich habe heute Nacht mit meinem Vater gesprochen und er hat es arrangiert, dass sie mich erwarten!"

„Er hat was?" Im Zeitlupentempo strecke ich die Hand aus und ersticke meinen Wecker. Wo wir wieder bei Mordanalogien wären.

Jessie zögert den Bruchteil einer Sekunde. „Naja, er hat der Sekretärin und eurer Schulleiterin eingeflüstert, dass es eine gute Idee wäre, Jessie Merry als neu hinzugekommenen Schüler einzutragen und – tadaaa! Problem gelöst!"

„Du hast jetzt meinen Nachnamen?"

Da ist es wieder, das vermaledeite Grinsen, von dem ich schwören könnte, dass es Jessies Gesicht weiter auseinanderzieht, als gut für es wäre. „Nur für die Schule. Merry ist ein schöner Nachname."

„Mhm", mache ich, wache aber tatsächlich langsam auf. Ich werde Jessie mit in die Schule nehmen. Für sin angebliches Praktikum.

Ich tapse zur Tür und rufe auf gut Glück die Treppe hinunter: „Mama? Ich brauche heute ein bisschen länger. Ich komme aber klar. Mach's gut, wir sehen uns später, hab dich lieb!"

Es ist nichts Ungewöhnliches. Und da sie ebenso langsam aufwacht wie ich, wird sie die eigentlich ziemlich lahme Ausrede ohne Nachfragen akzeptieren.

„Cooooool", sage ich gedehnt. „Ich muss ins Bad."

Kurze Zeit später hüpft – ja, ich meine das immer noch wortwörtlich – Jessie neben mir her auf dem Weg zur Schule. Immerhin werden die Leute mich heute wieder erkennen. Werden sie doch – werden sie doch?!

„Jessie?", sage ich leicht panisch. „Das gestern war doch nur eine Warnung, oder? Von Azath? Ich werde nicht ebenfalls eine neue Schülerin sein?"

In diesem Moment stürmt Kat auf mich zu. „Eliza! Wo zur Hölle warst du gestern nach Mathe? Ich war total verwirrt, weil du dich so seltsam aufgeführt hast, was war denn los? Geht es dir gut?" Als ich lächle und nicke, fährt sie ungehindert in ihrem Wortstrom fort. „Ich habe das gleich in einer neuen Idee verarbeitet, stell dir einmal vor, jemand wird von einem Dämon besessen und der Dämon weiß noch nicht so ganz, wie er sich in der Schulumgebung oder generell im Alltag des Besessenen verhalten soll und -"

Simsaladjinn - Ein Djinn für alle FälleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt