Kapitel 23

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"Ich werde keine Aussage machen", wiederholte ich den gleichen Satz immer wieder, während mich ein mir unbekannter Polizist in strengem Ton vernahm. Zumindest wollte er streng klingen, man merkte aber, dass er schon etwas Schiss vor mir hatte. Vielleicht lag das auch daran, dass ich ihn die ganze Zeit mit meinen Blicken durchbohrte. "Bekomme ich jetzt endlich meinen Anruf?", fragte ich ungeduldig, als er eine kurze Redepause machte. Er seufzte. "Wenn Sie dann endlich was sagen", stellte er zur Bedingung, worauf ich nickte. 

Erleichtert griff ich nach meinem Handy, während die Handschellen klirrten, mit denen ich am Tisch des Verhörraums befestigt war. Langsam wurde ich absolut wahnsinnig hier drin. 

Mit zittrigen Händen wählte ich die Nummer meines Vaters und hielt mir mein Handy ans Ohr. Jedes weitere Tuten ließ meine Verzweiflung steigen, bis er endlich ranging. "Ja?", meldete er sich, worauf ich in Tränen ausbrach. "Du musst mir helfen. Ich wurde festgenommen für etwas, was ich gar nicht gemacht habe und mir glaubt keiner", schluchzte ich, worauf es kurz raschelte. Ich befürchtete, er würde auflegen, jedoch hatte er offenbar nur das Ohr gewechselt. "Wo bist du?", fragte er direkt ernst. 

Ich spürte den Atem des Polizisten in meinem Nacken, da er scheinbar das Telefonat mithören wollte. Ich entfernte mein Handy von meinem Ohr. "Rücken Sie mir sofort von der Pelle oder ich mache Sie fertig", knurrte ich, worauf er Abstand nahm und ich mein Handy wieder ans Ohr hob. Ich konnte meinen Dad leise lachen hören. "Ich sitze im Revier. Die haben mich an den Tisch gekettet wie einen Schwerverbrecher", beschwerte ich mich und ließ demonstrativ die Ketten rasseln. "Ich schicke jemanden vorbei, der näher dran ist. Pass auf dich auf", erwiderte mein Vater. "Danke", flüsterte ich noch, bevor er auflegte. 

"Sagen Sie jetzt was?", fragte der Polizist gereizt, ich zuckte jedoch nur mit den Schultern. "Vielleicht, aber ich denke eher, dass ich auf meinen Beistand warten werde. Er sollte gleich hier sein", erwiderte ich und grinste ihn provokativ an. Er stöhnte genervt, während ich meine Fingernägel betrachtete. 

Vom Raum aus konnte ich durch die Tür mit integrierter Glasscheibe durch das gesamte Revier schauen und somit auch den Eingang sehen. Nach einigen Minuten öffnete sich die Tür und ein in schwarz gekleideter mit Tattoos bedeckter Mann ging mit strengen Schritten rein. Zielstrebig ging er auf den Verhörraum zu, in dem ich saß, wurde jedoch von dem Polizist aufgehalten, der mich 'vernommen' hatte. "Sie können hier nicht einfach rein marschieren", stammelte er ein wenig ängstlich. "Doch kann ich, solange ihr da ein unschuldiges Mädchen festhaltet", erwiderte der andere im strengen Ton. 

Beide betraten den Raum. Erleichtert erkannte ich, dass es sich bei dem Mann um Dawson handelte. "Ich war noch nie so froh, dich zu sehen", begrüßte ich ihn erleichtert, er schmunzelte. "Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?", fragte er direkt irritiert. Offenbar hatte ich also wirklich eine Verletzung im Gesicht. "Na vielen Dank auch", schnaubte ich. "Kann ich mit ihr alleine sprechen?", wandte sich Dawson an den Polizisten, der direkt den Raum verließ. 

Dawson setzte sich mir gegenüber auf den Stuhl. "Weshalb halten die dich hier fest?", fragte er nach. "Ich soll einen Jungen von meiner Schule krankenhausreif geprügelt haben", meinte ich, worauf er beinahe in Lachen ausbrach. "Du?", fragte er amüsiert nach, ich nickte. "Hast du es denn getan?", löcherte er mich neugierig weiter, offenbar kannte er die Antwort jedoch bereits. "Nein, wie soll ich denn nen Typen verprügeln?", erwiderte ich nun ebenfalls amüsiert. "Weißt du wer es war?", fragte er nun. Ich nickte. 

Er kannte Ezra und wusste, wie dieser drauf war. "Wer wars denn?", bohrte er nach und stützte seine Unterarme auf den Tisch. "Ezra. Ich wollte den Typen ja eine reinhauen, aber ich habe mir die Hand verstaucht und er hat mich nur ausgelacht", meinte ich, worauf er nun wirklich begann, zu lachen. 

Als er sich beruhig hatte, wank er den Polizisten wieder hinein. "Du kannst ihm ruhig sagen, wer es war, da du es ja offensichtlich nicht gewesen bist", forderte mich Dawson auf. Neugierig schaute der Polizist uns an. "Ezra Sullivan. Lance hat versucht, mich zu missbrauchen und er hat es mitbekommen. Daraufhin ist er so ausgetickt, dass er Lance zusammengeschlagen hat", erklärte ich, weshalb der Polizist direkt begann, vor Angst zu zittern. "E...E.... Ezra? Azura Ezra?", stammelte dieser, worauf ich nickte. Er schluckte hörbar. 

"Was haben Sie denn mit denen am Hut?", fragte er mich, als er sich irgendwann wieder gefangen hatte. "Gar nichts", antwortete Dawson für mich. Mit zitternden Händen öffnete der Polizist die Handschellen, worauf ich mir die schmerzenden Handgelenke rieb. "Die beiden Schläger, die mich hierher gekarrt haben, sollten Sie melden. Die haben mir übermäßige Gewalt zugefügt und mir bei der Festnahme nicht mal meine Rechte vorgelesen. Ich kann Ihnen auch gerne ein Beweisvideo dazu organisieren", sagte ich noch, bevor Dawson und ich die Wache verließen. 

"Passiert jetzt irgendwas mit Ezra, weil ich ihn verpfiffen habe?", fragte ich vorsichtig nach, als ich neben Dawson in einem schwarzen SUV saß. Er schaute flüchtig zu mir rüber, bevor er sich wieder der Straße widmete. "Nein. Der Typ hat sich ja so schon fast eingeschissen, als er mich gesehen hat", erwiderte Dawson lachend, worin ich einstieg. Ich hatte wirklich noch nie einen so unsicheren Polizisten gesehen. Ich schnappte mir mein Handy aus der Hosentasche und tippte auf die Nachricht, die ich bekommen hatte. Irgendjemand hatte mir das Video meiner Festnahme geschickt. Dawson hielt am Fahrbahnrand an, als er merkte, dass ich es mir ansah, sodass er sich das mit mit ansehen konnte. "Ich bringe dich zu Mary, damit sie dich mal durchcheckt", beschloss er, als er das Video bis zum Ende gesehen hatte. "Danke", murmelte ich, er nickte nur. 

Er tippte auf dem Display im Auto herum, bis ein Tuten ertönte. Auf dem Bildschirm stand "Boss". "Dawson, ist alles gut verlaufen?", hörte ich meinen Vater fragen. Er klang ernst, jedoch schwang eine Spur der Besorgnis mit. "Ja, ich habe sie abgeholt. Sie hat damit wirklich nichts zu tun. Sie haben sie bei der Festnahme ganz schön zugerichtet, deshalb lasse ich sie nochmal untersuchen, bevor ich sie nach Hause bringe", erklärte Dawson. "Danke für deinen schnellen Einsatz", hörte ich Dad noch sagen, bevor er auflegte. Dawson wirkte extrem stolz auf sich selbst.

"So sehr scheint Ezra dich ja doch nicht zu hassen, wenn er für dich einen Typen zusammenschlägt", durchbrach er die Stille, weshalb ich schluckte. "Offenbar nicht. Oder er hat einfach wieder eine Chance gesehen, jemandem eine zu verpassen ungeachtet der Tatsache, dass es um mich ging", erwiderte ich. Es reichte schon, dass Paco wusste, was zwischen Ezra und mir lief, noch mehr Personen sollten das eigentlich nicht wissen.

"Wenn du willst, kann ich dir Boxen beibringen, damit du dich im Fall der Fälle verteidigen kannst", bot er irgendwann an, was ich aufgeregt annahm, bevor ich das Thema wechselte. "Bitte sag dem Boss nicht, dass Ezra es war." Dawson nickte augenblicklich.

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