Kapitel 17

16 1 0
                                    

Während der Fahrt schwiegen wir und lauschten der Musik, die unterdessen lief. Seine Hand lag auf meinem Oberschenkel. 

Die Fahrt von ihm zu mir nach Hause dauerte etwa 20 Minuten, ich hätte gar nicht gedacht, dass wir an so unterschiedlichen Enden der Stadt wohnten. Er parkte vor dem Haus und stieg aus, was ich ihm nachtat. Er hielt mir meine Tasche hin, die er gerade aus dem Kofferraum geholt hatte, weshalb ich sie mir umhängte, bevor er mich in seine Arme zog und mich küsste. Mein rechter Arm lag um seinen Hals, während seine Hände an meiner Taille lagen und mich näher zu ihm zogen. Der Kuss lief etwas aus dem Ruder, bis ich mich irgendwann von ihm löste. 

"Hey Will", rief er plötzlich und schaute über meine Schulter. Augenblicklich weiteten sich meine Augen, bevor ich mich ganz langsam in die Richtung drehte, in die Ezra schaute. Will stand nur wenige Meter von uns entfernt und sah wirklich ziemlich sauer aus. "Hast du das mit Absicht gemacht?", fuhr ich Ezra wütend an, worauf er nur lachte. Genau das hatte ich gemeint: Er hatte einen grauenhaften Charakter. 

Kraftvoll stieß ich Ezra von mir weg. "Ich habe ihn gerade erst gesehen, ich schwöre es", beteuerte er und hob ergebend die Hände. Ich schnaubte. "Darüber reden wir noch", fauchte ich ihn an, worauf er in sein Auto stieg und wegfuhr. 

"Hörst du eigentlich auf irgendetwas, was ich dir sage?", schrie Will mich direkt an. "Nicht hier", zischte ich und ging ins Haus, wohin er mir auf Schritt und Tritt folgte. In meinem Zimmer angekommen schaute er mich wieder wütend an. "Du bist mit diesem Vollidioten zusammen?", pampte er mich direkt an, weshalb ich die Augen verdrehte. "Vermutlich bist du auch nur wegen der Flachzange überhaupt beigetreten. Ich hätte dich echt für vernünftiger gehalten", redete er weiter. "Entspann dich mal. Auf Befehl von unserem Boss musste ich das Wochenende bei Ezra verbringen und wir bzw. eher ich habe mir halt Samstag aus Langeweile die Kante gegeben und da sind wir halt im Bett gelandet. Mehr war da nicht. Naja okay, wie man es sieht. Wir sind ein paar Male in seinem Bett gelandet", erklärte ich. 

Er fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. "Dankst du eigentlich, ich rate dir grundlos, dich von dem fernzuhalten?", meinte er genervt, ich verdrehte die Augen. "Weil du Eifersüchtig bist?", erwiderte ich, er schnaubte. "Nein, weil der Typ der wandelnde Untergang ist", fuhr er mich an. "Bitte lass mich doch einfach selbst merken, wenn ich falsche Entscheidungen fälle", seufzte ich genervt und ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen. "Ich sage sowas nicht ohne Grund. Ich kenne ihn schon seit Jahren", meinte Will und senkte den Blick. "Dann rede doch bitte endlich mal Klartext", forderte ich ihn auf, während ich an die Zimmerdecke starrte. 

"Ich war selber ein Azura und bin ausgestiegen", erklärte er, weshalb ich ihn mit großen Augen ansah. "Du bist einfach ausgestiegen?", fragte ich ungläubig. "Sagen wir es mal so: Ich war als Jugendlicher dort, bin aber nie so richtig richtig beigetreten. Mein Vater war einer von ihnen und hat mich da mit reingezogen damals. Als ich 8 war, schleppten sie insgesamt drei Kinder an, einer 7 und die anderen beiden ebenfalls 8 Jahre alt. Wir vier haben gemeinsam Laufburschen gespielt und dabei ziemlich viel Mist gebaut. Damals war das für uns kein Ernst sondern nur Spaß, aber je älter wir wurden, desto klarer wurde es uns. Als wir alle so um die 16 waren, stand bei uns die Entscheidung an, ob wir wirklich beitreten. Ich habe mich davon zurückgezogen, weil mir das da einfach zu krass war. Ich war nie ein gewaltbereiter Typ und das wollte ich ich nicht sein, deshalb bin ich gegangen und habe mir ein eigenes Leben aufgebaut. Xater war der Jüngste von uns und hat sich mit Ghost aus dem Staub gemacht und sich in einem anderen Staat einer kleineren Gang angeschlossen, weil es ihm hier zu groß war. Außerdem hatte der ziemlich viel Mist hinter sich und wollte hier einfach nur noch weg, weil ihn alles an seine Kindheit erinnert hat. Der vierte in der Runde war Ezra. Ezra war anders als wir. Ich war ein Feind von Gewalt, Ghost hielt sich eher zurück und war eher der Typ, der sich um andere kümmerte und organisierte, Xater war zwar gewaltbereiter, ihm merkte man aber noch den einigermaßen weichen Kern an, den er hatte. Er hatte einen unglaublich starken Beschützerinstinkt, ich weiß auch gar nicht was aus den beiden geworden ist, ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Ezra bestand dagegen nur aus Hass auf alles und Jeden. Er flog ständig von Schulen, weil er mal wieder jemand krankenhausreif geprügelt hatte, ob Schüler oder Lehrer, war da egal. Ich kenne niemanden, der so nach der Pfeife von Lorenzo getanzt hat wie er. Ezras Problem ist, dass er immer der Beste sein will und immer will, dass jemand stolz auf ihn ist für das, was er geleistet hat. Er reagiert auf Zurückweisung mit Gewalt und macht auch keinen Halt davor, die Person im Ernstfall einfach auszulöschen. Ich will nicht, dass du wegen eines solchen Dickkopfes wie er Probleme bekommst, geschweige denn draufgehst", erzählte er, worauf ist lange ausatmete. Das müsste ich wohl erstmal verarbeiten. 

"Er sieht Frauen als Trophäen. Wenn er eine haben will, versucht er es so lange, bis er sie hat, um sich damit zu brüsten, bis sie langweilig wird und er sie wieder fallen lässt", redete er weiter, worauf ich nun mit den Schultern zuckte. "Bin ich so viel anders?", fragte ich ihn, worauf er schwieg. Offenbar hatte ich recht. "Reite dich mit der Sache nicht in die Scheiße. Dir soll es nicht so gehen wie anderen Verflossenen von ihm", meinte er ruhig, ich nickte. 

"Aber eins muss ich sagen: Er ist echt gut im Bett", meinte ich irgendwann, weshalb Will mich verstört anschaute, während er dabei war, Joints zu bauen. "Sogar besser als du", stichelte ich, weshalb er schnaubte. "Dass wir das letzte mal hatten, ist schon Jahre her", erinnerte er mich. "Und?", erwiderte ich grinsend. "In der Zwischenzeit bin ich besser geworden", brüstete er sich, worauf ich in Lachen ausbrach. "Rede dir das ruhig weiter ein", erwiderte ich und tätschelte seine Schulter. e

ProvenanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt